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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Zähne zusammen; die ganze Nacht leide ich schon darunter. Ich rutsche lautlos fort von Muschelweiß, damit sie mein Unbehagen nicht spürt, rolle mich wieder auf den Rücken und zerknittere krampfhaft die Decke. Der winzige Blitzvogel, der in meiner Brust glüht, reckt sich und poltert vor Freude, dass er das Donnerei aufbrechen kann. Als der Vogel seine neuen Flügel aufspannt, fällt ein feuriges Schalenstück von ihm ab und löst einen Ausbruch gleißenden Lichts aus.
    Ich kann nicht mehr atmen, meine Lungen schmerzen.
    Der Vogel versucht auszubrechen. Ich spüre, wie die Hitze steigt, fällt und wieder steigt. Bei jedem Auflodern fallen weitere Schalenstücke ab und fangen Feuer, und bizarre, gespenstische Bilder blitzen vor mir auf: Zwei Männer auf einem Strand … eine Puppe … ein Wirbelsturm … Die Szenen sind wie Dunst in meinen Fingern, sie entgleiten mir hierhin und dorthin, und ich kann sie nicht festhalten.
    Donner durchrüttelt mich.
    Ich spanne die Muskeln an und zwinge mich zur Ruhe.
    Durch das Donnern hindurch höre ich eine Stimme, weich und leise, und sie ruft mich beim Namen.
    Seit mehr als zwei Zeithänden hatte Rotalge am Ufer den silbern überschäumten Wellen zugesehen, wie sie sanft auf sie zurollten und ihre Füße umspülten, und höflich zugehört, wie Schote, ihre Großmutter und ein alter Krieger namens Schwemmstock über Kupferkopf sprachen. Mit unterdrückter Stimme redeten sie von verbrannten Dörfern und getöteten kleinen Kindern, von der Vernichtung des Windeck-Spähtrupps und von der sicher zu erwartenden Ausdehnung der Kriegszüge.
    »Ja, davon bin ich überzeugt«, sagte Schote. Die Leuchtleute sprenkelten den Himmel mit flimmerndem Glanz, schauten hinab auf die Menschen, lauschten und beobachteten. Schote atmete heftig aus. »Kupferkopf hat all seine Seelen verloren. Ich bin sicher, dass er wahnsinnig ist. Völlig wahnsinnig. Da hat es seit vielen Sommern Gerüchte über sein sonderbares Verhalten gegeben, aber -«
    »Es wäre viel schrecklicher, finde ich«, meinte Mondschnecke, »wenn er geistig gesund wäre. Solche Wahnsinnstaten von einem normalen Menschen lassen doch darauf schließen, dass er einen Plan verfolgt, und das würde mir Angst einjagen.«
    »Einen Plan?« fragte Schwemmstock, ein hoch gewachsener schmächtiger alter Mann mit schütterem grauen Haar und einer Hakennase. Er trug eine dunkelbraune Tunika, die mit Schneckenmuscheln geschmückt war. »Was meinst du damit?«
    »Einfach, dass er vielleicht nicht aus Hass oder aus Rache handelt«, sagte Mondschnecke. Es klang unheilvoll. »Ich kann nicht glauben, dass Kupferkopf ein Verrückter oder ein Wahnsinniger ist - vergib mir, Schote. Das ist nicht als Missachtung gemeint. Ich frage mich nur, ob diese beliebigen Überfälle auf Dörfer hie und da nicht beabsichtigt sind, um auf uns einzuwirken.«
    Schote rieb sich das Kinn und kniff die Augen zusammen. »Meinst du, um uns vielleicht dazu zu zwingen, Bündnisse durch Heirat zu schaffen? Um unsere Abwehr zu stärken?«
    »Vielleicht«, erwiderte Mondschnecke. »Oder um uns zu zwingen, unsere Dörfer zusammenzulegen.«
    »Aber wozu?« fragte Schwemmstock. »Was nützt ihm das?«
    »Er würde uns zum Beispiel alle schön auf einem Fleck haben«, sagte Mondschnecke.
    Die Brise zauste Schotes weißes Haar; es fiel ihm in die Stirn, als er unverwandt auf Mondschnecke starrte. »Heilige Schwester Mond! Du hast mir gerade einen Riesenschrecken eingejagt. Darauf wäre ich nie gekommen.«
    Die Ältesten sprachen weiter, aber Rotalge hörte nicht mehr zu. Sie konnte jetzt kein einziges Wort mehr über Krieg und Tod vertragen. Sie blickte zum Dorf zurück und sah die Tänzer im Ockerlicht der Freudenfeuer herumspringen. Die Macht des Sturms war gebrochen, nur schwarze Wolkenfetzen zogen noch nach Westen. Am Rand der Plaza lagen Kinder auf Windgezausten Decken und schliefen.
    Alte Männer und Frauen hatten sich in der Nähe der Ratshütte mit ihren kleinen eckigen Webstühlen zusammengefunden und webten, während die letzten Nachtschwärmer immer noch tanzten und sangen, um das frisch getraute Paar zu feiern.
    Rotalge hatte gesehen, wie Muschelweiß Teichläufer über den Hirschpfad zur Hochzeitshütte führte; er hatte krank ausgesehen. Ob es ihm gut ging? War er fähig gewesen auszuführen, was er tun musste?
    Schon daran zu denken ließ Rotalge erröten. Sie musste sich noch an die Vorstellung gewönnen, dass ihr Bruder jetzt eine Frau hatte. Ein merkwürdiges Gefühl

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