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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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drücken. Seine gerade, dreieckige Nase harmonierte mit dem breiten Mund und den hohen Backenknochen. Klare braune Augen, aus denen Klugheit sprach, begegneten aufmerksam dem Blick von Wanderdrossel.
    Als das Aufsagen der Abstammungsreihen endlich abgeschlossen war, wurde die Steinpfeife mit einer Mischung aus Tabak und Weidenspänen gefüllt und angezündet.
    »Der Blauentenclan heißt dich willkommen«, sagte Wanderdrossel, nachdem die Pfeife geraucht und dem Gast Speise und Trank gebracht worden waren. »Ich bin Wanderdrossel, Kriegsherr und Clansprecher der Blauentenfamilien. Iß und trink in Frieden, und mögen dir und deinen Ahnen alle Segnungen zuteil werden.«
    »Ich bin Hohe Feder aus der Familie Krummer Schweif vom Himmelsclan. Wie du weißt, bin ich aus dem Antilopental zu dir gekommen. Ich komme auf Befehl meines Großvaters, Sterngucker, der letzte der Hohen Ältesten von Himmelsort. Es ist eine der ältesten Sternwarten.«
    »Ich habe davon gehört«, erwiderte Wanderdrossel, während er die Pfeife erneut stopfte, anzündete und Hohe Feder zurückgab.
    Hohe Feder nahm die Pfeife, paffte und blies den Rauch zu dem länglichen Abzugsloch im Dach.
    »Mein Großvater ist kürzlich verstorben. Er starb durch Hexerei.«
    »Das tut mir leid.« Wanderdrossel zwang sich zur Geduld. Laß dir Zeit. Er wird schon zur Sache kommen. Diese alten Clans haben eine Menge an seltsamen Benimmregeln.
    »Ich fand ihn auf dem Sterbebett. Er klagte über Schmerzen in der Brust und sagte mir, daß der Zauberer, der ihn tötete, sein Herz gepackt habe und dann das Leben aus ihm herauspreßte.«
    »Mit solchen Zauberern sollte man streng umgehen.«
    »In der Tat, so ist es. Ich selbst muß zu meinem Clan zurück und an den Zeremonien für meinen Großvater teilnehmen. Gegenwärtig liegt er im Beinhaus. Vier Monde muß er dort liegen, bis sich das Fleisch von seinen Knochen gelöst hat. Wie es Brauch ist, bemalen wir dann seine Knochen mit rotem Ocker und bauen ein Grabmal - es wird ein ganz besonderes sein, weil er der letzte der Sterngucker ist.
    Ich werde gebraucht, weil ich dafür sorgen muß, daß alle Zeremonien ordnungsgemäß durchgeführt werden.«
    »Du bist ein würdiger Enkelsohn für einen so vornehmen Ältesten«, stimmte Wanderdrossel weise zu.
    Komm endlich zur Sache, verflucht!
    Der Langschädel trank aus seiner Suppenschüssel und fischte die Stücke Wildbret und Kürbis heraus, die auf dem Grund schwammen. Als er die Schüssel geleert hatte, stellte er sie ordentlich ab, und sein Rülpser zeugte von guter Erziehung. Dann neigte er den Kopf und sagte: »Ich stehe in deiner Schuld für dieses vorzügliche Mahl. Du erweist mir zuviel Ehre mit deiner Gastfreundschaft.«
    »Du ehrst mich mit deinem Lob für eine so bescheidene Gabe.« Jetzt heraus mit der Sprache!
    »Mein Großvater war ein höchst ehrwürdiges Mitglied unseres Clans. Nicht viele Älteste mit einem so reichen Wissen sind uns geblieben. Deshalb wurde sein Rat in meinem Volk auch hoch geschätzt.«
    »Ein weiser Mann, in der Tat«, stimmte Wanderdrossel mit einer ausholenden Handbewegung zu.
    »So unterrichteten wir ihn vom Treiben eines unserer Ältesten, eines Mannes von Macht und ausgezeichnetem Ruf. Großvater wußte also Bescheid, als dieser Älteste in Himmelsort eintraf.«
    »Langer Mann!« stieß Wanderdrossel aus und verletzte damit die Regeln der Langschädel. Als er die Miene von Hohe Feder sah, fügte er hinzu: »Verzeih meinen Ausbruch. Die Erwähnung des Magiers rührt Leidenschaft in mir auf.«
    »Es wühlt auch meine Seele auf, so wie mein Großvater davon erschüttert war.« Hohe Feder sah Wanderdrossel mißbilligend an. »Ich wäre nicht gekommen, hätte es mir mein Großvater nicht aufgetragen. Als er im Sterben lag, bestand er darauf, daß ich dich über die Hexerei des Magiers unterrichte. Ich soll dir sagen, daß er mit einer jungen Frau, ihrer Tochter und der gestohlenen Maske von Bunte Krähe unterwegs ist.«
    Wanderdrossel stützte einen Ellenbogen aufs Knie. »Und weiß der edle Mann Hohe Feder, wo sich der Zauberer und diese junge Frau aufhalten? Vielleicht auf dem Gebiet des Himmelsclans?«
    »Im Augenblick nicht, glaube ich.« Der Langschädel machte eine Geste des Bedauerns. »Einige unserer Jäger bemerkten jedoch Spuren, die nach Norden zum Oberlauf des Antilopenflusses führen.
    Da sie von der Tücke des Magiers nichts wußten, vermuteten sie, daß die Spuren von einer Frau und zwei Kindern stammten. Erst später wurde

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