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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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sagte sie. »Wir sollten uns allmählich auch dem Tanz anschließen, um die Mammuts in die Welt zurückzubeten.«
    Sie zog Melisse auf die Beine und führte ihn durch den wallenden Nebel zu dem Kreis um das Feuer.

12. KAPITEL
    Durch das schrille Zirpen der Grillen war das leise Wiehern von Pferden zu hören. Tannin konnte sie im glänzenden Abendlicht erkennen: dunkle Silhouetten, die mit voller Geschwindigkeit und mit wehendem Schweif über die sanft gewellte Hügellandschaft galoppierten. Ihr rhythmischer Hufschlag donnerte ins Herz der Erde hinein. Wie Wellen strömte die Herde in ein Tal, nur um im nächsten Moment wieder den Abhang empor und über die nächste Hügelkuppe zu galoppieren. Er schwang lächelnd das tote Waldhuhn in der Hand, als er sich durch das von Weiden überwucherte, enge Tal zu der ausgehöhlten Stelle in der Böschung vorkämpfte, wo Stechapfel auf ihn wartete. In der Ferne bellten sich Füchse an. Jetzt, wo sich der blaue Dunst der Dämmerung herabsenkte, kamen sie heraus.
    Er war noch nie so weit westlich gewesen, und die Umgebung mit ihren seltsamen, unbekannten Bäumen und Pflanzen faszinierte ihn. Er ließ sich Zeit und sah sich alles auf seinem Weg genau an.
    Gerade nach diesem Tag hatte er es besonders nötig, ein wenig umherzulaufen und die Schönheit der Landschaft in sich aufzunehmen. In der Hoffnung, auf Turmfalkes Spur zu stoßen, hatten sie diese Seite des Flusses immer wieder abgesucht, doch ohne Erfolg.
    »Vielleicht hat sie uns diesmal abgeschüttelt«, sagte Tannin zu sich selbst. Er hoffte inständig, daß ihr dies tatsächlich gelungen war. Nachdem sein erster Ärger verflogen war, hatte er jedes Verlangen verloren, sie bestraft zu sehen. Solange sie sich fernhielt, genügte ihm das. Und er war fest davon überzeugt, daß Stechapfel unbedingt heimgehen sollte, um mit seiner Familie zu sprechen und einen Träumer zu Rate zu ziehen.
    Tannin befürchtete immer stärker, daß böse Geister in seinen Bruder eingedrungen sein und seine Seele verschlungen haben könnten.
    Er hatte von solchen Dingen gehört. Vor sehr langer Zeit hatte ein alter Träumer namens Hohlhaar Tannin erzählt, daß man es immer merke, wenn sich Böses in einen Freund eingeschlichen habe. Der Freund schien sich plötzlich zu verändern, er wurde gewalttätig und tat Dinge, an die er vorher niemals gedacht hätte. Und wenn der böse Geist für eine längere Zeit blieb, so würde die Seele des Befallenen sterben, und nur der Körper bliebe zurück: lebendig, aber nicht mehr er selbst.
    Stechapfel hatte sich verändert. Er war jemand geworden, den Tannin nicht mehr kannte. An dem Nachmittag, als Stechapfel vor Wut wie rasend gewesen war, hatte sich Tannin hilflos gefragt, ob er Stechapfel nicht einfach fesseln, auf Stangen binden und Heimschleppen sollte.
    Er liebte Stechapfel aus tiefstem Herzen. Es war eine Zuneigung, die über einfache Blutsbande hinausging. Sein Bruder war immer ein herausragender Mann gewesen, auf den er stolz sein und dem er nacheifern konnte. Und er hatte Tannin nie vergessen, wenn er von seinen wagemutigen Reisen in den Norden zurückgekehrt war. In seinem wunderbaren Packen war immer etwas Besonderes nur für Tannin. Stechapfels Augen leuchteten dann vor Freude, wenn er Tannin die Geschichte des Mitbringsels erzählte und erklärte, wie es mit einem Abenteuer unter merkwürdigen Völkern verbunden war.
    Die Idee, seinen Bruder Heimzuschleppen, erschreckte Tannin. Eine solche Handlung würde seinen Bruder unaussprechlich demütigen, ihre Beziehung wäre für immer zerstört. Tatsächlich war Tannin mittlerweile überzeugt, daß Stechapfel, sein wunderbarer Bruder, den er so sehr liebte, ihn töten würde, wenn er dessen Suche nach Turmfalke zu verhindern versuchte.
    Er schüttelte den Kopf. Uferschwalben flatterten über ihm in der Luft und schössen auf ihn herab, als er das Rinnsal am Boden des schmalen Tals durchwatete und den Hang hinaufstieg. Er folgte dem Rinnsal, bis er zu der Stelle kam, wo das im Frühjahr herabschießende Wasser die Böschung untergraben und eine schmale Schutzhöhle geschaffen hatte. Stechapfel hatte ein Feuer angezündet. Es erhellte die Schutzhöhle mit seinem warmen Schein. Tannin konnte sehen, wie sein Bruder sich gebückt hin und her bewegte, um sich nicht an der niedrigen Decke zu stoßen. Sein Schatten wanderte über die Höhlenwände.
    Tannin rief: »Stechapfel, ich bin zurück«, bevor er den Pfad emporkletterte und in die Schutzhöhle

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