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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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und meine auch.«
    Bevor sie den Türvorhang wieder befestigte, streckte sie den Kopf nach draußen. Schnee fiel in dichten Flocken und hüllte den Wald in eine dicke, winterliche Decke. Der eiskalte Atem des Windes trug Schreie und Stöhnen vom Dorf herüber. Ein Mann hustete und hustete. Ein Kind schluchzte.
    Gute Feder kniff mißtrauisch die Augen zusammen, als sie vor dem Zelt eine Bewegung wahrnahm.
    Zwei Meter vor ihr saß ein völlig mit Schnee bedeckter Hund. Als sie ihn ansah, wedelte er mit dem Schwanz. »Wer bist du?« flüsterte sie. »Ich kenne jeden Hund hier im Dorf, und du gehörst nicht hierher.«
    Der Hund stand auf und näherte sich leise winselnd.
    »Ist dir kalt? Nun gut, kein Geschöpf sollte in einer solchen Nacht draußen sein.«
    Gute Feder hielt den Türvorhang auf, und der Hund rannte herein. Sie befestigte den Türvorhang. Als sie sich umdrehte, hatte der Hund sich an Sonnenjägers Seite zusammengerollt, die Schnauze auf den Pfoten. Es war ein hübsches Tier, ganz schwarz, bis auf einen lohfarbenen Fleck um jedes seiner Augen. Der Hund hob den Kopf und sah Gute Feder an. Ein Prickeln lief ihr das Rückgrat hinunter.
    »Du bist nicht nur irgendein Hund, der vor dem Sturm Schutz sucht, oder? Hm? Nein, ich denke, nicht. Hat dich jemand hierhergeschickt? Vielleicht einer vom Volk-Das-Licht-Stiehlt?«
    Der Hund ließ den Kopf wieder sinken, aber das Gefühl, daß ihn eine Aura von Macht umgab, verstärkte sich. Ein Geist-Helfer? Vielleicht.
    Sonnenjäger war ruhiger geworden, obwohl sich um seine tiefliegenden Augen Falten gruben und er die Zähne zusammenbiß. Dadurch erhielt seine kantige Kinnpartie einen Winkel, der sein gutgeformtes, ovales Gesicht länger und seine feinen Wangenknochen höher erscheinen ließ. In der hochroten Glut des niedergebrannten Feuers sah er älter aus als seine fünfundzwanzig Sommer.
    »Aber so geht es jedem, der träumt«, sagte Gute Feder leise zu sich selbst. »Ich habe nie einen Träumer kennengelernt, der jung geblieben ist, weder am Körper noch in der Seele. Die Geister lassen es nicht zu.«
    Gute Feder massierte ihre schmerzenden Hüftknochen und humpelte zurück zu ihrem Fellager.
    Nachdem sie sich wieder hingelegt hatte, starrte sie die Wandmalereien an und dann suchten ihre Augen das Volk-Das-Licht-Stiehlt. Die Figuren beobachteten sie mit einer Konzentration, die sie erschauern ließ.
    »Ich wußte, daß ihr euch Sorgen gemacht habt, aber ich habe euch ja gesagt, daß er wieder gesund wird«, flüsterte sie. »Da waren all die Gebete seiner Anhänger. Um böse Geister auszutreiben, braucht man diese Art Macht.«
    Sie konnte hören, wie die Figuren leise miteinander sprachen. Wie Windgeflüster waren ihre Stimmen.
    Die Figur des Donnerwesens starrte Gute Feder mit entnervender Intensität an. Ihre Flügel sahen mittlerweile etwas zerfetzt aus. Gute Feder würde sich darum kümmern müssen.
    »Versuchst du, zu mir zu sprechen?«
    Nach der Legende brauchten die Flügel der Donnerwesen Tausende von Jahresumläufen zum Wachsen. In dieser Zeit lebten die Donnerwesen eingepuppt in Wolkenbäuschen und ernährten sich von Regen.
    In einigen Versionen der Geschichte wurde sogar berichtet, daß Donnerwesen Kinder werden konnten, wenn sie wollten. Sie konnten ihre Seelen in der Form eines Blitzes zur Erde schicken. Wenn der Blitz in der Nähe eines Frauenschoßes einschlug, konnte die Seele in den Schoß kriechen und zu einem Menschen werden.
    Der mit Obsidianperlen besetzte Mund des Donnerwesens schien sich im Flackern des Feuers zu bewegen.
    Gute Feder hielt eine Hand ans Ohr. Das Donnerwesen sprach so leise, daß sie die Worte fast nicht hören konnte. »Sprich lauter! Welche Frau? Was hat sie mit Sonnenjäger zu tun?«
    Das Donnerwesen verstummte.
    Gute Feder blickte es verärgert an. »Was ist los? Fürchtest du dich vor etwas?« Sie schüttelte leicht angewidert den Kopf. »Nun gut, wenn du soweit bist, daß du es mir erzählen willst, werde ich dir gerne zuhören. Jetzt geh schlafen. Ihr alle geht schlafen. Wir haben morgen eine Menge Arbeit vor uns. Wir müssen heilen und für die Kranken und Sterbenden singen.«
    Sie zog ihre Felldecken über die kalten Ohren und schloß die Augen. Das Volk-Das-Licht-Stiehlt begann wieder, sich flüsternd zu unterhalten. Beim Geräusch des Gemurmels, das vom Brüllen des Sturms manchmal überdeckt wurde, schlief sie ein.

Die Frau kommt… fast schon auf dem Weg…
    Was, wenn …
    Wird sie seine Seele

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