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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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färbte den Himmel tief purpurn. Von der Anhöhe aus konnte Maisfaser weit in die Ferne blicken. Tafelberge erhoben sich unvermittelt aus dem grauen Land. Die Strahlen der tiefstehenden Sonne warfen lange Schatten über die beifußbestandenen Senken und vermischten sich mit den schwarzen Wassergräben, die die Niederungen im Zickzack durchzogen. Zu ihrer Rechten stieg das Territorium der Clans der Grünen Mesa in kühlen, grünen Terrassen zum Himmel auf; die Ausläufer der Hügel waren mit Kiefern bedeckt.
    Weit vor ihr türmten sich Wolken über Lanzendorf auf, deren Unterseiten bernsteinfarben schimmerten, vielleicht infolge eines Strahls der Abendsonne, der seltsam durch die Wolken einfiel. Maisfaser stieß den Atem hörbar aus. Sie vermißte ihre Eltern und Zikade. Den ganzen Tag hatte sie die schöne Stimme und das neckende Lachen ihrer Mutter gehört, und sie war innerlich ganz wund. Daß ihre Pläne durchkreuzt worden waren, war schon unangenehm genug, aber außerdem hatte sie Heimweh.
    In der Nacht hatten sie wunderliche und quälende Träume heimgesucht. Sie fiel taumelnd durch einen flammenden Himmel, und ein riesiger Bär mit weißer Schnauze hatte sie dauernd umkreist, in der Absicht, sie vor dem Aufprall zu retten. Zum Schluß hatte er ihr geraten, auf seinen Rücken zu klettern, und sie hatte sich, auf ihm reitend, an seinem Nackenpelz festgehalten, während er von Wolke zu Wolke sprang. Als er auf der Erde landete, stieg sie ab und streichelte ihm liebevoll den Hals, zutiefst dankbar für alles, was er für sie getan hatte…
    Sie wanderte über den Hügelkamm und sah, wo der braune Pfad sich gabelte und in das wacholderbestandene Tal abzweigte. Sie prüfte die Lage genau. Wenn sie jetzt losrannte, könnte sie in weniger als einer halben Zeithand zu Hause sein. Sie hatte keine Lust zu bleiben. Sie wußte, daß ihre Eltern das nicht wollten, aber wenn sie könnte, dann…
    Steinerne Stirn würde dich leicht erwischen; du bist schon einmal mit ihm um die Wette gelaufen, und er ist viel schneller als du.
    Übrigens auch Vogelkind. Sie beobachtete die beiden jungen Männer, die auf dem Kamm ankamen und auf sie zumarschierten. Nach ihren lächelnden Gesichtern zu urteilen, hatten sie rasch Freundschaft geschlossen. Vogelkind würde wahrscheinlich Steinerne Stirn helfen, sie zu packen und trotz ihres Tretens und Schreiens zu Onkel Hirschvogels Haus zu schleppen.
    »Wir könnten heute nacht hier lagern«, sagte Steinerne Stirn, als er bei ihr angelangt war. Seine gelben Ärmel flatterten in einem plötzlichen Windstoß. »Das ist ein guter Platz.«
    Vogelkind schaute sich um und nickte. »Gut. Ich gehe jetzt etwas Holz holen, und dann -« »Ihr Schwachköpfe«, sagte Maisfaser angewidert. »O ja, das ist ein guter Platz. Hier oben können uns nämlich feindliche Krieger einen halben Tagesmarsch entfernt sehen. Ein Feuer hier, das ist weit im Süden zu sehen, sogar noch von den Feuerhunden, ganz zu schweigen von den Türmbauern und den Horden der Wilden. Außerdem wird uns der Windjunge hier oben die Haut bis aufs Fleisch aufscheuern.« Sie warf ihren Bogen in Richtung Weggabelung. »Ich werde unten in den Wacholderbüschen lagern.«
    Vogelkind grinste und rümpfte die Stupsnase. »Sie hat recht, weißt du. Es wäre sicherer. Brennholz ist da unten auch leichter zu finden. Vielleicht können wir sogar einem Hirsch auflauern oder uns ein paar Vögel aus den Bäumen holen.«
    Maisfaser und Vogelkind sahen Steinerne Stirn an und warteten auf eine Antwort.
    Der junge Krieger stand stocksteif, die dunklen Brauen herabgezogen, und starrte unverwandt auf das Hochland im Norden. Seine Wangen färbten sich rot, als hätte sich sein Herzschlag verdoppelt. Vogelkind fragte: »Was ist? Was siehst du?«
    Maisfaser wandte sich mißbilligend um und schaute nach Norden. Der Glanz von Vater Sonne war gänzlich erloschen, der goldene Schein war also keinesfalls eine sonderbare Widerspiegelung des Lichts. Hatte das Lanzenblattdorf ein riesiges Freudenfeuer entzündet? Oder -
    Steinerne Stirn keuchte. »O heilige Götter!« Schnell wie der Blitz raste er hügelabwärts. Maisfaser überlief es kalt. Sie floh ihm nach, das Bündel wippte ihr über den Rücken. Eine klägliche Stimme in ihrer Seele flüsterte: Nein, das ist unmöglich …
    Vogelkind holte sie ein und rief: »Jetzt ist es geschehen, Maisfaser - genau wie unsere Eltern gefürchtet haben.« Er stürmte an ihr vorbei.
    Mit zusammengekniffenen Augen blickte sie durch

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