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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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seine Geschichte in jedem Dorf auf seinem Weg erzählt, weil er hofft, daß jemand seine böse Frau sieht und ihm eine Nachricht zukommen läßt. Ihre Spur führt genau nach Westen.«
    »Das heißt, sie kommt vielleicht zur Küste oder vielleicht auch nicht«, sagte Melisse. »Wer kann das wissen?«
    »Vielleicht kommt sie nicht«, räumte Nachtschwalbe ein. »Aber wenn ihr sie seht, haltet sie fest und laßt sie nicht gehen.«
    »Warum? Was wollen wir mit einer Frau, die Blutschande begangen hat?« Das war wirklich das letzte, was Melisse im Otter-Klan-Dorf brauchen konnte. Er hatte schon Klebkraut am Hals, der alle benachbarten Dörfer aufbrachte, er wollte nicht noch ein Ärgernis.
    »Ihr Mann«, sagte Nachtschwalbe und schlug sich lachend mit seiner fettigen Hand aufs Knie, »ist wütend wie eine Hornisse. Er bietet demjenigen, der seine Frau fängt und ihm übergibt, ein Vermögen in Handelswaren als Belohnung.«
    »Wie heißt sie?« fragte Sumach.
    Nachtschwalbe dachte nach und schüttelte dann den Kopf. »Ich erinnere mich nicht. Sie hatte einen Vogelnamen. Ihr wißt schon, so was wie Falke oder Adler oder … Ah, wartet. Jetzt erinnere ich mich.
    Sie heißt Turmfalke, und sie stammt aus dem Bär-Schaut-Zurück-Klan.«
    »Turmfalke«, wiederholte Sumach, als wollte sie sich den Namen einprägen.
    »Nun«, sagte Melisse, »hier wird sie niemanden finden, der ihr Schutz gewährt. Der Otter-Klan toleriert so etwas nicht. Blutschande ist ein schlimmes Verbrechen.«
    Nachtschwalbe kicherte. »Ja, sie wird es schwer haben, eine Zuflucht zu finden. Aber wahrscheinlich wird sie ihren Namen ändern.«
    »Wie können wir sie dann erkennen?«
    »Sie soll schwanger sein. Aber vielleicht ist das Baby inzwischen auch schon geboren.«
    »Ein Neugeborenes?« fragte Sumach. Ihr faltiges Gesicht nahm plötzlich einen zärtlichen Ausdruck an. »Nun, in diesem Fall wird Melisse ihr für eine bestimmte Zeit Schutz gewähren. Um des Babys willen. Es ist noch immer sehr kalt, und es ist schwierig, Nahrung zu finden.«
    »Ich werde ihr Zuflucht gewähren?« fragte Melisse empört. »Was werden die Nachbardörfer denken?
    Ich kann nicht…«
    Er verstummte, als Sumach die Brauen zusammenzog. Sie schaute ihn mit einem Blick an, vor dem selbst Großvater Braunbär um sein Leben gerannt wäre.
    »Sumach, ich kann das nicht tun. Du mußt verstehen …«
    Ein Murmeln der Mißbilligung erhob sich in der Menge, und Melisse schaute zum Tanzkreis.
    Klebkraut war ausgeschieden und hatte seinen Platz einem anderen überlassen. Mehrere der älteren Leute, die an den von Sonnenjäger geleiteten Tänzen teilgenommen hatten, zischten mit wütenden Blicken.
    Ach, wie wir dich vermissen, Sonnenjäger …
    Sonnenjäger unterbrach das Tanzen nie. Am letzten Tag, dem vierten, mußten die Leute um ihn herum ihn aufrecht halten und ihn praktisch jeden Schritt, den er tat, schleppen, doch er blieb im Tanzkreis.
    Und wenn der Tanz beendet war, fiel er halbtot zu Boden, doch noch immer sang er. Die Leute waren stolz auf ihn. Nachtschwalbe reckte den Hals, um zu sehen, worum es bei dem Spektakel ging. »Sieht so aus, als ob Klebkraut allmählich alt wird. Er ist der erste, der ausscheidet.«
    Melisse schaute Sumach an. Mit strengem Blick hielt sie noch immer die Augen unverwandt auf ihren Mann gerichtet. Aufgebracht schrie er: »Na gut, Frau. Ich werde dieser Turmfalke ein paar Tage Ruhe gewähren. Bist du zufrieden?«
    »Du bist ein guter und gerechter Mann.« Sumach strich zärtlich über Melisses Hand. »Wir können sie nicht verurteilen, bevor wir nicht mit ihr gesprochen haben. Vielleicht hat sie gar keine Blutschande begangen, und ihr Mann ist nur wütend auf sie und versucht, ihr zu schaden. Wer weiß?«
    »Immer mußt du allen Leuten noch eine letzte Chance geben«, brummelte Melisse. »Vergiß nicht, was ich dir jetzt sage: Wenn wir dieser Frau Zuflucht gewähren, wird es in den Nachbardörfern ein Geschrei geben, als wären sie ein Schwarm verängstigter Alke.«
    »Ja, das ist sicher.« Nachtschwalbe grinste breit. Um das Feuer hatte sich der Tanzkreis geteilt, und ein zusätzlicher, kleinerer Kreis hatte sich im Innern des größeren geformt. Weitere zwei Dutzend Tänzer hatten sich dazugesellt. »Aber denkt an das, was Stechapfel versprochen hat - wenn ihr diese Turmfalke so lange festhaltet, bis er eintrifft, macht er euch reich.«
    Sumach warf Nachtschwalbe einen wenig schmeichelhaften Blick zu und ergriff Melisses Hand.
    »Komm, gehen wir«,

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