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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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hervortrat. Darauf starrte sie jetzt. Die heftige Sehnsucht und die Aufrichtigkeit in seiner Stimme machten ihr das Herz schwer; was wusste er schon von Liebe und den damit verbundenen Schwierigkeiten, von denen es viele gab, gleichgültig, wie gern sich zwei Menschen hatten. Er war ein Junge, jetzt zehn und fünf Sommer alt, und hatte bis jetzt noch nicht einmal ein Mädchen geküsst, jedenfalls soviel sie wusste, und da die Mädchen bei seinem Anblick die Flucht ergriffen, schien ihr, dass sie wohl Recht hatte. Wie konnte er da die möglichen Verwicklungen der Liebe verstehen?
    »Also ich hoffe, dass es sich so ergibt, Teichläufer, aber manchmal ist das nicht der Fall. Nein, unterbrich mich nicht. Hör mir lieber kurz zu. Muschelweiß hat ihren Mann sehr geliebt. Der alte Schote, dieser verdorrte Knüppel, hat sogar gemeint, er habe Angst, dass sie sich nach Tauchvogels Tod das Leben nehmen könnte. So sehr hat sie diesen Mann geliebt. Im Grunde will sie ohne ihn gar nicht mehr leben.« Ihre Stimme wurde weich, als sie sich dabei an ihren eigenen verstorbenen Mann erinnerte. Sie hatte nie aufgehört, an ihn zu denken. Er war in ihren Träumen bis zum heutigen Tag, er sprach mit ihr, er liebte sie. »Das verstehe ich. Ich habe auch großes Leid erfahren, als dein Großvater starb. Du musst dich also einfach damit abfinden, dass du nur ein ärmlicher Ersatz für einen Mann bist, den Muschelweiß liebte, mit dem sie länger als ihr halbes Leben lang zusammen war. Vielleicht wird sie dich eines Tages lieben können. Vielleicht erlaubt sie sich das selber - aber erst nach langer Zeit. Vielleicht erwägt sie erst nach drei oder vier Sommern, dich zu lieben. Verstehst du das?«
    »Ja, Großmutter«, sagte er gehorsam, doch er klang nicht überzeugt. Auch gut. Wenn er sich innig und leidenschaftlich genug wünschte, dass sie ihn liebte - vielleicht gelang es ihm.
    »Noch etwas zum Schluss«, sagte Mondschnecke. Teichläufer sah unter seinen weißen Wimpern hoch.
    »Muschelweiß ist es gewohnt, in einer bestimmten Art und Weise berührt zu werden. Liebende lehren sich das gegenseitig. Frag sie, was ihr Spaß macht, und hör genau zu, wenn sie dir sagt, was ihr keinen Spaß macht.«
    Mondschnecke deutete mit dem Stock auf ihn. »Das hörst du wahrscheinlich nicht gern, aber ich halte es für nötig, dir das zu sagen: Wann immer ihr Körper dich liebt, mein lieber Enkel, wird sie vermutlich die Augen schließen und Tauchvogel vor sich sehen.« Er ließ den Kopf hängen. »Du meinst -« »Genau das. In ihrem Herzen wird sie Tauchvogel lieben, nicht dich.« Angesichts seiner Niedergeschlagenheit sagte sie: »Aber das wird sich ändern, Teichläufer. Doch du musst ihr Zeit zum Trauern lassen. Dich in ihrer Nähe zu wissen, wird ihr ein Trost in ihrem Kummer sein. Behandle sie liebevoll. Sie ist eine ehrbare Frau, und zu diesem Zeitpunkt sehr verletzlich, obwohl sie das nie zugeben würde. In ihrem Gram ist sie vielleicht sogar versucht, dich heftig anzugreifen, ohne Warnung, ohne Grund. Das musst du verstehen und übergehen. Sie wird sicher lernen, dich zu lieben, wenn du ein treuer und liebevoller Ehemann bist.« »Das werde ich sein, Großmutter, das will ich auch gern sein.«
    Mondschneckes alter Mund zitterte. Bekümmert stieß sie ihren Stock auf die Matten, hierhin und dorthin, stach auf ein verblichenes blaues Muster ein, dann auf ein gelbes. Teichläufer sah ihr gespannt zu, als spürte er ihre Bangigkeit. Er würde ein neues Leben beginnen, von Mondschnecke weit entfernt, und sie wollte ihn eigentlich nicht gehen lassen. Die letzten zehn und fünf Sommer lang hatte sie ihn behütet und beschützt, und jetzt musste sie diese Aufgabe einer anderen Frau überlassen. Das beunruhigte sie. Sie liebte ihren Enkel sehr, und er war so zart, litt immer unter Sonnenbrand und Kopfschmerzen. Helles Licht schmerzte ihn in den Augen, und er konnte kaum weiter sehen als zweimal zehn Handbreit weit, dahinter bestand die Welt, wie er sagte, nur noch aus Klecksen in vielen Farben. Doch Muschelweiß würde sicher auf ihren Enkel Acht haben, in dieser Hinsicht hatte Mondschnecke keine Zweifel. Aber es tat einfach weh. Sie zog die Nase hoch und wischte sich die trüb gewordenen Augen mit dem Ärmel ab.
    »Alles in Ordnung, Großmutter?« wollte Teichläufer wissen.
    »Nichts ist in Ordnung. Du wirst mir fehlen. Du warst eine Freude für mich, Teichläufer.«
    Teichläufer erhob sich mit Mühe und ging durch die Hütte, um sich neben

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