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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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lebten.
    Flechte legte den Kopf schräg. »Was sind das für Felle?«
    ,Mammutfelle«, antwortete er freundlich und deutete auf seinen geflochtenen Gürtel. »Und das sind Pferdehaare.«
    »Was sind das für Tiere? Ich habe nie von ihnen gehört.«
    »Komm mit. Wenn du willst, zeige ich sie dir.«
    Feuerschwamm entfernte sich aus der Höhle. Er stand auf dem schmalen Felssims, von dem aus man das Schwemmland überblicken konnte. Flechte folgte ihm rasch und stellte sich neben ihn unter das riesige, funkelnde Sternengewölbe.
    »Wo leben diese Mammuts und Pferde?«
    »Weit weg… vor langer Zeit. Als die Fäden des Sternennetzes zerrissen wurden, veränderte sich die Welt, und sie starben.«
    »Du meinst, sie sind alle fort?«
    Er nickte wehmütig. »Ja. Jedesmal, wenn ein Träumer versagt, stirbt ein Teil in der Spirale.«
    Traurigkeit befiel Flechte. So, wie sich jede lebendige Kreatur in der tiefsten Tiefe ihres Bewußtseins an die Geburt erinnert, so schien sich ihre Seele an das Mammut und das Pferd zu erinnern. »Wenn sie nicht mehr da sind, wie können wir sie dann sehen?«
    »Die Spinne hilft uns. Die Kreise vollenden sich wieder. Du mußt mit eigenen Augen sehen, was geschieht, wenn ein Träumer aufgibt.«
    Feuerschwamm streckte eine Hand aus und blies über die Handfläche. Lichtfäden schössen aus seinen Fingerspitzen und breiteten sich in der Dunkelheit aus wie ein in blauem Feuer gefrorenes Spinnennetz. Flechte riß Mund und Augen auf, als er das schwankende Netz betrat. »Bitte, Flechte, wir müssen uns beeilen.«
    »Ich … ich komme.«
    Vorsichtig prüfte Flechte mit der Spitze ihrer Sandale die Festigkeit der blauen Fäden. Unsicher biß sie sich auf die Lippen, doch dann eilte sie entschlossen hinter Feuerschwamm her.
    Wühlmaus erwachte. Nebelschleier wogten im Wind und tränkten die Luft mit feinem Regen. Die zarten Tröpfchen, die die Sonnenblumen vor dem Felsüberhang benetzten, unter dem sie lagerten, klangen wie sanftes, beruhigendes Geflüster. Einen Augenblick lang vergaß Wühlmaus fast ihre Schmerzen. Doch als sie versuchte, ein Knie anzuziehen, kehrte die Qual mit einer Heftigkeit zurück, die ihr den Atem raubte.
    Nein … zwinge dich nicht. Ruh dich eine Weile aus.
    Die halbe Nacht waren sie durch Dickicht gekrochen. Sorgsam wichen sie den in der Dunkelheit umhergeisternden Kriegern aus. Katzenpfötchen und Brennesseln hatten die Brandblasen an ihrem verletzten Bein aufgescheuert. Inzwischen konnte sie schon bei der leichten Berührung eines Grashalms nur mit Mühe ein Stöhnen unterdrücken. Irgendwann setzte das Fieber ein. Die Hitze brannte in ihrem Innern, machte sie schwach und zittrig und versengte ihre Seele wie Feuer.
    Wühlmaus hob den Kopf und schaute ihr Bein an. Trotz des schwachen Lichts sah sie das verkrustete, geronnene Blut. Die Wunden eiterten, dürre Blätter klebten auf dem verbrannten Fleisch. Bei dem Anblick wurde ihr übel. Sie mußte die Wunden bald reinigen.
    Erschöpft ließ sie den Kopf wieder auf ihr steinernes Kissen sinken. Erst jetzt bemerkte sie, daß Wanderers zerrissenes Hemd um ihre Schultern lag. Wo war er? Ihr Blick schweifte durch die kleine, ungefähr zwanzig mal zehn Hand große, graue Felsnische. Der abgerundete Überhang ragte dreißig Hand weit vor - gerade weit genug, damit sie nicht im kühlen Nieselregen lag. Kaum eine Armlänge von ihr entfernt markierte ein unregelmäßiger dunkler Rand auf der Erde die Grenzlinie zwischen Trockenheit und Nässe.
    Wühlmaus richtete ihren Blick auf das Sonnenblumenfeld vor der Felswand, und da entdeckte sie Wanderer. Er stand, nur mit seinem Lendenschurz bekleidet, im Regen. Die an dem Schurz befestigten Machtbeutel baumelten wie Hüllen von Insektenpuppen um seine Hüften.
    Sie beobachtete ihn. Wanderer hob das Kinn und hielt das Gesicht in den Sprühregen. Die Feuchtigkeit klatschte seine Haare eng an seinen Schädel. Ein ätherisches Leuchten schien von ihm auszugehen. Er breitete die Arme aus; seine mageren Rippen waren deutlich sichtbar. Langsam wie ein schwebender Turmfalke begann er mit den fließenden Bewegungen des Donnervogel-Tanzes. Er schritt vor und zurück, drehte sich, senkte die Arme, berührte mit den Händen die Erde und hob sie anschließend ehrfürchtig zum Himmel auf. Dabei ahmten seine ausgestreckten Finger unentwegt das sanfte Rieseln des Regens nach.
    Aus weiter Ferne antwortete das leise Grollen des Donners …
    Wanderer tanzte schneller. Mit stampfenden Füßen wirbelte er im

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