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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Innere der Hütte getragen und in eine in den Boden der Schwitzhütte ausgehobene Grube gelegt. Über den heißen Steinen wurde Wasser versprengt, und so entstand der Dampf.
    Der Legende zufolge hatte Wolfsträumer die erste Schwitzhütte gebaut. Sie reinigte sowohl die Seele als auch den Körper.
    Rechts neben der Schwitzhütte befand sich ein großer, flacher, leicht zum Meer hin geneigter Felsbrocken. Unterhalb davon lag Helfer im dichten Gras auf der Seite und beobachtete Turmfalke mit gespitzten Ohren.
    Sie ging direkt zum Feuer, wo ihre Farben kochten. Sie hatte große Muschelschalen gesammelt, sie erhitzt und ihre Farbstoffe darin mit dem Fett des Kaninchens vermischt, das sie fürs Frühstück gefangen hatte.
    Sonnenjäger hatte seit dem Vortag weder gegessen noch getrunken. Den ganzen Morgen hatte er sich darüber Sorgen gemacht. »Man muß den Körper verleugnen, um richtig zu träumen«, erklärte er ihr.
    »Ich hätte seit drei Tagen fasten sollen. Selbst der Versuch, heute zu träumen, ist gefährlich, aber ich bin verzweifelt. Es geschehen so viele merkwürdige Dinge. Ich muß versuchen, das Land der Toten zu erreichen. Vielleicht werden die Geister mir dieses eine Mal vergeben.«
    Turmfalke nahm Wolkenmädchens Sack vom Rücken und lehnte ihre Tochter sanft gegen Sonnenjägers Bündel. Es lag neben den letzten zwei zusammengerollten Felldecken, die nach dem Bau der Schwitzhütte noch übrig waren. Wolkenmädchen lächelte glücklich.
    »Ich muß mich um meine Farben kümmern, mein Baby. Sei ein gutes Kind.«
    Wolkenmädchen steckte die kleine Faust in den Mund, und Turmfalke kniete vor dem Feuer nieder.
    Die Flammen waren zu einem schwachen Flackern herabgebrannt. Mit einem von einer Tanne abgerissenen kahlen Ast fischte Turmfalke die Muschelschale heraus, die sie in die Glut geschoben hatte, bevor sie auf die Suche nach den Flechten gegangen war.
    Sie zog ein aus Rinde gefaltetes Täschchen aus ihrem Bündel, in dem das restliche Kaninchenfett und eine Handvoll der Flechte lagen. Mit den Fingern kratzte sie das Fett von der Rinde in die heiße Muschelschale. Das Fett schmolz sofort und sammelte sich unten in der Schale.
    Turmfalke zerrieb die Flechten zwischen den Händen und ließ sie in das heiße Fett rieseln. Als die Pflanzenstückchen sich damit verbanden, gaben sie eine wunderschöne, orangegelbe Farbe ab. Turmfalke rührte das Gemisch mit einem Stöckchen um und nahm die anderen Farben zum Auskühlen von den Flammen.
    Sie stellte die Muschelschalen in einer Reihe auf. Dann wickelte sie eine scharfe Obsidianschneide aus einer schützenden Blätterschicht und schnitt sich in die Spitze des Zeigefingers. Blut quoll hervor.
    Leise singend drückte sie in jede Farbe ein paar Tropfen Blut.
    Weidenrinde ergab die kräftig rote Farbe; eine Mischung aus Walnußblättern und Walnußrinde das tiefe Schwarz; Beifuß das blasse Elfenbein. Wenn die Flechten lange genug gezogen hatten, würde sie die vier heiligen Farben haben, die sie für ihre Bilder brauchte.
    Aus der Schwitzhütte in dem Espenwäldchen drangen Geräusche. Helfer stand wedelnd und sich reckend auf. Sonnenjäger schlüpfte durch den Türvorhang und stand nackt vor dem Hintergrund der grünen Blätter. Glänzender Schweiß bedeckte seine sonnengebräunte Haut. Wassertropfen glitzerten wie ein Perlennetz auf seinem weißen Haar und den Zöpfen.
    Einen Moment erlaubte sich Turmfalke, ihren Blick auf den gewölbten Muskeln seines hochgewachsenen Körpers ruhen zu lassen. Die mit Blau und Grün in seine Brust tätowierte Schlange schimmerte leuchtend. Als er sich umdrehte und sie ansah, schienen seine tiefliegenden Augen dunkler als je zuvor - wie Höhlen im Mondlicht. »Bist du fertig, Turmfalke?« fragte er leise. »Ja. Wo möchtest du sitzen?« »Hier in dem Espenwäldchen.«
    Während er seinen Lendenschurz anlegte und auf den flachen Felsbrocken kletterte, brachte Turmfalke Wolkenmädchen und ihre Farben hinüber. Sie mußte viermal gehen - die heilige Zahl. Als sie fertig war, saß Sonnenjäger mit untergeschlagenen Beinen auf dem Felsen. Er hatte die Augen geschlossen und den Oberkörper aufgerichtet. Die klaren Tone seines leisen Gesangs wehten sanft durch die Luft wie gedämpfte Flötenmusik. Helfer hatte sich etwas abseits vor der Schwitzhütte zusammengerollt.
    Sein wissender Blick ruhte auf Sonnenjäger.
    Turmfalke hängte den Kaninchenfellsack mit Wolkenmädchen an den nächsten Baum. Dann holte sie tief Luft, bevor sie sich

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