Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze
außer dass sie zum Clan meiner Frau gehört, aber es ist mir gleich, was sie getan hat -«
»Deiner Frau?« brüllte Schwebestern und schlug sich auf die Schenkel. »Dann bist du nicht nur ihr Liebhaber, sondern auch noch ein Ehebrecher! Das wird ja immer schöner! Sprich weiter!«
Biberpfote blickte auf den wachsenden Haufen seiner Steingeräte hinunter. Er biss die Zähne zusammen. »Ich bin seit zehn und fünf Sommern mit Wasserträgerin verheiratet, und in der ganzen Zeit habe ich Schwarzer Regen kaum gesehen. Sie war die meiste Zeit unterwegs. Wenn sie allerdings zurückkehrte, hat es immer Streit gegeben. Ich habe nie gewusst, was ich von ihr halten sollte - außer dass sie eine aufregende Frau war.«
»Nun, das ist wohl nicht zu leugnen«, sagte Schwebestern zustimmend. »Wie viele Kinder hast du?«
»Sieben.«
Schwebestern gluckte abermals, diesmal aber leise und geringschätzig. »Kein Wunder, dass sie dich unbedingt haben wollte. Was für ein Triumph! Ein Befehlshaber - und verheiratet, mit Kindern. So einen Liebhaber wie dich hat sie sich bestimmt noch nie eingefangen, Biberpfote. Die meisten ihrer Verehrer sind doch kleine miese Ratten, mit denen man nicht verkehrt. Aber du! Ha! Sie muss sich ja so mächtig fühlen wie Schwester Mond!« Schwebestern beugte sich nahe zu Biberpfote und flüsterte:
»Erzähl mir! Wie hat sie's gemacht?«
»Was gemacht?«
»Wie hat sie dich dazu gebracht, alles für sie aufzugeben? Du bist doch tüchtig und warst wohl angesehen bei deinen Leuten. Da muss doch mehr dahinter stecken als dieser hinreißende Leib. Was hat sie gemacht? He? Erzähl's mir ruhig.«
Biberpfote biss die Zähne wieder zusammen. Die Unterhaltung, die er mit Schwarzer Regen am Abend von Teichläufers Hochzeit mit Muschelweiß geführt hatte, die wollte er nicht wiederholen. Schwebestern würde die Geschichte vom Kernholz-Clan nicht verstehen, und Biberpfote konnte sie nicht vergessen. Nein, er war immer noch der Meinung, dass Schwarzer Regen ihm die Wahrheit gesagt hatte. Die Ältesten hätten ihn streng bestraft, so wie sie Lenzwolke bestraft hatten.
Schwebestern wartete; seine Augen glitzerten erwartungsvoll. Aber Biberpfote beschloss, das Thema zu wechseln. »Du hast vom Dorf des Stehenden Horns gesprochen. Warst du kürzlich mal da?«
Schwebestern streckte sich auf dem Gras aus und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Der Grashalm wanderte von einem Mundwinkel zum andern. Sein eckiges Gesicht mit dem kantigen Kinn hob sich braun vom welken Gras ab. »Natürlich. Es ist mein Clan.«
»Dein Clan?« fragte Biberpfote. »Das Dorf vom Stehenden Hörn ist dein Clan? Dann weißt du doch sicher vom Überfall auf Windeck-Dorf? Ich habe gehört -«
»Ob ich davon weiß?« erwiderte Schwebestern. »Ich war dabei. Ich habe mehr von diesen jämmerlichen Kriegern getötet, als man von mir erwartet hätte.«
Hämisch verzog er seinen Mund, und zugleich fing das Blut von Biberpfote zu kochen an. Offenbar war es Schwebestern nicht bewusst, dass er gerade damit geprahlt hatte, die neuen Verwandten von Biberpfote ermordet zu haben. Oder vielleicht doch, und es kümmerte ihn nicht, dass diese Nachricht Biberpfote das Recht gab, ihm auf der Stelle die Leber herauszuschneiden.
»Ich habe gehört, dass Muschelweiß dort war«, sagte Biberpfote ruhig.
»O ja.« Schwebestern lachte. »O ja! Sie war fabelhaft. Sie bewegte sich wie ein fliegender Speer und machte alles nieder, was ihr im Weg war. Es war ein großartiges Schauspiel.«
»Obwohl sie deine Verwandten abschlachtete?«
»Aber gewiss!« rief Schwebestern aus. »Ich habe nicht gesagt, dass mir das gefiel. Ich habe ja selbst versucht, sie zu töten. Aber das tut meiner Bewunderung für ihr kriegerisches Geschick keinen Abbruch.« Er lächelte. »Ich möchte ja gar zu gern wissen, was geschieht, wenn sie im Dorf des Stehenden Horns ankommt.«
Biberpfote runzelte die Stirn. »Wieso will sie denn dorthin?«
»Hast du davon nichts gehört?« Schwebestern spuckte den Grashalm aus und starrte Biberpfote mit offenem Mund an. »Kupferkopf hat ihren Mann gefangen, Tauchvogel! Ich selbst habe die Nachricht dem Windeck-Dorf überbracht. Ich -«
»Tauchvogel lebt?«
»O ja. Jedenfalls als ich ihn zum letzten Mal sah, da war er noch lebendig. Ich muss allerdings sagen, sehr wohl sah er nicht aus.« Schwebestern grinste. »Aber er war immerhin noch so lebendig, dass er seine Frau anzog wie frisches Blut die Fliegen. Ich bin sicher, Muschelweiß ist schon
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