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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Hand schützend vor die letzten opalblau glänzenden Sonnenstrahlen, die den Horizont im Westen überzogen. Seine Himmelfahrtsnase kräuselte sich.
    »Großvater, Milan kommt den Pfad herauf, und zwei Fremde sind bei ihm.«
    Melisse schaute über die Schulter. Die Neuankömmlinge waren kleiner als Milan und trugen etwas anders geschnittene Jagdhemden.
    Diesen Schnitt verband Melisse normalerweise mit den Menschen von der Seenplatte im Osten.
    Der kleinere und ältere der Fremden schien Mitte Vierzig zu sein und hatte graue Zöpfe und sackartige Wangen. Seine flache Nase schien direkt auf der dünnen Oberlippe zu sitzen. Dicke Hautfalten hingen ihm lose am Hals herab. Hemd und Hose aus Bockleder waren schmutzig. Über der Schulter trug er ein großes Bündel. Trotz der Last ging er ganz normal, als wäre er an das Gewicht gewöhnt. Ein Händler?
    Der zweite Fremde war größer als der erste und vielleicht zehn Jahre jünger. Das schwarze Haar hatte er zu einem Knoten im Nacken geschlungen. Ein dünnes Band roter Perlen war auf seinen Kragen aufgestickt, aber davon abgesehen waren seine Kleider aus Wapitileder schmucklos keine Fransen, keine Stickereien. Gang und Haltung des Jüngeren zeugten von Unbehagen, ja sogar von Widerstreben. Der ältere Mann ließ die Blicke wachsam über das Dorf streifen wie ein Säbelzahntiger auf Jagd. Das war nicht die Art von Verhalten, mit der ein Händler normalerweise ein unbekanntes Dorf betrat. Nein, hier ging es um etwas anderes, und so wie die Dinge standen, war schon viel zu vieles anders als üblich.
    Das gibt Ärger! sagte sich Melisse.
    Er stand auf. Milan grüßte ihn vom Pfad aus mit erhobener Hand, und Melisse nickte verbindlich, obwohl er sich über Milans Kommen nicht freute. Der junge Mann war in den letzten Tagen höflich kalt gewesen, wenn er morgens ins Lager kam, um zu fragen, ob Melisse irgend etwas Neues wußte.
    Melisse fühlte, wie seine Kehle heiß wurde und der Hals sich ihm zuschnürte, als wollte sein Körper ihm unbedingt etwas mitteilen, was er nicht zu hören wünschte.
    Sumach flüsterte: »Das sind sie, Melisse.«
    »Wer?«
    »Dieser verrückte Händler und sein Bruder. Die Männer, die die Frau mit dem Säugling verfolgen.«
    Schwindlige Robbe stand auf, und Berufkraut zog den Atlatl mit einer blitzschnellen Handbewegung verstohlen zu sich heran. Balsam hatte sich niedergekniet und war so angespannt, als wollte er jeden Moment hochspringen.
    Melisse blickte auf Sumach. »Warum glaubst du das?«
    Sie saß mit schmerzhaft aufrechtem Rücken und angriffslustig vorgerecktem Kinn so da, als bereitete sie sich gerade auf einen Kampf mit Alter-Mann-Oben vor. »Schau dir doch an, wie Milan lächelt. Er ist so ängstlich wie eine vom Marder in die Enge getriebene Maus. Siehst du, wie er den Atlatl in seinem Gürtel mit der Hand umklammert? Sie sind es, da bin ich sicher. Milan fragt sich wahrscheinlich, was er mit ihnen anfangen soll, da die Frau des Händlers noch nicht aufgetaucht ist.«
    Melisses Augen verengten sich, als die drei Männer schnell auf ihn zukamen. Die Dorfbewohner bei den anderen Feuern flüsterten aufgeregt. Einige griffen nach ihren Atlatls und legten sie vorsichtig in den Schoß. Es beruhigte Melisse, daß ein halbes Dutzend Speere auf den Händler gerichtet sein würden, wenn er zu verrückt wurde.
    Die Nacht senkte sich schnell herab und hüllte den Wald in einen Schleier schimmernder Holzkohle.
    »Sumach«, sagte Melisse ruhig, »es wäre mir lieber, wenn du im Zelt in Sicherheit wärest. Geh doch bitte …«
    »Ich bleibe hier.«
    »Warum wehrst du dich immer und streitest mit mir, wenn ich versuche, dich zu beschützen?«
    »Weil«, antwortete sie nüchtern, »du mich dann normalerweise am allermeisten brauchst.«
    »Ich brauche dich nicht. Ich habe hier drei Männer …«
    »Das«, erwiderte Sumach und schaute ihn gleichmütig an, »ist genau der Grund, warum du mich brauchst. Die ganze Angelegenheit betrifft eine Frau. Jemand sollte hiersein, der versteht, was sie durchgemacht haben muß. Oder kennst du als Mann alles, was eine Frau bewegt?«
    Schwindlige Robbe senkte den Kopf, um ein Lächeln zu verbergen, und Berufkraut kicherte leise.
    Melisse blickte beide finster an, drehte sich dann um und fixierte Milan, der mit ausgestreckter Hand auf ihn zukam.
    »Guten Abend, Melisse«, sagte Milan und ergriff zögernd die Hand des alten Mannes. »Du erinnerst dich doch, daß ich dir von den Männern erzählt habe, die …«
    »Ja«,

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