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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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hat er nicht! Bist du dumm! Jetzt doch noch nicht!«
    »Du, Klapperschlange.« Winterbeere wählte ein älteres Mädchen aus. »Was sagte der Erdenschöpfer zur Bisamratte?«
    »Er sagte, er wisse nicht, wo er die Flüsse hintun soll.«
    »Genau. Der Erdenschöpfer sagte: Ja, ja, Bisamratte, du hast recht, aber wo soll ich Platz für die Flüsse und Bäche schaffen? Hast du irgendeine Vorstellung?' Der Erdenschöpfer und die Bisamratte gingen zusammen zum Rand des Himmels und guckten auf die Welt hinab. Von so hoch oben konnten sie nur die riesigen Schlangen deutlich erkennen, die der Erdenschöpfer erschaffen hatte. Sie wanden sich über das ganze Land und hinterließen überall ihre schnörkeligen Spuren. Als aber ein dunkler Schatten über das Antlitz der Welt flog es war der rotschwänzige Falke auf der Suche nach einer Mahlzeit -, erstarrten die Schlangen im Nu. Nur ihre gespaltenen Zungen schnellten vor und zurück, um die Witterung der Gefahr aufzunehmen.«
    »Ha!« platzte Klapperschlange entzückt heraus. »Das waren wunderschöne Schnörkelspuren!«
    »Ja«, pflichtete ihr Winterbeere bei. »Die Bisamratte zeigte auf die Schlangen und sagte: ,Schau! Sieh nur diese herrlichen Muster! Da, wo die Schlangen kriechen, kommen die Flüsse hin. Wäre das nicht großartig?' Da verwandelte der Erdenschöpfer alle riesigen Schlangen in Flüsse und seitdem führen die Bäume, Tiere und Menschenwesen ein angenehmes Leben.«
    Ysop stieß einen Freudenschrei aus und schlang ihre Arme um Winterbeeres Hals. »Erzähl uns noch eine Geschichte, Großmutter«, bettelte sie, und alle anderen Kinder schlössen sich ihr an.
    Lachend gab Winterbeere Ysop einen Klaps. »Also gut, setz dich hin. Ich werde euch erzählen, wie der Riesenbiber den Bären verhext und gezwungen hat, Dämme für ihn zu bauen. Das war zu der Zeit, als Biber so groß waren wie Bären …«
    Ein wahnsinniger Schmerz durchzuckte Grüne Esches Bauch. Sie beugte sich vor und krallte die Hände in den gelben Stoff ihres Kleides.
    »Grüne Esche!« rief Primel. Hastig lief er zu ihr und stieß in der Eile einen Wasserkrug um. »Was ist los? Kommt das Baby?«
    Im Zimmer war es still geworden. Dutzende großer Augen starrten Grüne Esche an. Heuschrecke beugte sich über den Rand des Schlafpodests; ihr mageres tätowiertes Gesicht war voller Sorge. Das kurze schwarze Haar umrahmte ihren Kopf wie ein Heiligenschein.
    Rasch warf sie einen Blick auf Winterbeere, die wie eine Statue aus verwittertem Holz dasaß. Nur ihre bebenden Nasenflügel verrieten, daß sie noch atmete. »Verhext…«, flüsterte sie. Das Gesicht der alten Frau hatte sich verdüstert.
    Primel eilte zum Feuer, füllte Kräuter in eine Schale und goß heißes Wasser darüber. Stöhnend wiegte sich Grüne Esche vor und zurück. Ihr Körper brannte, als seien unsichtbare Geschöpfe aus der Unterwelt in ihren Schoß gekrochen und würden sich mit ihren Zähnen aus Feuer in ihr festbeißen.
    Winterbeeres heisere Stimme durchbrach die Stille. »Kommt her und hört mir zu, Kinder. Ich erzähle euch eine Geschichte, die lange zurückliegt. Die wahre Geschichte von Nachtschatten und den bösen Kreaturen, die auf ihre flehenden Bitten hin gekommen sind.«
    Zögernd wandten die Kinder den Blick von Grüne Esche ab und guckten Winterbeere an, die sich mit funkelnden Augen vorbeugte.
    »Ich hörte sie rufen«, begann Winterbeere. »Es war mitten in der Nacht, und ich dachte, sie riefe nach mir. Sie war gerade erst aus dem Verbotenen Land gekommen - vier Sommer alt war sie und hilflos.
    Ich hatte beschlossen, ein paar Nächte im Tempel zu schlafen für den Fall, daß sie mich brauchte.
    Der Wind heulte gespenstisch um den Tempel, als ich durch die düsteren Flure eilte, dorthin, wo ich Nachtschatten weinen hörte. Mir brach ihretwegen fast das Herz. Damals hatte ich auch ein kleines Mädchen, ein hübsches Mädchen mit großen braunen Augen. Ich stellte mir vor, wie sich mein Töchterchen fühlen würde, entführt in ein fremdes Land, ohne Familie und Freunde.
    In dem Flur, der zu Nachtschattens Zimmer führte, brannte nicht eine einzige Feuerschale. Alle waren erloschen. Ich konnte nicht die Hand vor Augen sehen - trotzdem ging ich weiter. Ich tastete mich durch die Finsternis, bis ich vor ihrer Tür stand.
    Die Türvorhänge schwangen unheimlich hin und her, als wäre gerade jemand eingetreten. Ein feiner Lichtrand zeichnete sich am Türrahmen ab und erhellte ein wenig den Boden.«
    Die kleine Ysop öffnete

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