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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Platz stehenden Strohdachhäuser erinnerten an zottige Tiere.
    Die Vorhänge waren oben an den Türen festgebunden, um die Abendbrise einzulassen. Am glitzernden Band des Baches kauerten Frauen und wuschen.
    Der Tag war heiß gewesen. Die alten Leute, die Wasser zu den Maisund Kürbisfeldern geschleppt hatten, saßen mit verschwitzten, staubverkrusteten nackten Oberkörpern da und ruhten sich aus. Keine junge männliche Stimme war zu hören. Alle gesunden, kräftigen Männer und vier junge Frauen waren zum Kampf an Petagas Seite ausgezogen. Nur zweiundsechzig Menschen waren in Redweed Village geblieben.
    Wühlmaus schlenderte zu Sternzwiebel, Fliegenfängers Mutter. Die plattnasige, untersetzte Frau hatte die langen Zöpfe oben auf dem Kopf zusammengesteckt, damit sie sie nicht behinderten. Sie war damit beschäftigt, Löcher in die Ohren ihrer jüngsten Tochter zu stechen. Die kleine Krickente kauerte sich zusammen und bewegte unruhig die Hände in ihrem Schoß.
    »Brauchst du Hilfe?« erkundigte sich Wühlmaus, als sie neben Sternzwiebel niederkniete.
    »Nein, es dauert nur noch einen Moment. Krickente ist jetzt zwei Sommer alt - alt genug, um eigene Ohrspulen zu bekommen. Ich habe letzten Monat ein paar kleine Grünsteinspulen eingetauscht. Genau die richtige Größe für den Anfang.«
    Prüfend begutachtete Sternzwiebel ihre aus dem Flügelknochen eines Goldadlers gefertigte Ahle. Das Ergebnis schien sie zufriedenzustellen, denn sie steckte vorsichtig ein kleines Stück Holz hinter Krickentes Ohr, um beim Durchstechen einen Widerstand zu haben. Mit einem schnellen Stoß durchbohrte sie das Ohrläppchen. Krickente zuckte zusammen, gab aber keinen Laut von sich. Ihre dunklen Augen blickten starr geradeaus, während Sternzwiebel das andere Ohrläppchen durchstach und die kurzen Stacheln eines Stachelschweins durch die Löcher schob, damit sie offenblieben.
    »Fertig«, verkündete Sternzwiebel und tätschelte Krickentes Arm. »Geh spielen.«
    Das kleine Mädchen rannte erleichtert davon und schloß sich den Kindern an, die Ring-und-Nadel spielten. Die »Nadel« war ein zugespitzter Stock, an dessen stumpfem Ende eine Schnur festgebunden war, woran der »Ring«, ein ausgehöhlter Knochen, hing. Die Spieler mußten den Knochen hochwerfen und versuchen, ihn mit der Spitze des Stockes aufzufangen. Einem der Kinder gelang das Kunststück.
    Die anderen hüpften begeistert klatschend auf und ab. In einiger Entfernung scheuchte Schleiereule noch immer Fliegenfänger durch das Dickicht. Das Gebrüll der Jungen hallte bis zum Platz herüber.
    ,Also heute soll Flechte wieder nach Hause kommen?« fragte Sternzwiebel.
    »Ja. Ich bin sicher, sie kommen.« Wühlmaus' Blick folgte dem kurvenreichen Pfad, der über den das Dorf umschließenden halbmondförmigen Felsausläufer führte. »Vermutlich sind sie schon fast da.«
    Sternzwiebel schielte sie mißtrauisch an. »Das klang nicht so, als seist du davon überzeugt. An deiner Stelle ginge es mir genauso. Ich mag gar nicht daran denken, mein Kind könnte zum alten Wanderer gegangen sein, um das Träumen zu lernen. Er ist so verrückt wie selten einer. Ich weiß nicht, warum du Flechte erlaubt hast zu gehen.«
    »Aus zwei Gründen: Flechte mag Wanderer, und er ist der beste Träumer weit und breit. Er hat auch mich unterrichtet. Und Nachtschatten, nicht zu vergessen. Seine Mächte sind in den letzten zehn Zyklen sogar noch größer geworden. Ich könnte mir keinen besseren Lehrer für Flechte vorstellen.«
    Sternzwiebel ging in die Hocke. »Wenn er so ein guter Träumer ist, warum wußte er dann nicht, daß Petaga die umliegenden Dörfer angreift?«
    »Träumer wissen auch nicht alles, Sternzwiebel. Manchmal verhindert eine Macht, daß sie gewisse Dinge sehen aus eigennützigen Gründen.«
    »Wahrscheinlich wissen die Mächte sehr gut, daß Wanderer kein Menschenwesen ist. Ich blicke auch nicht gerne in seine Rabenaugen.« Sie hob ihre Knochenahle auf und verwahrte sie in einem kleinen roten Kasten, der auf dem Boden stand. »Ich fand den alten Mann immer sonderbar, auch damals, als er dich unterrichtet hat. Ich habe ihm nie getraut.«
    Wühlmaus strich sich die verschwitzten Haarsträhnen aus der Stirn. »Ich schon. Und er hat mich nie enttäuscht.«
    »Warum hast du dann nicht weiter mit ihm gearbeitet? Ich dachte, du hast aufgehört, weil er dir etwas Furchtbares angetan hat.«
    »Nein.« Sie zögerte. Aber vielleicht war die Zeit der Wahrheit gekommen. Wühlmaus senkte die Augen

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