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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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nachgeholfen, die Nähte aufgetrennt oder mit dem Messer in die Häute geschnitten hatte, aber einen Beweis dafür hatte er nie finden können.
    Klebkrauts Augenlider zuckten, als ihm plötzlich eine Idee kam. Seit Monden hatte er nach einer Möglichkeit gesucht, Sonnenjäger die Sache heimzuzahlen. »Alles ist also mit allem verbunden?
    Vielleicht hast du recht, großer Sonnenjäger.«
    Klebkraut beugte sich vor und säuberte die mit dem Labyrinth bemalte Haut von Schmutz, dann breitete er sie auf dem Boden aus, um sie genau zu betrachten. Die Schatten, die das Feuer warf, bildeten ein scheckiges Muster. Er zog einen Ast aus dem Holzstapel und stieß die Spitze in die Flammen. Als sie eine dicke, schwarze Schicht angesetzt hatte, nahm Klebkraut den Ast heraus und setzte die Spitze auf der Haut an. Beim Arbeiten sang er den Mammut-Geist-Tanz-Gesang. Mit der Geduld von Löwe, der sich an Tapir heranschleicht, zog er neue Linien und versperrte die alten Pfade.
    Ein freudig erregtes Lachen kam über seine Lippen.
    »Oh, das macht Spaß.«
    Alles, was er tat, bekam etwas Unwirkliches, als ob die einfachen Bewegungen seiner Hand ihn in der Zeit hin und her würfen und ihn Tage, ja sogar Jahresumläufe von diesem Ort wegtrügen, um ihn dann fast im selben Moment wieder zurückzubringen.
    »Noch nie habe ich so sehr gefühlt, daß ich träume. Wirklich träume.« Seine Stimme kam wie von weit her. Sie klang fremd, gar nicht wie seine eigene. Sie erschreckte ihn.
    Er fuhr den Linien nach und drehte sie zu Spiralen oder zog sie weg vom Zentrum des Labyrinths direkt nach außen, wo er sie im Leeren enden ließ.
    Manchmal während der langen Nacht hörte er die Leute, die in den benachbarten Zelten schliefen, husten und im Traum verstümmelte Worte lallen, und die mißtönenden Geräusche lenkten ihn von seiner Aufgabe ab. Dann hielt er lange genug inne, um seine verkrampfte Hand zu massieren, bevor er sich wieder über seine Arbeit beugte.
    Ein Gefühl der Euphorie hatte von ihm Besitz ergriffen. Sein Körper schien auf einer warmen Wolke zu schweben. Die Hütte wurde ganz hell, die Farben leuchteten, daß sie das Auge blendeten, die Muster auf den Körben und Bisonledertaschen schienen ihn anzuspringen. Als er glaubte, im Knistern und Zischen des Feuers Stimmen zu vernehmen, wurde er von Angst ergriffen und zwang sich aufzuhören. Keuchend fiel er auf sein Lager aus Felldecken zurück.
    »Heilige Mutter Ozean«, flüsterte er rauh, »was ist mit mir geschehen? Ich fühlte mich, als hätte ich zum ersten Mal - die Traum-Welt berührt.« Nervös sah er sich in seinem Zelt um. »Oh, ihr Geister, laßt es wieder geschehen. Ich bitte euch!«
    Der dunkle Schoß um ihn herum begann heftig zu beben, und der Junge-ohne-Name verstummte vor Angst.
    Sterne schössen über den Himmel und zogen glühende Bahnen hinter sich her. Er konnte ihre leisen, gedämpften Stimmen hören, die sich über ihn und die blaugrüne Welt dort unten unterhielten.
    Der Junge erschauerte.
    ,Alles ist in Ordnung«, sagte ein Mann.
    Der Junge suchte die Schwärze nach dem Sprecher ab. Doch er sah nur die fliegenden Sterne. »Nein«, antwortete er. ,Nichts ist in Ordnung. Meine Mutter steckt in sehr großen Schwierigkeiten. Wenn ich nur einen Körper finden könnte, um noch einmal darin zu leben, könnte ich ihr helfen … Und Sonnenjäger. Er braucht mich auch. Keiner von beiden müßte so viel Schmerz erdulden, wenn ich da wäre, um ihnen zu helfen.«
    Die Stimme des Mannes wirbelte um ihn herum, als käme sie aus allen Richtungen gleichzeitig wie das Echo in einem tiefen Canyon. »Leiden… ja, Schmerz ist immer das Problem. Er nimmt zu und ab, wie das Gesicht von Alter-Mann-Oben unter der Berührung von Schwester Erde. Doch die Veränderungen sind nicht Teil von Alter-Mann-Oben. Sie sind nur Schatten, die für kurze Zeit sein Leuchten trüben.
    Das Herz von Alter-Mann-Oben verändert sich nicht im geringsten. Du mußt tiefer schauen, Junge, viel tiefer, bevor du bereit bist, wieder geboren zu werden.
    Das genau ist der Grund, warum dir das Leben so viele Male verwehrt worden ist.«
    Sterne versammelten sich um den Jungen, ihr Licht blendete ihn schmerzhaft, doch ihre Warme hüllte ihn ein. Stimmen flüsterten in seine Ohren, doch in dem Durcheinander konnte er nicht verstehen, was sie ihm zu sagen versuchten.
    Der Junge biß sich auf die Lippen und dachte über das Herz von Alter-Mann-Oben nach … das Herz unter den Schatten.
    ,Aber Sonnenjäger. Was ist mit

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