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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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richtete sich auf, seine Augen verengten sich. »Wo ist Klebkraut?« fragte er leise. »Wenn du deine Erlaubnis nicht gibst, möchte wir die seine einholen.«
    Schwindlige Robbe stieß einen leisen Ton der Verachtung aus und schleuderte den Bodensatz seines Tees ins Feuer. Es zischte, eines der brennenden Scheite brach auseinander, und für ein paar Momente verdrängten die rötlich aufflackernden Flammen die Dunkelheit.
    Sumach streichelte heimlich Melisses Ellbogen. Er verstand die Geste und schluckte die bitteren Worte hinunter, die ihm schon auf der Zunge lagen. Er sah, daß Berufkraut in aller Stille einen Speer aus seinem Köcher gezogen und ihn mit unauffälliger Geschicklichkeit in seinen Atlatl eingelegt hatte.
    Mit einer Handbewegung bedeutete Melisse Milan, er könne gehen.
    »Klebkraut ist in der Schwitzhütte unten am Hang und träumt.« Das letzte Wort blieb ihm fast im Hals stecken wie ein Teerklumpen. »Er sagte, er wolle nicht gestört werden. Aber vielleicht meinte er nur seine Klan-Genossen und nicht euch und eure Freunde. Möchtet ihr gerne das Risiko eingehen, ihn zu verärgern?«
    Milan und Stechapfel wechselten einen Blick. »Nein«, antwortete Milan. »Wir werden morgen früh zu ihm gehen.«
    »Wenn er bis dann seinen Traum beendet hat«, sagte Stechapfel. »Manche Träumer bleiben tagelang in der Geistwelt.«
    »Nicht Klebkraut«, bemerkt Melisse höflich, »er wird euch morgen zur Verfügung stehen.«
    Milan stand auf, und Stechapfel und Tannin nahmen ihre Bündel und stellten sich neben ihn. Als Milan keinerlei versöhnliche Worte fand, sagte Stechapfel respektvoll: »Du bist offen und ehrlich zu uns gewesen, Melisse. Wir danken dir. Wir werden dir keine Ungelegenheiten bereiten, das versichere ich dir.«
    »Ich hoffe, du hast recht, Händler. Wie ich Milan schon sagte …«
    Berufkraut sprang plötzlich keuchend auf. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Er schaute zu der Wiese hinunter. Melisse wirbelte herum - und das Herz schlug ihm bis in den Hals. Ein großer, schwarzer Riesenwolf lief durch die Wildblumen auf ein Kiefernwäldchen am Südrand der Wiese zu.
    Milan fragte: »Wo ist er hergekommen? Sie sind so selten geworden. Vielleicht sollten wir eine Jagd veranstalten und ihn erlegen.«
    »Nein«, murmelte Stechapfel, und in seinen altersblassen Augen schimmerte etwas wie ein Erkennen.
    Dieser Blick jagte Melisse einen Schauer über den Rücken. »Nein«, wiederholte Stechapfel. »Laßt das Tier in Ruhe. Solange es uns nicht behelligt, sollten wir uns nicht darum kümmern.«
    Stechapfel entfernte sich über die Hügelkuppe, Milan und Tannin folgten ihm. Doch Stechapfel blickte ständig zwischen Klebkrauts Schwitzhütte und der Stelle, wo der Wolf in den Wald verschwunden war, hin und her - als ob er Bescheid gewußt hätte.
    Melisse, der nach Luft rang, bemühte sich, tief durchzuatmen. Wie könnte ein Händler von der Seenplatte ein Geheimnis kennen, dessen nicht einmal ich selber mir sicher bin?
    Er ließ den Blick über die dunklen Zweige der Eichen wandern, die wie Filigrane in das indigoblaue Gewölbe des Himmels hineinragten. Die großen Augen der Eulen blitzten auf, wenn sie die Köpfe wandten, um den weggehenden Männern nachzublicken.
    »Morgen, Enkel«, sagte er zu Berufkraut, »sollst du eine Gruppe von Kundschaftern zusammenstellen.
    Such dir vier Männer. Zwei sollen sich den Pfad nach Westen vornehmen und zwei den Pfad nach Osten. Vielleicht können wir Turmfalke und ihren Freund warnen, bevor sie in Milans Falle gehen.
    Falls sie eine Verwandte ist, verdient sie zumindest das von uns.«
    »Ja, Großvater, das mache ich«, flüsterte Berufkraut. Er schaute ihn aus gequälten Augen an. »Aber der Wolf. Denkst du …«
    »Vielleicht war es eben nur ein Wolf und nichts weiter«, warf Schwindlige Robbe ein. Aber es klang so, als glaubte er nicht daran.
    Melisse schnitt eine Grimasse. »Es gibt eine Möglichkeit, das herauszufinden. Sumach, bitte, tu mir den Gefallen und bleibe mit Balsam hier. - Balsam, paß auf Großmutter auf, während ich mit Schwindlige Robbe und Berufkraut den Hügel hinabgehe.«
    In Berufkrauts Augen stieg Entsetzen auf. Er schluckte heftig. »Wohin gehen wir, Großvater?«
    »Wir wollen mit Klebkraut sprechen, falls er da ist.«
    »Melisse«, murmelte Sumach und stand auf, »bitte nicht. Was, wenn der Wolf euch entdeckt und zurückkommt?«
    »Dann wäre ich dir sehr dankbar, liebe Frau, wenn du laut schreien und unsere Krieger herausrufen

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