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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sprang ihr schwanzwedelnd und freudig bellend entgegen, dicht gefolgt von einer neugierigen Kinderschar. Sie starrten Nachtschatten wie beutegierige Wiesel an und überschütteten die sie begleitenden Krieger mit Fragen.
    »Wer ist das, Heuschrecke? Warum bringt ihr sie her?« wollte ein kleiner Junge wissen.
    »Wo habt ihr sie gefangen?« Ein anderer versuchte sich nach vorn zu drängeln und hüpfte immer wieder hoch, um über die Köpfe der vor ihm Stehenden einen Blick auf Nachtschatten zu erhaschen.
    »Habt ihr sie in der Schlacht bei den Fluß-Hügeln gefangengenommen? Ist sie eine Opfergabe?«
    Ein Mädchen von ungefähr vierzehn Sommern bückte sich und spähte zwischen den Beinen der Krieger hindurch. Es riß die Augen auf und schrie gellend: »Das ist Nachtschatten! Lauft! Lauft weg!«
    Die Kinder zerstreuten sich wie ein Schwarm Fische, wenn man einen Stein ins Wasser wirft, und rannten davon, lauthals die Neuigkeit verkündend. Nach nur wenigen Augenblicken hatte sich eine schaulustige Menschenmenge am Wegrand versammelt. Sogar die Alten und Kranken kamen, gestützt auf die Schultern der anderen, aus ihren Häusern, um Zeugen von Nachtschattens Rückkehr nach Cahokia zu werden.
    »Bleib dicht bei mir«, befahl Dachsschwanz.
    »Wo soll ich auch sonst hingehen?« Sie bemerkte, wie er unruhig seine hornsteinbewehrte Kriegskeule aus dem Gürtel nahm.
    Bevor sie die Lagerhäuser erreichten, tauchte links von ihnen der den Himmelskreis markierende Ring aus geschnitzten, bunt bemalten Zedernpfosten auf. Der alte Murmeltier hatte unerbittlich darauf beharrt, den exakten Lauf von Vater Sonne, der Mondjungfrau und der Sternenungeheuer darzustellen.
    So konnte er die Pflanz- und Erntetage und auch die Tage der großen Zeremonien genau bestimmen.
    Murmeltier war der Überzeugung gewesen, eine Darstellung des heiligen Tanzes der Sonnengötter werde Vogelmann dazu bewegen, die Mysterien der Großen Helligkeit und der Großen Dunkelheit in der Schöpfung enträtseln zu helfen. In den alten Legenden hieß es, Vogelmann sei zu Lebzeiten ein böser Mensch gewesen. Er habe einen vernichtenden Krieg gegen Wolfstöter geführt und sei deshalb nach seinem Tod dazu verurteilt worden, den Menschen dabei zu helfen, auf dem Weg des Lichts und der Harmonie zu bleiben. Ein Teil seiner Aufgabe bestand darin, Botschaften zwischen den Menschenwesen, den Himmelsgöttern und der Unterwelt hin- und herzutragen.
    »Seht doch! Das ist Nachtschatten. O heilige Mutter Erde! Warum kommt sie zurück?« jammerte jemand. Nachtschatten wandte sich um und entdeckte eine alte grauhaarige Frau, die völlig kopflos durch die Menge floh. Noch neugieriger geworden, drängten sich die Leute heran und gafften sie an.
    Kannte sie die alte Frau? Konnte das Winterbeere gewesen sein? Während des ersten Zyklus', den sie in Cahokia verbrachte, hatte sich Winterbeere um sie gekümmert. Nachtschatten hatte damals kaum jemanden von den Nichtadeligen gekannt. Der alte Murmeltier hatte ihr den Umgang mit ihnen verboten, war nur mit den Stammesführern in Berührung gekommen und mit privilegierten Handwerkern, die in vollendeter Weise Faustkeile, Handkeulen und Steinpfeifen bearbeiteten, töpferten oder Pfeilspitzen, Axtköpfe und aus Muschelperlen Halsketten, Ohrspulen und Armbänder für die Elite der Stadt herstellten.
    »Heuschrecke!« rief Dachsschwanz. »Wir nehmen das Westtor durch die äußere Palisade.« Er machte eine Kopfbewegung nach links zu dem schmalen Pfad am Fuß des ganz im Westen liegenden Beinhügels, wo sich das Gewirr aus Wohnhäusern und Lagergebäuden auf einen freien Platz öffnete.
    Gefolgt vom johlenden Pöbel, schwenkte Heuschrecke ab. Die Gruppe ließ die Häuser der Nichtadeligen hinter sich und überquerte den kleinen Platz vor dem Beinhügel. Als ein paar Steine auf den Zug geschleudert wurden, begannen die Krieger wilde Drohungen auszustoßen. Nachtschatten achtete nicht auf das Getümmel. Ihre Nase roch den Übelkeit erregenden süßlichen Geruch des Todes.
    In dem großen Haus oben auf dem Hügel wurden die Körper bedeutender Sternengeborener für das Begräbnis vorbereitet. Man kleidete sie in prächtige Gewänder, bemalte die Gesichter mit scharlachroter Farbe und rieb ihre Haut mit einer kostbaren Mixtur aus heiliger Zedernrinde und Hickoryöl ein. An heißen Sommertagen war der Gestank unerträglich.
    »Dachsschwanz, wer ist gestorben?«
    Er zuckte die Achseln und behielt wachsam den Pöbel im Auge. »Tharon wird es dir

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