Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
Zu wissen, wie man den Hammerstein handhabte, das war das ganze Geheimnis; die Schlagrichtung war entscheidend.
Wenn man mit dem Hammer direkt von oben auf einen Feuersteinknollen hieb, dann erzielte man keinen Span, sondern einen Kegel, ein kleines spitzes Stück Stein, das zu nichts nutze war. Man musste im schrägen Winkel schlagen.
Biberpfote griff nach einem eckigen, etwa handgroßen Knollen, der vier Finger breit war. Zuerst überprüfte er ihn auf Oberflächenschäden, die den Stein unbrauchbar machten, und als er keine fand, nahm er seinen Hammerstein, einem runden harten Quarzit, der in seine rechte Handfläche passte. In Gedanken sah er die Schlagfläche am oberen Ende des Knollens. Der Stein würde wie von selbst geradlinig durch die Mitte des Kegels brechen; das bedeutete, dass er den Feuerstein genau im richtigen Winkel treffen musste, wenn er einen guten Abschlag haben wollte. Lange dünne Späne ergaben ausgezeichnete Klingen, um Fleisch zu schneiden, während dickere Späne zu Kratzern oder Hackmessern zum Zerkleinern von Pflanzen bearbeitet werden konnten.
Biberpfote drehte seinen Feuerstein auf die Seite, legte ihn der Länge nach vor sich und vergewisserte sich über die richtige Aufschlagstelle, nahe am rechten Rand. Diesen Punkt nannte man das Schlagauge. Da er eine flache Klinge erzielen wollte, schlug er im spitzen Winkel zu. Der Span brach ab, wie er sein sollte, etwa so lang wie sein Zeigefinger und ein Drittel so breit.
Schwebestern beobachtete Biberpfote prüfend. »Es tut mir Leid. Ich hätte nicht lachen sollen. Ich glaube dir, dass du sie liebst. So wie ich all ihren Männern geglaubt habe. Sie hat eine unnatürliche Wirkung auf Männer.«
Biberpfote zog seine buschigen Brauen zusammen. Er hatte noch keine Möglichkeit gefunden, sich das Haar zu waschen, das jetzt in schmutzigen Strähnen um sein dickes Kaulquappengesicht hing.
Aufgebracht sagte er: »Was weißt du schon von Schwarzer Regen?«
Schwebestern unterdrückte seine Erheiterung. »Also, das wäre eine ziemlich lange Geschichte. Wo soll ich da anfangen?« Ein letzter ununterdrückbarer Gluckslaut kam ihm noch in die Kehle. Er schüttelte den Kopf und betrachtete die Wolkenbäusche, die über den blauen Himmel zogen. Die Sonnenmutter stand direkt über ihnen und zwang ihn zu blinzeln.
Biberpfote blieb stumm und mürrisch. Er änderte den Aufschlagwinkel, um einen dickeren Abspliss zu erzielen. Es sollte ein Kratzer werden, wenn er die Kanten geschärft hatte. Zu diesem Zweck breitete er das Lederstück über seine linke Handfläche, legte den dicken Abschlag darauf und schlug die Lederkante mit dem Daumen darüber, so dass er den Abschlag auf der linken Seite erfassen konnte. Mit dem Geweihstößel schlug er dann kleine Späne von der Oberfläche ab, um den Abschlag abzurunden und ihm eine ausgezackte Schneidfläche zu geben.
Schwebestern betrachtete Biberpfote. »Im Grunde willst du gar nicht hören, was ich zu sagen habe, nicht wahr?« »Ich höre zu. Erzähl deine Geschichte.« Schwebestern lächelte. »Bist du sicher? Nicht wütend auf mich hinterher? Der letzte ihrer Liebhaber, den ich versuchte zu warnen, drohte, mir die Kehle durchzuschneiden.«
»Ich bin nicht wie ihre anderen Liebhaber.« »Wirklich nicht?« Schwebestern betrachtete ihn forschend.
Biberpfote schaute auf. »Vielleicht schneide ich dir die Kehle durch - aber nicht wegen deiner blödsinnigen Geschichten.«
Schwebestern brach in schallendes Gelächter aus und schlug auf den Boden. »Ach, Biberpfote, ich mag dich. Also gut. Ich werde dir eine meiner blödsinnigen Geschichten erzählen.« Er stützte sich auf einen Ellbogen. »Ich habe Schwarzer Regen vor zehn Sommern getroffen, in der Frühjahrssiedlung vom Dorf des Stehenden Horns. Sie versuchte, Kupferkopf auf sich aufmerksam zu machen, aber er wollte nichts mit ihr zu tun haben. Ich hingegen weiß Schönheit zu schätzen. Und da sie sich für einen so günstigen Preis anbot, zwei Tritonshornschalen, habe ich zugegriffen.«
Schwebestern steckte sich einen gepflückten Grashalm in den Mund und schien Erinnerungen nachzuhängen. Lüsternheit zeigte sich in seinem Ausdruck.
Biberpfote saß so reglos da, dass sein grauer Feuersteinkratzer das Sonnenlicht auffing; er hielt ihn wie einen Muschelschalenspiegel. Nur der verblichene Stoff über seiner breiten Brust bewegte sich im Takt seines vom Ärger beschleunigten Atems. Er legte den Kratzer zur Seite und sagte: »Ich weiß nicht viel von ihr,
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