Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
unterwegs dorthin, und Kupferkopf wartet bereits auf sie.«
Ein Feuer raste heiß durch die Adern von Biberpfote. »Er wartet auf sie? Was heißt das?«
Schwebestern steckte sich wieder einen Grashalm in den Mund und kaute darauf herum. »Das heißt, er weiß, dass sie kommt. Er hatte einen Geisttraum. Deshalb hatte er uns ausgeschickt, um Tauchvogel zu fangen.«
»Ich dachte, ihr wärt zufällig in Tauchvogels Trupp geraten.«
»Nein, nein. Kupferkopf wusste einfach, wo der Aufklärungstrupp vom Windeck-Clan lagern würde, und er wusste, dass Tauchvogel dabei sein würde. Es war merkwürdig. Tauchvogel entkam. Wir mussten ihn verfolgen. Aber schließlich haben wir ihn gefunden.«
»Heilige Ahnen«, murmelte Biberpfote. Die Sonnenmutter tauchte aus der Wolkendecke auf und leuchtete grell auf die Erde. Die Feuersteingeräte funkelten unbändig.
Biberpfote erinnerte sich an den Schmerz von Muschelweiß. Der Kummer hatte ihr schönes Gesicht hart gemacht. Die Erkenntnis, dass ihr Mann jetzt ein Gefangener war, musste sie ungeheuer erschüttert haben.
»Also hat Muschelweiß nach eurem Angriff auf Windeck-Dorf die Wahrheit gehört«, fragte er. »Von den Überlebenden?«
Schwebestern wedelte mit der Hand, als wollte er Insekten verscheuchen. »Vermutlich. Was spielt das für eine Rolle?«
Es spielte eine große Rolle. Denn wenn sie sich zum Dorf des Stehenden Horns aufgemacht hatte, dann brauchte sie Hilfe. Dringend. Einmal hatte sie Biberpfote um Hilfe gebeten, und er hatte sie ihr versprochen.
Beiläufig erkundigte sich Biberpfote noch: »Wie viele Krieger aus Windeck-Dorf sind ihr wohl noch geblieben, die sie begleiten könnten? Was glaubst du?«
Schwebestern schob den Grashalm mit der Zunge in seinem Mund herum. »Überhaupt keine! Wir haben so viele getötet, wie wir konnten. Aber noch interessanter ist«, Schwebestern hob einen Finger, »wenn der Traum von Kupferkopf stimmen sollte - und ich sag beileibe nicht, dass er stimmt -, dann hat sie nur noch den Blitzjünger dabei, und keine Rückendeckung sonst.«
»Keine Rückendeckung?« flüsterte Biberpfote ungläubig. »Aber wie will sie Tauchvogel befreien, ohne -«
»Wird sie nicht«, unterbrach ihn Schwebestern glucksend. »Sie wird selbst gefangen werden. So jedenfalls hat es Kupferkopf geträumt. Aber wer weiß? Ich gehe jetzt selber zurück, weil ich neugierig bin. Ich will wissen, wie es ausgeht.«
»Du glaubst nicht an Kupferkopfs Traum?«
Schwebestern seufzte verärgert auf. »Was weiß ich denn von Seelentänzern? Kupferkopf ist jedenfalls furchtsam, so viel kann ich sagen. Aber ein Mann mit Geistträumen? Davon war ich nie überzeugt.«
»Aber wenn er doch ein Seelentänzer ist?«
Schwebestern rieb sich über sein eckiges Kinn und sah Biberpfote von der Seite an. »Das wäre ziemlich schlimm. Aber er weiß offenbar tatsächlich Dinge, die niemand anders, nicht einmal ein Geistältester vom Clan des Stehenden Horns weiß.«
»Aber es ist auch möglich, dass er einfach wahnsinnig ist.«
Schwebestern nickte. »O ja, das glaube ich auch. Kupferkopf ist in der Tat der Meinung, dass diese Morde den Blitzvögeln den Weg frei machen, so dass sie herabstoßen und ihn und seine Anhänger zu einer neuen Welt jenseits der Sterne bringen können.« Er lachte spöttisch. »Komm doch mit und hör dir das selber an. Selbst wenn Kupferkopf wahnsinnig ist, kann er sehr unterhaltsam sein.«
Biberpfote verspürte ein Prickeln im Magen, aber er lächelte und machte mit seinem nun fertigen Kratzer eine vage Handbewegung. »Vielleicht mache ich das wirklich. Wenn ich meine Weggenossen zum Mitkommen überreden kann.«
»Das ist nicht schwierig«, sagte Schwebestern. »Überrede Schwarzer Regen, und damit ist auch Kahlhecht überredet. Der folgt ihr doch wie ein verirrtes Wolfsjunges. Es ist richtig peinlich. Weiß er nicht, wie lächerlich er sich macht? Jedenfalls kannst du Schwarzer Regen leicht überzeugen. Sag ihr einfach die Wahrheit: In jedem Mond ist einmal ein großes Muschelspiel im Dorf des Stehenden Horns. Da kommen Leute von weit her, um auf die Spieler zu wetten.« Er nahm den Grashalm aus dem Mund und warf ihn weg. »Sag ihr das, dann ist sie eher dort als du.«
Die Blicke von Biberpfote glitten hinüber zu Schwarzer Regen. Zum ersten Mal in all diesen Tagen wusste er nun, wohin sein Weg führte. Ihre Besessenheit rechtfertigte sein Kommen. Lange Haare umflossen die Kurven ihres makellosen Körpers und betonten die breiten Hüften und die
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