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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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in deinem Fluß geschwommen, Händler. Und das sehr viel weiter südlich. Wie lange hätte sie diese Kälte ausgehalten? Nicht lange genug, um das Ufer zu erreichen und nicht bei Nacht.«
    Otter faßte ins kalte Wasser. Schwarzschädel hatte recht. Das hätte nicht einmal Perle lange ertragen.
    Schwarzschädel wischte sich den Regen aus dem Gesicht. »Ist besser für sie, daß sie erwischt worden ist. Da ist sie zwar eine Gefangene, aber wenigstens am Leben.«
    Der Krieger ging zum Feuer zurück. Otter starrte auf die Vertiefungen im nassen Sand. Unwillkürlich strich er über die kleine Gebetsmatte in seinem Hemd. Sie lag jetzt über seinem Herzen.
    »Kann sein. Aber wie ich die Khota kenne, war sie vielleicht lieber tot.«

16. KAPITEL
    Ich spüre Bewegung im leuchtenden Dunkel, es gleicht den schwarzen Tiefen eines Gewitters, das sich gleich entladen wird.
    Ich lehne mich im Kanu zurück, mein Kopf liegt neben Schnapper. Ich finde es erstaunlich, daß ich dies alles erlebe. Die schwer erfaßbare Welt wird für mich jeden Tag unberechenbarer. Die Maske und das, was sie leiden muß, ist zu meiner Realität geworden. Unsäglich niederdrückend ist die Tiefe ihres Leidens. Ich werde von einem starken Mitgefühl aufgewühlt. Es quält und sticht mich wie stachlige Ranken, es bricht sich Bahn wie der Ausbruch eines Vulkans und explodiert in Gelächter.
    Und ich weiß… weiß genau, daß ich mich zwingen muß, in diesem Gelächter zu verharren, denn dann wird es mich alles lehren.
    Die glimmenden Reste konnten den Zorn von Wanderdrossel kaum besänftigen. Die Sperrpfähle standen nach innen wie tödliche Fangzähne. Einige von ihnen hatte das Feuer angesengt, doch sie standen noch und bannten die Geister im Innern.
    »Du bist wegen meines Vetters gekommen«, sagte Alte Schieferplatte. Die Decke, die sie um ihre müden Schultern geworfen hatte, war einst sehr schön gewesen. Zwischen den Flecken von Asche und Erde konnte man noch das Muster eines Falken erkennen. Sie hob einen ihrer dünnen Arme. »Da ist er. Geh nur hinein. Geh und hol ihn dir.«
    Wanderdrossel schaute sich zu den Kriegern um, die ihm zu den Sonnenhügeln gefolgt waren. Sie blickten unsicher umher und umklammerten ihre Waffen. Manche trugen Mäntel aus Kaninchenfell, andere fein gewebte Decken. Dicke, sehr hohe Wintermokassins schützten sie vor dem tiefen Schnee.
    Die Leute des Leuchtvogelclans standen in eng zusammengedrängten Grüppchen abseits.
    Sie hatten hier einen blutigen Krieg erwartet, aber niemand vom Leuchtvogelclan war Wanderdrossel am Einlaß der Erdwerke entgegengetreten. Niemand hatte zum Angriff reizende Sprüche über die verschneiten Felder gebrüllt. Und als seine Krieger in das Gelände eindrangen, starrten sie ihn einfach an, abgehärmt und verstört, die Gesichter rußverschmiert. Die meisten vom Leuchtvogelclan standen unterwürfig da, und nirgends war eine Waffe zu sehen.
    Asche schwärzte den Schnee auf den Sonnenhügeln. Immer noch fielen Flocken aus dem verhangenen Himmel. Wanderdrossel spürte die Spannung, die in der Luft lag, denn die Geister hier beobachteten ihn und flüsterten miteinander.
    Mit gespannter Aufmerksamkeit betrachtete er die Überreste seines Feindes. Im Lauf der Jahre hatte er Glimmervogel hassen gelernt. Sein Rivale hatte alles - die Vorteile einer hohen Geburt, die Maske, den Status eines Clanführers, Sternmuschel und vieles mehr. Und so sollte alles enden - in einem Haufen glimmender Asche ?
    Er betastete die Kriegskeule an seinem Gürtel und strich über das glatte Holz. Eine dicke Decke, aus Federn, geripptem Stoff und Streifen von Kaninchenfell gewebt, hing über seiner Schulter. Um den Hals trug er eine Brustplatte aus einem menschlichen Unterkiefer.
    Durch die kupfernen Ohrspulen, einem hohen Rangabzeichen des Clans, spürte er die Kälte.
    Er war als sechster Sohn eines Farmers geboren worden, eines Mannes aus einer unbedeutenden Familie, der sich mit den Erträgen seiner kargen und steinigen Felder mehr schlecht als recht durchschlug. Sie hatten in einem Hochtal an der Grenze zum Territorium der Blauenten gelebt. Dort hatte er jagen gelernt und wie man sich versteckt und Spuren liest. Schon als Junge hatte er seine Brüder verspottet, weil sie nicht nach Höherem strebten.
    Als er zum Manne herangereift war und den Namen Wanderdrossel annahm, nach dem Jagdvogel des Waldes, hatte er beschlossen, seinen eigenen Weg zu gehen. Von ihm wurde nicht viel erwartet, aber er hatte sich hohe Ziele

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