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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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deine Felle, die du uns freundlicherweise geliehen hast.« Sie streckte die Arme aus.
    »Es sind deine Felle«, erwiderte Sonnenjäger und stand auf. »Ich habe auch ohne sie mehr als genug.
    Jedesmal, wenn ich jemanden heile, überhäuft mich die Familie des Kranken mit Häuten und anderen Geschenken. Es ist fast schon lästig. Ich weiß nicht, was ich mit all den Sachen anfangen soll.
    Normalerweise kann ich die Geschenke nicht ablehnen, weil ich die Menschen sonst beleidigen würde.
    Also lasse ich sie bei meiner Tante im Strauchnuß-Dorf. Ihr Zelt quillt schon davon über.« Er legte Wolkenmädchen in Turmfalkes Arme. »Ich gebe sie gar nicht gern her«, sagte er ehrlich. »Ich habe bis jetzt schon eine Menge Babys im Arm gehabt, aber keines hat mich je so berührt wie Wolkenmädchen.«
    Turmfalke zog das oberste Fell auf ihrem Lager etwas beiseite und kuschelte Wolkenmädchen darunter ein. Als sie das Fell um das winzige Gesicht ihrer Tochter legte, sagte sie: »Alle Babys berühren das Herz. Ich denke …«
    »Nein, es ist mehr als das.« Sonnenjäger hockte sich vor sein Bündel und zog zwei Tassen heraus. Er stellte sie auf den Sand und fügte hinzu: »Wolkenmädchen hat etwas Besonderes. Verstehst du, was ich meine.«
    Turmfalke nickte. »Ja, ich denke schon. Wenn du den - ich weiß nicht einmal, wie ich es nennen soll den merkwürdigen Blick in ihren Augen meinst.«
    »Ja, genau den meine ich.«
    Sonnenjäger tauchte das Wapitischulterblatt in den Kochbeutel und schöpfte zwei Tassen voll dampfender Muscheln heraus. Eine gab er Turmfalke. »Vorsicht! Sie sind sehr heiß.«
    Sie nahm die Tasse und stellte sie zum Auskühlen beiseite. Dann streichelte sie wieder Helfers Kopf.
    Er stöhnte genüßlich. »Sonnenjäger, du weißt mehr über diese Dinge als ich. Was hat es wohl mit diesem Blick auf sich?«
    Er streckte sich vor dem Feuer aus, stützte sich auf einen Ellbogen und nahm seine Tasse voll Muscheln. »Ich weiß es nicht genau. Sie ist mit der Macht verbunden. Aber ich bin mir nicht sicher, aufweiche Weise.«
    »Mit der Macht verbunden?«
    »Ja. Viele Kinder sind das. Erst wenn sie älter werden, verlieren sie ihre natürliche Fähigkeit, Dinge jenseits dieser Welt zu hören und zu fühlen.«
    Turmfalke furchte nachdenklich die Stirn., Als ich ihr das erste Mal richtig in die Augen blickte, glaubte ich, daß sich meine Seele vom Körper gelöst hätte.« Sie brach eine der Muscheln in ihrer Tasse auf und zog das Fleisch heraus.
    Sonnenjäger war mit seiner Tasse beschäftigt. Die Muscheln schmeckten süß und saftig. »Ich weiß nicht, ob ich das sagen soll«, bemerkte er, »aber ich denke, Wolkenmädchen wird eine Träumerin, wenn sie erwachsen ist. Ich …«
    »Oh, das würde mir gefallen. Sehr sogar«, unterbrach Turmfalke. »Dann könnte sie den Menschen helfen. Es gibt so viele, die sich verwirrt und verloren fühlen. Sie müssen wissen, daß es jemanden gibt, dem etwas an ihnen liegt, was auch immer sie getan haben. Ich hoffe, du hast recht.«
    Sonnenjäger, der gerade eine Muschel zum Mund führte, hielt plötzlich inne. War das das Bild, das Turmfalke von ihm hatte? Jemand, dem etwas an ihr lag, »was auch immer sie getan hatte«?
    Nachdenklich ließ er das Muschelfleisch in seine Tasse zurücksinken. Wie wenig der Durchschnittsmensch doch vom Träumen verstand. Es lag ihm etwas an den Menschen, sehr viel sogar, aber anders wäre es ihm lieber gewesen. Die Sorge um andere brauchte ihn so auf, daß er sich hilflos fühlte und zu erschöpft zum Träumen war. Und, wie Gute Feder bemerkt hatte, es war das Träumen, das den Menschen wirklich half.
    Er betete, daß Wolkenmädchen es lernen möge, die Bedürfnisse der anderen und die Notwendigkeiten der Macht besser miteinander in Einklang zu bringen. Er hatte Träumer gekannt, die sich in der Sorge für andere so verausgabt hatten, daß sie den Weg zum Land der Toten nicht mehr fanden. Diese Träumer waren zum Schluß voller Selbsthaß gewesen …
    Sonnenjäger starrte in die Flammen. Er erinnerte sich an die schrecklichen Träume, die er gehabt hatte, und dachte über seine eigenen Probleme mit dem Labyrinth nach. So versunken war er, daß er die leuchtenden Farben des Sonnenuntergangs, die den Himmel erglühen ließen, gar nicht wahrnahm. Als er aus seinen Betrachtungen erwachte, war der Tag schon der Dunkelheit gewichen, und nur noch ein dünner, grauer Schleier zeichnete sich am westlichen Horizont ab. Der Wind hatte sich gelegt und war nur noch

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