Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
brauche dich. Wir alle brauchen dich. Sie ist gegangen. Laß es dabei, laß sie ruhen.« Sie schüttelte den Kopf und versuchte, die Bilder, die sie verfolgten, zu vertreiben: Leuchtender Monds Körper, angefressen von Nagetieren; Salbeigeist auf dem eiskalten Berg, einsam, nur in Gesellschaft eines vermodernden Leichnams. »Ich weiß über die Geisterwelt nicht Bescheid. Aber weißt du, was geschieht, wenn du deine Grenzen als Mensch überschreitest? Wenn deine Anwesenheit den Großen Donnervogel davon abhält, sie in das Lager der Toten zu holen? Wenn du schuld daran bist, daß sie von den Sternen zurückkommt? Sie starb in Frieden. Laß sie gehen, Vater.«
    Sein gequälter Blick brannte sich unauslöschlich in ihre Seele.
    »Ich brauche sie!« flüsterte er heiser.
    Nun verlor sie die mühsam bewahrte Fassung. Fest schlang sie ihre Arme um ihn, und er zog sie an sich und drückte sie an seine Brust. Weinend barg sie ihr Gesicht im weichen Leder seines Mantels.
    Seine abgetragene Kleidung verströmte den vertrauten Geruch seines Körpers nach altem Schweiß und Büffelblut, nach Winterfeuern nach einem Leben, das für immer vorbei war.
    Tapferer Mann entfernte sich aus dem Menschengewühl oben auf dem Berg. Die Stimmen in seinem Kopf flüsterten und drängten ihn, Weiße Esche nachzugehen. Er umging die Menschenmenge und schlüpfte zur Seite, so daß ihn ein Felsen vor möglichen neugierigen Augen verbarg. Vorsichtig schlich er weiter, bis er einen Platz entdeckte, von dem aus er bequem den Hang überblicken konnte.
    Er beobachtete, wie sich Weiße Esche und Salbeigeist weinend umarmten. Ein Hindernis weniger. Ich werde dich besitzen, Weiße Esche. Du wirst mich nicht mehr zurückweisen. Salbeigeist wird nachgeben. Er streitet bestimmt nicht mit mir herum, während seine Seele nach Leuchtender Mond dürstet.
    Die Stimmen in seinem Kopf wisperten. Bald. Bald geschieht etwas. Sei bereit… bereit, deine Chance zu ergreifen. Die Macht kommt.
    »Die Macht kommt«, flüsterte er und hob den Blick zum endlos blauen Himmelsgewölbe. »Höre mich, Geisterwelt.« Die Stimmen in seinem Kopf verstummten für einen Moment. »Wo immer ich hingehen muß, was immer ich dafür tun muß, ich will Weiße Esche. Ich schwöre es bei meiner Seele! Ich brauche ihre Stärke. Habe ich ihre Macht, kann mich niemand mehr aus dem goldenen Nebel vertreiben.«
    Die Stimmen in seinem Kopf kicherten zustimmend.
    »Wieso sollen wir noch weiter in den Süden? Ich verstehe das nicht,« meckerte Rotluchs. Eingehüllt in eine schäbige Bisondecke, saß er auf seinem Stammplatz im Kreis des Rates. Das flackernde Feuer zeichnete tiefe Schatten auf sein wettergegerbtes Gesicht mit den tiefen Falten. Er verzog das Gesicht, und die Tätowierungen auf seinen Wangen, die Pfotenabdrücke darstellten, verloren an Kontur. »Ich begreife nicht, wo da der Vorteil liegt. Seit wir vom Dangerous River weggezogen sind, haben wir nicht einen einzigen Elch aufgespürt. Dieses Land sieht trockener aus als das weiter im Norden. Es gibt kaum Büffelherden, und die paar Tiere verteilen sich über ein großes Gebiet. Das Gras ist nicht so saftig, und hier wachsen andere, uns unbekannte Pflanzen.«
    Vor dem hell strahlenden aufgehenden Mond verblaßten die am Himmel funkelnden Sterne. Der Weißlehm-Stamm hatte das Lager in einer Senke im Windschatten eines hochaufragenden, langen, scharfen Sandsteingrats aufgeschlagen. Die Mulde bot Schutz vor den wuchtigen Angriffen des Windes und war nach Süden hin offen, so daß die Sonne einfallen konnte. Auf dem sandigen Boden floß das Wasser im Unterschied zu dem matschigen Lehmboden in den Ebenen gut ab.
    Der flackernde Feuerschein aus den Zelten warf längliche, spitz zulaufende Schatten auf den zertrampelten Schnee. Irgendwo bellte ein Hund und verstummte, als das langgezogene Heulen der Wölfe durch die Nacht drang.
    Pfeifender Hase, der alte Stammesanführer, spreizte die Finger. Die Fransen an seiner Jacke aus Wapitifell flatterten leicht im Wind. Seine Augen hatten jeden Glanz verloren, die welke Haut seines Gesichts sah fahl aus. »Ich weiß nicht, ob wir überhaupt eine Wahl haben. Das Wolfsvolk hetzt uns.
    Und hinter dem Wolfsvolk kommen die Stämme der Schwarzspitzen und der Gebrochenen Steine. Im vergangenen Sommer sind sie ständig gegeneinander auf dem Kriegspfad gewesen. Im kommenden Sommer könnte ihnen einfallen, gegen uns vorzugehen.«
    »Ich habe noch nie so gehungert wie in diesem Winter«, schimpfte Grashüpfer,

Weitere Kostenlose Bücher