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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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insbesondere in Anbetracht des kalten Wetters, das im vergangenen Mond geherrscht hatte, doch er konnte tödlich werden. Sonnenjäger vermutete, daß bei Einbruch der Nacht die Temperatur noch weiter sinken würde.
    So leise wie möglich legte er drei weitere Holzscheite auf die rote Glut und blies sie an. Als das Feuer wieder aufflammte, wirbelten Funken empor.
    Nachdenklich wärmte er sich die Hände. Schließlich stand er auf und holte die an der Wand lehnenden zusätzlichen Häute. Sanft legte er zwei über die Frau und ihr Baby.
    Die letzte legte er sich selbst über die Schultern. Dann setzte er sich mit untergeschlagenen Beinen vor das Feuer und schnürte sein Bündel auf, nahm den Korb heraus und stellte ihn neben die Feuerstelle, so daß er warm blieb.
    »Bald«, versprach er den Ameisen. »Sehr bald.«
    Klebkraut wand sich keuchend auf dem Boden des Zeltes und versuchte, seine Schreie zu unterdrücken. Der Schmerz … der Schmerz! Wild verkrallte er sich in den Boden aus gestampfter Erde. Er hatte die Füße gegen den Holzklotz gestemmt, der die nördliche Zeltwand niederhielt, das ganze Zelt von seinen schmerzgepeinigten Bewegungen erschüttert. Die Lederwände zitterten wie vom Sturm gebeutelt. In der Mitte der Hütte war das Feuer zu Glut herabgebrannt, die ihn mit zwinkernden, roten Augen beobachtete.
    »Heilige Geister!« schrie er. »Macht dem ein Ende! Womit habe ich das verdient?«
    Klebkrauts Magen krampfte sich so stark zusammen, daß er sich zur Seite rollte und die Knie anzog.
    Er hatte sich schon so lange erbrochen, daß er von innen vollständig gesäubert war. Was konnten die Geister noch von ihm verlangen? Sein Gesicht verzerrte sich. Er schnappte nach Luft, und sein Blick fiel auf die ihm zugewandten Stiele der frisch gepflückten Purpurwinden, die in einem ordentlichen Strauß neben seinem rot-grünen Medizinkorb lagen. Die grauen, behaarten Blätter schienen sich über ihn lustig zu machen.
    »Wandernder Lachs, dieses böse alte Weib, hat gesagt, daß ihr Visionen bringt«, stöhnte er. »Nicht diese … diese Qual!«
    Vor ihrem Tod hatte Wandernder Lachs ihm detailliert alle Geistpflanzen beschrieben, die sie kannte, insbesondere jene, die in der Nähe der Meeresküste wuchsen. Klebkraut hatte nie erwartet, auch nur die Hälfte von ihnen zu Gesicht zu bekommen. Die Purpurwinde wuchs an den trockenen Hängen der Vorberge. Er hatte sie zufällig vor zwei Tagen entdeckt, als sie dem Pfad gefolgt waren, der vor dem Walbarten-Dorf abbog und in die Berge hinaufführte.
    »Wandernder Lachs, diese Hexe! Das hat sie wahrscheinlich absichtlich getan. Du bist keine Geistpflanze, sondern Gift!«
    Er wurde von Atemkrämpfen geschüttelt, bis er schließlich vor Qual weinte.
    Wandernder Lachs hatte gesagt, daß die Purpurwinde die Macht habe, einen Träumer in ein beliebiges Tier zu verwandeln. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie im Sterben gelegen, und ihre Stimme war nur noch ein heiseres Flüstern gewesen. »Wer die Pflanze richtig benutzt, kann Mammut oder Kondor werden.
    Er kann sogar als ein glühender Feuerball über den Himmel ziehen. Aber sei vorsichtig, sehr vorsichtig!«
    Dann war ihr Kopf zur Seite gesackt, und sie war gestorben, bevor sie Klebkraut hatte erklären können, wie er die Pflanze zubereiten oder wieviel er davon einnehmen solle. Möglicherweise hatte er beides falsch gemacht. Er hatte eine Handvoll der Blätter gekocht und als Tee getrunken, wie er es auch mit einem Dutzend anderer Geistpflanzen getan hätte. Doch vielleicht bewirkten nur die Samen der Purpurwinde Träume, und dann auch nur, wenn sie zu einer Paste zerquetscht und in die Schläfen eingerieben wurden. Wie sollte er das wissen? Und wie würde er das nun jemals erfahren?
    »Sonnenjäger weiß es wahrscheinlich, aber ihn werde ich niemals fragen. Niemals! Wenn ich sterbe«, keuchte er, »werde ich Wandernder Lachs im Land der Toten finden, das schwöre ich bei den Geistern. Sie wird noch bedauern, daß sie mir das angetan hat.«
    Doch als Klebkraut auf den Rücken fiel, spürte er ein heftiges Brennen am Nabel, das heiß in seinen Körper ausstrahlte. Entsetzt stöhnte er und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die rote Farbe, die die Decke überzog. In seinem Innern wuchs die Macht wie ein bösartiges Kind, das seine Brust anschwellen ließ, bis sie fast platzte.
    »O ihr Geister!« stieß er hervor. »Was geschieht mit mir?«
    Aus dem erlöschenden Feuer zischten ihm Stimmen zu: »Du hast deinen Weg gewählt…

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