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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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setzte sich hin, nahm sein Holzkohlenstück in die Hand und führte es zu dem entstellten Labyrinth.

19. KAPITEL
    Eine schimmernde Nebeldecke waberte über der Küste. Sonnenjäger, der am oberen Rand des Kliffs entlangging, konnte kaum etwas sehen. Er folgte nun eher seiner Erinnerung als seinen Augen. Er konnte den Wald aus verkrüppelten Zypressen, der den Hang zu seiner Rechten bedeckte, nicht erkennen, aber er wußte, daß er da war. Genauso wie er wußte, daß fünfzig Meter weiter unten, zu seiner Linken, die Wellen während der Ebbe sanft die Küste streichelten. Sonnenjäger konnte ihr schwaches Rauschen hören. Er hielt seine Elchlederjacke am Kragen zusammen, um den kalten Nebel abzuhalten, und folgte der Biegung des Kliffs nach Norden. Vor sich konnte er nun die schwachen Umrisse der windzerzausten Kiefern erkennen, die inmitten eines Gewirrs aufeinandergetürmter Felsen wuchsen.
    »Dort sind die gelben Ameisen, Helfer. Ich habe sie gestern gefunden«, sagte er zu dem Hund, der neben ihm her lief. »Es gibt ein Dutzend Ameisenhaufen am Fuße dieser Felsen.«
    Helfer hob die Schnauze und witterte in die Luft, dann knurrte er. Mit der Nase auf dem Boden und gesträubtem Fell rannte er voraus.
    Sonnenjäger prüfte die Luft nach irgendeinem Geruch von Lagerfeuer oder Bär. Von allen Bewohnern der Küste fürchtete er den Kurzschnauzenbären am meisten. Er war schnell, stark und wild. Wenn er auf allen vieren ging, war er größer als ein Mann, richtete er sich aber auf den Hinterbeinen auf, so hatte er doppelte Mannesgröße. Die Zahl der Kurzschnauzenbären war seit seiner Kindheit zurückgegangen. Seit neun oder zehn Monaten hatte Sonnenjäger keinen mehr gesehen, doch sicherheitshalber sog er noch einmal witternd die Luft ein. Er roch nichts als den süß-scharfen, mit der Meeresluft vermischten Duft der Zypressen.
    Als er auf die vor ihm aufgetürmten Felsen zuging, wurden die Kiefern deutlicher sichtbar. Sie wuchsen direkt aus den Felsen heraus. Vier Kiefern. Die Äste standen alle nach hinten, weg von Mutter Ozean, wie langes, vom Wind verwehtes Haar. Die Wurzeln klammerten sich wie Finger an den Felsbrocken fest und wanden sich schlangengleich an ihnen hinunter und von dort weiter, bis sie sich in den feuchten Boden eingraben konnten. In diesem Wurzelgewirr lagen die Ameisenhaufen.
    Helfer stand am hinteren Rand der aufeinandergetürmten Felsen und grub mit den Vorderpfoten den größten der Ameisenhaufen auf. Die Erde schleuderte er hinter sich. Als Sonnenjäger sich näherte, hob er die erdverkrustete Schnauze und bellte.
    »Na, du hast sie also gefunden.«
    Helfer wedelte mit dem Schwanz, wobei er loses Haar in alle Richtungen schleuderte.
    »Gut, dann machen wir uns an die Arbeit. In der Felsenhöhle werden wir bald ein schönes, warmes Feuer haben.«
    Sonnenjäger kraulte Helfers inzwischen kahle Ohren und kniete sich nieder, um die Ameisenhaufen zu untersuchen. Auf der Oberfläche waren keine Ameisen. Die Kälte mußte sie tief in die unteren Gänge getrieben haben. Es war ungewöhnlich kalt gewesen, als hätte Schwester Nordwind sich gegen sie gekehrt und begonnen, direkt aus dem Land der Eisgeister auf sie herabzuwehen. Sonnenjäger seufzte und band sein Bündel von den Hüften. Er legte es auf den Boden, knotete es auf und nahm das Schulterblatt eines Wapitis und einen kleinen Deckelkorb heraus, den eine Frau im Walbarten-Dorf für ihn gemacht hatte. Er stellte den Korb zur Seite. Das schwere Schulterblatt in seinen Händen fühlte sich gut an. Er begann den Ameisenhaufen auszugraben, den Helfer schon bis zum Erdboden aufgewühlt hatte.
    Helfer streckte sich auf dem Bauch aus und verfolgte den Vorgang mit lebhaftem Interesse. Die Räude war schlimmer geworden. An seiner linken Flanke war das Haar drei Hände breit ausgefallen, so daß seine rosafarbene, schwarz gesprenkelte Haut zum Vorschein kam.
    Sonnenjäger mußte ein metertiefes Loch graben, bevor er die ersten Ameisen zu Gesicht bekam: zwei geflügelte Männchen und ein geflügeltes Weibchen. Wie ein blasses Abbild seiner selbst drang Sonnenlicht durch den Nebel und schimmerte auf den gelben Ameisenkörpern.
    Sonnenjäger nahm die geflügelten Ameisen sorgfältig heraus und setzte sie am Fuß des Felsens ab, wo sie in die Risse hineinkrabbeln und sich in Sicherheit bringen konnten. Nur geflügelte Ameisen paarten sich. Sie würden neues Leben in die Wälder bringen. Falls es am Leben blieb, würde das Weibchen eine Königin werden, die

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