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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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rauher Stimme: »Vorsicht!
    Siehst du das Labyrinth auf dem Boden?« Er zeigte darauf.
    Melisse blieb abrupt stehen und schaute nach unten. Hinter der Feuerstelle war mit roten, schwarzen und weißen Linien ein verschlungenes Labyrinth auf den Boden gezeichnet. Langsam humpelte er vorwärts und hockte sich nieder. Als er eine Hand ausstreckte, um die Zeichnung zu berühren, sah er vereinzelte Wolfshaare, die auf dem Labyrinth verstreut lagen. Seine Hand zitterte plötzlich so heftig, daß Schwindlige Robbe von der anderen Seite um die Feuerstelle herumlief und zischelnd flüsterte:
    »Was ist los?«
    »Siehst du sie?« Melisse zeigte auf die am nächsten liegenden Haare.
    Schwindlige Robbe fuhr taumelnd zurück. »Er … er war es!«
    Melisse stand auf und wischte die schweißnassen Hände an der Hose ab. »Vielleicht.«
    Berufkraut schlüpfte mit sorgenvoll geweiteten Augen in die Hütte. »Was habt ihr gefunden?«
    »Komm und schau dir das an, Enkel. Schnell! Dann müssen wir hier verschwinden.«
    Berufkraut ging vor den verstreuten Wolfshaaren in die Hocke, hob eines auf und warf es dann ruckartig weg, als hätte er sich verbrannt. Dann stand er taumelnd auf, sein Atem ging schwer. »Ich denke, wir sollten ihn jagen, ihn stellen und mit unseren Speeren töten.«
    »Ja, ich bin der gleichen Meinung«, sagte Schwindlige Robbe.
    Melisses Augen weiteten sich. »Das ist kein Beweis. Er hat Anhänger, die ihn verteidigen und sagen werden, daß Klebkraut in den Wald gegangen ist, um neue Pflanzen zu sammeln, und daß wir, als wir den Riesenwolf sahen und feststellten, daß Klebkraut nicht in der Schwitzhütte war, voreilige Schlußfolgerungen gezogen haben. Die alte Yuccadorne wird uns vorwerfen, daß wir Klebkraut hassen und versuchen, ihn anzuschwärzen. Im Dorf wird man geteilter Meinung sein. Die Hälfte unserer Verwandten wird weggehen und uns nie wiedersehen wollen. Nein …«, er seufzte, »noch nicht.
    Wir müssen noch ein wenig länger warten.«
    Stechapfel erhob sich von seinem Platz an Milans Feuer. Milan hatte sein Lager an dem nach Westen zum Meer hin führenden Pfad aufgeschlagen. Stechapfels provisorische Grashütte stand in einiger Entfernung vom Feuer außerhalb der Reichweite des Rauchs auf dem weichen Wiesengras. Zumindest würde er dort gut schlafen. Zu seiner Linken konnte er auf der Hügelkuppe die Silhouetten der Menschen sehen, die sich im Otter-Klan-Dorf bewegten. Darüber versilberte der erste schwache Schein von Alter-Mann-Oben den Himmel. Der Wind trug den Klang gedämpfter Stimmen herbei.
    Stechapfel reckte seine müden Glieder. »Das war ein langer Weg. Ich glaube nicht, daß mein Körper jemals wieder der gleiche sein wird.«
    Milan lächelte grimmig. Er saß auf der anderen Seite des Feuers und spielte mit einem Strang aus Yuccafaser, legte ihn in Schleifen, band ihn zusammen und schnürte ihn dann nervös wieder auf. »Es war ein harter halber Mond. Ich möchte endlich nach Hause.«
    »Ich auch«, sagte Tannin. Er saß mit gesenktem Kopf auf einem Baumstamm und hielt seine Teetasse zwischen beiden Händen. Er wirkte sehr mürrisch. Allein sein Anblick genügte schon, in Stechapfel den Wunsch zu wecken, ihn zu verprügeln.
    Idiot von Bruder. Denkst du nicht, daß auch ich das alles möglichst schnell hinter mir haben möchte?
    Meinst du, mir macht es Spaß, in jedem Dorf, in das wir kommen, geschnitten und gedemütigt zu werden?
    Stechapfel nahm sein Bündel von dem Baumstamm und schwang es sich über die Schulter. Er lächelte freundlich. »Ich bin bald wieder zurück. Ich brauche nur ein wenig Zeit, um zu Alter-Mann-Oben zu beten.«
    »Ich verstehe«, sagte Milan leise, jedoch starrte er das Bündel so an, als ahnte er den wahren Grund, warum Stechapfel in den Wald gehen wollte.
    Tannin warf einen Blick auf das Bündel und verzog verächtlich den Mund. »Beeil dich, Stechapfel.
    Ich möchte mit dir sprechen … über Turmfalke.«
    In Stechapfels Körper loderte die Wut auf wie ein Feuer, aber er nickte nur. »Einverstanden. Ich komme bald zurück.«
    Er stapfte in den Wald hinaus. Unter mehreren niedrig hängenden Eichenästen mußte er sich bücken.
    Die Vorberge waren mit trockenem Geäst übersät und mit Gestrüpp überwuchert, was das Gehen erschwerte. Eine Unzahl von Hirschwechseln verliefen hier kreuz und quer in alle Richtungen.
    Stechapfel wählte einen aus, der direkt nach Norden führte. Er folgte dem gewundenen Pfad bis zu einem dichten Dornengestrüpp. Winzige weiße Blüten

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