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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Meisterin der Folter. Sie hat uns genug Essen mitgegeben, um uns einen halben Mond lang zu mästen - und um mir zu beweisen, dass ich seit meiner Jugend jeden verdammten Muskel behalten habe.«
    Verblüfft öffnete Teichläufer den Mund und kehrte zu ihm zurück. »O Schote, es tut mir Leid. Bitte, lass mich das für dich tragen. Ich -« Er streckte die Hand aus.
    »Nein, nein«, sagte Schote. »Mir geht's gut, wirklich. Du hast selber eine Tasche zu tragen. Ich wollte dir nur andeuten, dass du die Pflicht hast, heute Abend kräftig zuzulangen, um es mir etwas leichter zu machen.«
    »Gern«, erwiderte Teichläufer und flüsterte vertraulich: »Und je eher, desto besser. Ich habe solch einen Hunger, dass ich einen Walfisch verschlingen könnte.«
    Muschelweiß hatte sie angetrieben und von ihnen verlangt, von Tagesanbruch bis in die Nacht flott durchzumarschieren. Die Sorge, die Schote schon gequält hatte, war bei ihr in Verzweiflung umgeschlagen. Sie waren zu lange fort gewesen, und sie wußten es beide. Er hätte schwören können, dass in den letzten neun Tagen, seit sie Windeck-Dorf verlassen hatten, weitere Silbersträhnen in ihrem glänzenden schwarzen Haar aufgetaucht waren.
    Muschelweiß blieb stehen und sah zu den beiden Männern zurück. Sie hatte das Haar zu einem langen Zopf geflochten, der ihr mitten über den Rücken hing, und trug ein einfaches hellbraunes Gewand mit einem Lederriemen als Gürtel. Äußerlich erschien sie gefasst, aber Schote wusste es besser; er sah die Angst hinter ihrem starren Gesichtsausdruck. Mit einer Hand strich sie dauernd über die Schäfte ihrer Speere wie eine Frau, die der Gedanke peinigte, sie könnten im Regen nass geworden sein, vom Wasser so vollgesogen, dass sie nicht mehr gerade fliegen würden.
    »Und wie geht es dir, meine schöne Tochter?« rief er.
    Sie betrachtete die goldenen Bäuche der Wolken, die müßig über den blaugrauen Hintergrund der kommenden Nacht dahinzogen. Möwen kreischten und kreisten über ihnen. »Wir haben nicht mehr viel Licht. Wir sollten heute Abend etwas eher unser Lager aufschlagen, wir haben einen langen Marsch hinter uns.«
    Schote schlug Teichläufer freundschaftlich auf den Rücken und sagte: »Die beiden Männer deines Lebens würden es dir danken.«
    Sie gingen weiter, und Teichläufer bat: »Lass mich das tragen, Schote, bitte.«
    »Nein, nein, wirklich. Ich fühle mich gut.«
    »Aber ich bin viel jünger als du. Also bitte, lass mich das nehmen«, sagte er, hob den Sack von Schotes Rücken und schulterte ihn selber.
    Schote lächelte. »Also ich werde keine Gewissensbisse haben, wenn ich dich den Sack das kurze Stück tragen lasse«, sagte er. »Vielen Dank, Teichläufer.«
    Sie folgten Muschelweiß um die schimmernde Lagune herum zu den Bäumen, die vor ihnen eine dunkelgrüne Mauer am Strand entlang bildeten.
    Als die Nacht einfiel, verstärkten sich die Gerüche von Fisch und Salzwasser und brachten Schotes Magen zum Knurren. »Ich glaube, ich habe sogar noch mehr Hunger als du«, sagte er murmelnd zu Teichläufer. »Die große Muschelweiß lässt es offenbar stillschweigend zu, dass uns beide der Hunger schwächt, damit wir uns nicht mehr über dieses mörderische Tempo beschweren.«
    »Ich glaube, sie hat Angst, Schote«, meinte Teichläufer leise. »Jede Nacht wacht sie mehrmals auf und greift nach Speeren und Atlatl, als ob sie einen Angriff erwartete. Ich verstehe es nicht. Ich habe versucht, ihr ein Gefühl der Sicherheit zu geben.«
    Schote starrte in die unendlich tiefen rosa Augen und lächelte gütig. »Die meiste Zeit ihres Lebens war sie eine Kriegerin, Schwiegersohn. Sie weiß, die einzige Sicherheit im Leben hängt nur von ihr selber ab, von ihren eigenen Fähigkeiten. So alte Gewohnheiten verschwinden nicht, bloß weil man frisch verheiratet ist. Danken wir den Geistern für ihre Wachsamkeit.«
    Teichläufer nickte feierlich. »Ja, ich bin auch dankbar, aber ich liebe sie nun einmal, ich liebe sie so sehr, Schote. Ich will, dass sie glücklich ist.«
    »Das kommt noch. Liebe sie nur genauso weiter.« Schote drückte seinem Schwiegersohn die Schulter.
    In freundschaftlicher Verbundenheit gingen sie schweigend weiter und wichen den Wellen aus, die über den Sand heran- und zurückrollten. Einige große Muschelschalen waren angespült worden; ihre rosigen Innenseiten glänzten im Dämmerlicht.
    In der Nähe der Bäume sah Schote, wie Muschelweiß sich niederhockte und das Atlatl aus dem Gürtel zog; seine Finger

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