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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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groß wie du. Und er hatte ein rundes Gesicht, eine gerade Nase und ein spitzes Kinn.«
    »Ich wollte dir nicht weh tun. Entschuldige. Ich hätte mir denken können, daß es uns nicht viel weiter bringt. Diese Beschreibung paßt auf beinahe jedes Mitglied des Otter-Klans.«
    »Ich möchte, daß du mich nach allem fragst, was vielleicht helfen könnte. Ich habe Alpträume gehabt, daß ich endlich zum Otter-Klan-Dorf komme und es dort niemanden gibt, der von Eiskraut gehört hat.
    Und dann …«
    Sonnenjäger konnte sich den Rest denken. Und dann würde sie wirklich allein und hoffnungslos sein.
    Er hatte sich auch schon Sorgen darüber gemacht. Seit zehn Jahresumläufen besuchte er nun den Otter-Klan, und noch nie hatte er von jemandem gehört, der in den Bär-Schaut-Zurück-Klan eingeheiratet hatte. Konnte Eiskraut also wirklich vom Otter-Klan stammen? Aber andererseits war es ein sehr weitverzweigter Klan, der in sehr vielen Dörfern Mitglieder hatte, einschließlich einiger in seinem eigenen Heimatdorf. In den Jahresumläufen seit Windschattens Weggehen konnten ihre Verwandten öfter das Dorf gewechselt haben.
    »Ich habe versucht, mich darauf vorzubereiten.« Turmfalke zerknüllte das Leder ihres Kleides zwischen den Händen. »Aber es ist sehr schwierig.«
    Sonnenjäger nickte. Das Meer war ruhiger geworden. Die Wellen sahen auf ihrem Weg zur Küste wie silberne Schlangen aus. »Turmfalke, bitte versteh das nicht falsch, aber ist es möglich, daß Eiskraut doch nicht mit dem Otter-Klan verwandt war? Daß er …«
    »Nein.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich weiß, was du denkst. Er hätte mich nie angelogen.
    Niemals. Er hat mich gebeten, ihn zu heiraten und mit ihm an die Küste zu kommen. Wir haben versucht zu fliehen. Aber Stechapfel hat Eiskraut gefangen, und er mußte ihm verraten, welchen Weg ich eingeschlagen habe und …«
    Sonnenjäger blickte auf. »Eiskraut hat Stechapfel verraten, welchen Weg du genommen hast?«
    »Ja. Eiskraut… er dachte, daß wir so wieder Zusammensein könnten. Stechapfel hatte ihm versprochen, wenn er zugäbe, mein Liebhaber zu sein, und ihm meinen Weg verriete, würde er uns nicht töten. Stechapfel hat ihm versprochen, uns beide auszustoßen.«
    »Und Eiskraut hat ihm geglaubt?«
    Turmfalke befeuchtete die Lippen. »Ja.«
    Sonnenjäger legte den Schürstock hin. Eiskraut mußte gewußt haben, daß Stechapfel vor Zorn wie wahnsinnig werden konnte.
    Turmfalke hatte es ihm bestimmt gesagt. Eiskraut hatte also Turmfalkes Leben und das des ungeborenen Kindes wissentlich in Gefahr gebracht. So daß alle drei Zusammensein könnten, hatte sie gesagt. Merkwürdig, wie der Mensch in der Verzweiflung Gründe zur Rechtfertigung von Handlungen erfand, die er unter normalen Umständen niemals begangen hätte.
    »Worüber denkst du nach?« fragte Turmfalke leise.
    »Hm? Oh, nichts Besonderes. Wir Menschen halten uns für klug und stark, doch wenn es um wirkliche Loyalität und wirklichen Opfermut geht, dann versagen die meisten.«
    »Du meinst… Eiskraut?«
    »Nicht nur Eiskraut. Jeder von uns.« Er hob den Schürstock wieder auf und begann, die Rinde davon abzuschälen. Einige Stückchen fielen neben seine Mokassins. »Ich denke, daß wir im Grunde alle selbstsüchtig sind, obwohl es natürlich auch großartige Momente gibt«, er schüttelte energisch den Finger, »in denen die Menschen über ihre angeborene Selbstbezogenheit hinauswachsen. Aber nicht oft.«
    Turmfalke biß sich auf die Unterlippe und betrachtete die Spitzen ihrer Mokassins, die unter ihrem Kleid hervorlugten. »Er hat mich nicht verraten, Sonnenjäger. Wirklich nicht. Ich habe mir oft den Kopf darüber zerbrochen. Aber so etwas hätte er niemals getan.«
    »Nein, natürlich nicht, Turmfalke. Ich habe nur gemeint…«
    »Er hat versucht, mich zu retten.« Flehend streckte sie eine Hand aus. Die Worte flössen aus ihrem Mund, als fürchtete sie, wenn sie sie jetzt nicht aussprach, würde sie nie mehr dazu in der Lage sein.
    »Auf diese Weise bin ich entkommen. Ganz zum Schluß hat Eiskraut Stechapfel zu Boden gerungen und mir zugerufen, daß ich weglaufen solle. Und ich … ich habe es getan. Direkt danach hat Stechapfel ihn ermordet…«
    Sie legte die Hand vor ihren zuckenden Mund. »Er hat mich geliebt. Wirklich, Sonnenjäger.«
    »Natürlich hat er das.« Ihr Geliebter ist vor ihren Augen getötet worden. Heilige Geister. »Daran habe ich nie gezweifelt, Turmfalke.«
    Mühsam versuchte sie aufzustehen. Er erhob

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