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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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metallischen Geruch des Blutes wahr. Turmfalke stemmte sich auf die Ellbogen.
    Sie streichelte sein dunkles Fell, und der Hund überließ sich ihrer Hand, als hätte er ihren Trost dringend nötig. Er leckte ihr die Finger und jagte dann hangabwärts auf dem Pfad zurück. Turmfalkes Seele wurde kalt.
    Helfer kam zurückgetrottet und stupste sie mit der spitzen Schnauze ins Gesicht, wandte sich dann um und rannte wieder den Pfad hinab. Als sie nicht aufstand, stieß er ein scharfes, verzweifeltes Bellen aus.
    Wolkenmädchen wachte auf und begann zu schreien. Turmfalke wurde von schrecklicher Angst erfaßt.
    Stechapfel schrie: »Was war das?« Er drehte sich um und schaute in ihre Richtung. Turmfalke kam taumelnd auf die Füße und wollte zu ihrer Tochter zurückrennen, da sah sie, wie die alte Frau aus dem Dorf mit all der ihren alten Beinen verbliebenen Kraft den Pfad hinuntereilte. Turmfalkes Schritte wurden unsicher.
    Hier geht es dir besser, Wolkenmädchen. Wenn Stechapfel nicht weiß, daß du meine Tochter bist, bist du in Sicherheit.
    Ein Gemurmel von Stimmen erhob sich in dem Dorf auf der Hügelkuppe. Mehrere Frauen und zwei Männer liefen hinter der alten Frau her. Das Tappen laufender Füße drang durch die Dunkelheit.
    Stechapfel und die Männer in seinem Lager standen auf und starrten in die Finsternis des Waldes, wo Wolkenmädchens Sack an einem Ast hing.
    Turmfalke stand noch immer wie gelähmt da. Helfer kam zurück, umklammerte grob ihr Handgelenk mit den Zähnen und zerrte heftig an ihr. Seine Fangzähne drückten sich in ihre Haut. Sie zwang sich, mit ihm zurückzugehen. Es war das Schwerste, was sie je im Leben getan hatte. Wolkenmädchen brach in mitleiderregendes, schrilles Geschrei aus. Turmfalke glaubte zu sehen, wie ihre Tochter die Ärmchen suchend nach ihr ausstreckte.
    Von Schluchzen geschüttelt folgte sie Helfer in die schwarze Tiefe des Waldes.
    Sumach stand voll Unruhe mit vor der Brust verschränkten Armen am Rand der Hügelkuppe und schaute nach Westen. In der Ferne fegte der Wind die Wolken zu dünnen, blaßgrauen Gebilden. Den ganzen Abend war sie äußerst erregt gewesen. Sie hatte den merkwürdigen Eindruck, daß aus den Bäumen und der Erde lautlose Stimmen sie riefen und versuchten, sie zu warnen. Als sie das erste Mal zum Rand der Hügelkuppe gegangen war, hatte sie erwartet, die Frau namens Turmfalke den Pfad hinansteigen zu sehen. Doch sie sah nur Milan und die zwei Männer vom Bär-Schaut-Zurück-Klan am Fuße des Hügels um ihr Lagerfeuer sitzen. Sie hatten nicht weit vom Feuer pfadabwärts eine Hütte aus Zweigen errichtet. Sie sah aus wie ein kleiner, zottiger Bär.
    Dann hörte sie in der Tiefe des Waldes das Geschrei des Babys, und ihre Augen weiteten sich überrascht. Der ältere Mann, Stechapfel, sprang auf die Beine, als er das Weinen hörte. Der Ausdruck auf seinem verwitterten Gesicht ließ Sumach das Blut in den Adern gerinnen.
    »Melisse!« rief sie. Sie drehte sich nicht um, denn sie wußte, daß er am Feuer saß und Phloxblüten-Tee trank.
    Ohne auf seine Antwort zu warten, rannte sie den von Sternen erhellten Abhang hinunter. In ihren alten Knien knirschte es. Steine und Erde lösten sich, als sie vorwärtsstürmte. Drei Felsbrocken polterten vor ihr den Hang hinab, ein Strom dunkler Erde rieselte hinter ihnen her.
    »Was ist los, Sumach?« antwortete Melisse.
    »Im Wald ist ein Baby!«
    Sie hörte, wie ein Dutzend Leute hinter ihr den Hügel hinabeilten. Ein Gemurmel von Stimmen erhob sich. Als sie den Fuß des Hügels erreicht hatte, war Stechapfel zwischen den Bäumen verschwunden.
    Sumach folgte ihm Hals über Kopf. Das alte Herz klopfte ihr bis in den Hals. Das Geschrei des Babys war lauter geworden und klang atemlos, als wäre es halbtot vor Furcht.
    »Heilige Mutter Ozean«, flüsterte sie, »wenn er dem Baby etwas antut…«
    Sie fand Stechapfel, wie er einen Kaninchenfellsack mit einem Baby darin auf Armeslänge von sich abhielt, als hätte er Angst davor.
    Ohne ein Wort stürmte Sumach vor und riß ihm das Kind aus den Händen, dann barg sie es an ihrer Brust. Das Baby hob das tränenüberströmte Gesichtchen zu Sumach empor und klammerte sich mit den Fäustchen in den Fransen ihres Kleides fest. Sumach wußte nicht warum, aber sie hatte das Gefühl, daß das Baby ein Mädchen war. Dichtes schwarzes Haar bedeckte seinen winzigen Kopf.
    Sanft streichelte Sumach dem Kind über die Wangen und sagte: »Pst, alles ist in Ordnung, Baby. Ich bin ja

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