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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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hinauf folgte. »Stechmücke… siehst du das? Das hier… und das hier?«
    Stechmücke neigte den Kopf, verwirrt. Nicht laufend. Nicht einmal gehend. Sondern tanzend! Trotz der Verwischungen durch den Regen zeigten die Fußabdrücke ganz klar, daß der Mann sich beim Hinaufklettern um sich selbst gedreht hatte, seine Zehen wiesen erst in die eine, dann in die andere Richtung.
    Die Krieger folgten in Einzelreihe und betrachteten die Spuren genau.
    Oben angekommen, beugte sich Spannerraupe hinab und betastete den Knieabdruck im Boden. Stechmücke schaute ihm über die Schulter. Der Mann hatte hier gekniet, das rechte Knie auf der Erde. Nur der Abdruck der Zehen des linken Fußes war zu sehen, er hatte sich also leicht nach vorn geneigt, wahrscheinlich um sich abzustützen…
    Stechmücke warf den Kopf hoch und spähte in die Richtung, die der Mann genommen haben mußte. Da lag ein grünlicher Stoff, der sich vom Winterbraun der Gräser abhob. Vorsichtig schlich er weiter, bis er die langen schwarzen Haare sah, die die Person einrahmten…
    Heilige Thlatsinas!
    Er fiel in Laufschritt.
    Stechmücke kniete sich neben sie. Sie lag auf dem Gesicht, ein Pfeil hatte sie von hinten durchbohrt. Das Blut hatte ihr grünes Kleid durchnäßt und die niedergedrückten Gräser bespritzt. Spannerraupe kam herbei und beugte sich stirnrunzelnd vor. »Wer ist es?«
    »Ich weiß nicht, aber ein Pfeil durch die Lunge kann nicht eine solche Blutlache verursacht haben.« Der ganze Boden um sie herum war vom Blut aufgeweicht. Sie war gestern umgebracht worden, oder vielleicht in der letzten Nacht, denn das Blut war geronnen und schwarz.
    Stechmücke packte sie an der Schulter und drehte sie auf den Rücken.
    Spannerraupe zog erschreckt den Atem ein.
    »Was ist das für eine Grausamkeit?« Stechmücke ballte die Fäuste.
    Von der Leiste bis zu den Brüsten war ihr Bauch aufgeschlitzt worden - aber sehr sorgfältig. Keines der inneren Organe war verletzt worden, jedes, einschließlich des Zwerchfells, war an seinem Platz, aber ein merkwürdiger Glanz überzog die Innenseiten der Schenkel. Sperma? War sie vergewaltigt worden? Stechmücke schauderte; er fragte sich, ob der Mörder sie genommen hatte, während sie noch lebte oder nachdem er sie umgebracht hatte. Die glatten Stellen im Sand und die Erde auf dem Hinterkopf und dem Kleid ließen vermuten, daß sie von Anfang an auf den Rücken gefallen war. Hatte er sie umgedreht, als er mit ihr fertig war?
    »O nein… nicht Wolkenspiel«, flüsterte Spannerraupe. Er kniete nieder, und jeder Muskel seines starken Körpers verkrampfte sich.
    Stechmücke packte seine Waffen fester. Über ihr hübsches Gesicht liefen blutige Streifen. Aber der Angreifer hatte ihr die Augen geschlossen. Schmutzige Fingerabdrücke waren auf ihren Lidern. Als die Schultern von Spannerraupe zuckten, schaute Stechmücke zur Seite. Spannerraupe hatte sie einst geliebt. Vielleicht liebte er sie noch. Es hatte ihn fast umgebracht, als Krähenbart seiner Tochter jeden weiteren Umgang mit ihm verbot. Stechmücke kannte nicht alle Einzelheiten, wußte nur, daß sie einen anderen geheiratet hatte und Spannerraupe für drei Monde aus Krallenstadt verschwunden war. Trotz der elterlichen Anweisungen waren Spannerraupe und Wolkenspiel immer Freunde geblieben. Stechmücke erinnerte sich: Nachdem ihr Mann und die Kinder gestorben waren, hatte er die beiden oft am Ufer dieses Wasserlaufs gesehen, wie sie miteinander redeten. Sie war einsam gewesen, und es schien ihr wohlzutun, Spannerraupe in ihrer Nähe zu wissen.
    Unter den Kriegern wurde der Name weitergegeben: »Es ist Wolkenspiel,«
    »Heilige Thlatsinas! Wolkenspiel! Wer könnte so etwas getan haben?«
    »Schlangenhaupt wird außer sich sein! Was passiert wohl, wenn er erfährt, daß seine Schwester -«
    »Ruhe!« befahl Stechmücke. »Schwärmt aus! Sucht nach Spuren. Vielleicht waren es Räuber.« Die Männer trabten in alle Richtungen, schoben das Gezweig der Büsche auseinander, um am Boden nachzusehen, und suchten nach zertretenem Gras oder Fäden aus dem Gewand des fliehenden Mörders.
    Nach der ersten Erschütterung sah sich Stechmücke den Fall genauer an. Zuerst widmete er sich dem Pfeil, und sein Gemüt verdüsterte sich. Die Feuerhunde der Mogollon, die Hohokam und die Leute des Rechten Wegs hatten alle ihre besondere Machart der Pfeilspitzen. Außerdem markierte jeder seine Pfeilschäfte mit seinen persönlichen Farben, Clan-Zeichen oder dem besonderen Schnitt der

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