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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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schrie ein Mann. Als er grinste, fielen Perle seine weißen Zähne auf.
    »Wir haben ein Weib für Wolf der Toten gebracht!« rief Grizzlyzahn. »Die Heirat verbindet uns mit dem Volk der Anhinga. Wir haben eine Abmachung mit ihnen getroffen und jetzt einen Handelspartner.«
    Wieder erschallten Jubelschreie, die sich anhörten wie das Geheul von Wölfen.
    Der schmale Wasserlauf endete an einer Gabelung unter Bäumen. Hier war die Anlegestelle, hier stieg der Hang zum nordwestlichen Hochtal auf. Die Khota hatten ihre Siedlung an der Mündung eines ostwärts fließenden Bachs angelegt. Das Gebiet begrenzten Hügel. Lachend und aufgeregt schreiend, strömten die Menschen die Pfade hinunter, die vom Hochland zu der Ansiedlung führten.
    Wie Perle erwartet hatte, verursachte die Ankunft der Khotakrieger ein großes Durcheinander. Kaum war das Kanu an Land gezogen worden, drängten sich schon die Menschen neugierig darum. Sie wollten schwatzen und Perle anfassen. Die neue Frau von Wolf der Toten beherrschte alle Gespräche.
    Woher kam sie? Wieviel hatten sie für sie bezahlt? War sie eine Wilde? Konnte sie sprechen wie ein Mensch?
    Starke Hände hoben Perle aus dem Kanu. Mondnarbe, Grizzlyzahn und Trabender Hund bildeten eine Eskorte, die sie vor der gefährlich andrängenden Menge schützte.
    Perle duckte sich und hätte am liebsten gefaucht wie ein wildes Tier, für das sie hier offensichtlich gehalten wurde. Ich bin eine Anhinga! Mit diesem Gedanken besiegte sie ihre Angst; sie stand aufrecht, mit erhobenem Haupt und stolz. »Grizzlyzahn, schneide mir die Fesseln an Armen und Beinen ab. Ich will nicht wie ein Tier behandelt werden.«
    Die Khota glotzten sie aus großen Augen an, streckten die Hände nach ihr aus.
    »Die redet ja«, flüsterte jemand.
    Dann war sie wieder im Gedränge. Jeder wollte Perle berühren. Aufrecht erduldete sie das Gewoge, die sie betastenden Finger, die drängenden Körper und die unverschämten Blicke. Sie fühlte, wie ihr die Fußfesseln durchgeschnitten wurden. Jetzt konnte sie wenigstens gehen - vielleicht sogar laufen.
    Die Menge bewegte sich hügelwärts. Die Krieger kümmerten sich nicht mehr um Perle, schützten sie nicht vor den Zugriffen; sie genossen ihre Heimkehr.
    Im Gewühl erhaschte Perle Blicke auf die Häuser der Khota, von denen die meisten mit vom Wetter grau gewordenem Schilf gedeckt waren. Sie maßen etwa vier Schritte in der Breite; die Dächer waren aus Balken konstruiert, die auf einem Pfosten in der Mitte ruhten. Trockengestelle und Sonnenblenden standen vor Vorratsgruben mit Krügen.
    Eine Hand versuchte, ihre Brust zu betasten; Perle schlug mit dem Ellbogen kräftig zu und hörte jemanden aufheulen.
    »Hört auf damit!« brüllte Grizzlyzahn. »Macht Platz! Behandelt man so einen fremden Gast?«
    »Wird doch besser behandelt, als andere fremde Gäste bei uns«, wandte ein junger Mann ein, worauf Gelächter ertönte. »Übrigens, wie viele Kinder habt ihr der Frau schon eingepflanzt, du und deine Krieger?«
    Ein Krummbeiniger schrie: »Ja, erzählt mal! Bringt ihr Wolf der Toten ein Feld, auf dem die Saat schon keimt?«
    »Niemand hat sie angerührt!« schrie Grizzlyzahn und grinste. »Das heißt natürlich nicht, daß wir nicht dran gedacht hätten.«
    Das brachte die Menge erneut zum Lachen.
    Perle zischte in ihrer Sprache: »Ihr Schmeißfliegen, ihr Maden in verfaultem Fleisch, ihr sollt an eurem eigenen Kot ersticken!«
    »Was hat sie gesagt?«
    »War nicht sehr schmeichelhaft.«
    »Wolf der Toten wird ihr diese Frechheiten schon austreiben.«
    Jetzt ging es steiler aufwärts, einen ausgewaschenen Pfad hinauf, der zu einem hohen Haus am Rand des rissigen grauen Sandsteins führte. Obwohl der Pfad eng war, drängte die Menge weiter. Perles Alptraum war noch nicht zu Ende. Sie wurde gestoßen, beleidigt und betatscht.
    Diese Demütigung werde ich ihnen nie verzeihen. Nie. Das schwöre ich.
    Vor dem Haus angekommen, verstummte die Menge plötzlich.
    Perle orientierte sich. Im Westen war die Sonne unter die schwarze Schattenlinie der Bäume gesunken, unter ihnen erstreckte sich das Ilinital von Norden nach Süden. Jenseits des Flusses im Osten verloren sich unregelmäßig angelegte Felder in Gehölzen und im Dickicht. In der Ferne stieg das Gelände zu einem Hochland an.
    »Kriegsherr!« rief Grizzlyzahn in das dämmrige Licht des Abends, »dein treuer Krieger und Bruder Grizzlyzahn ist von der Reise zurückgekehrt, auf die du ihn geschickt hast. Unsere Heimkehr ist

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