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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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bis zu den Knöcheln versank. Blinkende Sandkörnchen rieselten ihr über die Füße in die Mokassins und waren bald bis zu den Zehen vorgedrungen. Wäre sie auf hartem Boden oder auf Fels gelaufen, hätte es weh getan, doch im weichen Sand verursachten die Körnchen nur ein unangenehmes Gefühl.
    Als sie am ersten Zelt vorbeilief, konnte sie Schreie und Hustengeräusche hören - und Sonnenjägers tiefe Stimme. Er sang das Heil-Lied. Die Töne schwebten über den Geräuschen des Leidens wie glitzernder Zierat, der in einem warmen Wind hin- und herschaukelt.
    Das alte Dorfoberhaupt schlüpfte aus dem Türvorhang der südlichsten Hütte, und einen Moment war Sonnenjägers Stimme lauter zu hören. Bevor der Vorhang wieder zufiel, erhaschte Turmfalke einen kurzen Blick auf ihn, wie er mit im Feuer leuchtendem Haar am Boden kniete. Zecke humpelte auf sie zu.
    »Sag mir Bescheid, wenn Sonnenjäger mehr braucht.«
    Der alte Mann nickte. »Danke, Turmfalke, das mache ich.«
    Turmfalke drehte sich um und lief zu ihrem Lager in dem Espenwäldchen zurück. Jetzt mußte sie eine Schutzhütte bauen. Helfer wedelte mit dem Schwanz und sprang um sie herum, als sie sich näherte.
    Sie beugte sich vor und kraulte ihn am Ohr.
    Der Hund folgte ihr, als sie durch den mit Lichtflecken gesprenkelten Schatten der Bäume zum Lager eilte. Dort hockte sie sich nieder und band ihre mit einem dicken Yuccafaserstrang zu einem Bündel verschnürten Felldecken auf. Dann nahm sie den Faserstrang und knotete ihn an zwei Bäumen fest.
    Nacheinander warf sie einen Teil der Felldecken über den Strang, um eine Art Zelt zu errichten. Es war nicht so sicher wie ein richtiges Zelt, aber für eine kurze Zeit würde es als Schutz ausreichen. Sie betete, daß es in dieser Nacht keinen Sturm geben möge.
    Turmfalke ging zu der Quelle und sammelte große Steine, während Helfer um sie herumhüpfte, über trockenes Geäst sprang und freudig bellte. Als sie zum Lager zurückkehrte, packte auch er einen Stein mit dem Maul und rannte hinter ihr her. Mit den Steinen beschwerte sie den unteren Rand der Felle, um ihn am Boden festzuhalten.
    »Nun«, sagte sie seufzend, »wir sollten wohl ein Feuer anmachen und Tee kochen.«
    Turmfalke lag angezogen auf einem Stapel weicher Felle und schlief. Plötzlich wurde sie von Sonnenjägers Stimme geweckt. »Tut mir leid, Zecke. Ich wünschte, ich wüßte es. Dann könnte ich es ändern.«
    Turmfalke drehte sich auf den Rücken. Es war fast vollständig dunkel. Das Feuer war zu einer Schicht leuchtend roter Glut niedergebrannt. An dem das Zelt tragenden Yuccafaserstrang hatte sie mit kurzen Lederriemen Sonnenjägers kostbaren Beutel mit Träumer-Pflanzen, ihr Bündel und Wolkenmädchens Kaninchenfellsack aufgehängt, um sie vor den Zähnen hungriger Nagetiere zu schützen. Im Schein der Glut schimmerten sie rötlich.
    »Ich verstehe nicht, warum Mutter Ozean uns das antut«, klagte Zecke. »Unser Klan war immer fromm. Wie nur konnte sie dieses Unglück über uns kommen lassen?«
    »Die Wege der Geister sind schwer zu verstehen, Zecke.«
    Turmfalke schmiegte die Wange in das weiche Wapitifell. Wolkenmädchen lag neben ihr. Der karneolfarbene Schein der Glut überzog ihr Gesicht mit seinem Schimmer. Zecke tat Turmfalke sehr leid. Was, wenn sie Wolkenmädchen so verlieren würde, wie Zecke Mitglieder seiner Familie an die Krankheit verloren hatte? Der Kummer würde ihre Seele verzehren. Sanft schlug sie eine Ecke des Fells um den blassen, kleinen Körper ihrer Tochter. Wolkenmädchen wimmerte im Schlaf, wachte aber nicht auf. Dichtes, schwarzes Haar wuchs nun auf ihrem Kopf. Es hing ihr über die Ohren wie Stränge mitternachtfarbener Seide.
    »Aber, Sonnenjäger«, sagte Zecke mit erstickter Stimme, »wenn du mein Volk nicht heilen kannst, wer dann? Welche Hoffnung gibt es noch?«
    Sonnenjäger scharrte unbehaglich mit den Füßen im Sand. Ein schwacher Windstoß schlug gegen die Zeltwände, so daß sie sich blähten und wieder zusammenfielen, als holten sie tief Luft und stießen sie wieder aus.
    »Ich werde es morgen von neuem versuchen, Zecke. Leg dich jetzt ein wenig hin. Du hast es sehr nötig. Heute nacht gibt es nichts mehr, das du tun könntest.«
    »Ja, Sonnenjäger«, sagte Zecke schwach. Dann fügte er hinzu: »Du hast mich vorhin gefragt, wohin Melisse mit dem Otter-Klan gegangen ist. Wir hatten so viel zu tun, daß ich dir nicht antworten konnte. Sie sind in den Vorbergen. Wenn du den Pfad nimmst, der auf der

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