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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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die ganze Nachricht war. Warten wir ab.«
    Sie sahen die Wiederholung des Signals; der graue Rauch schwebte zu den Wolkenleuten empor. Zur Nacht hätte man die Nachricht mit einem Feuer im Inneren des Turms übermittelt, dessen Schein man mit einem Fellvorhang vor einem Fenster beliebig unterbrechen konnte. Drei kurze Lichtsignale, dann zwei längere und dann wieder ein kürzeres Signal.
    Spannerraupe rückte sich das Bündel auf seiner Schulter zurecht. Stechmücke hatte Vogelkinds Kopf in Stoffbahnen eingewickelt, die das Blut aufsaugten; der Kopf mußte sich auf den Schultern von Spannerraupe so schwer wie ein Granitblock anfühlen.
    »Kann ich dir bei deinem Bündel helfen?« fragte Stechmücke.
    »Nein, nein, ich…« Spannerraupe schauderte. »Die ganze Nacht habe ich seltsame Schreie gehört. Ich habe so ein unheimliches Gefühl, als ob mir die Seele des Jungen wie ein wütender Adler im Nacken säße, der nur darauf wartet, seine Krallen in mich zu schlagen.«
    »Palmlilie war dein Freund, und der Junge… der Junge war vielleicht wirklich nur sein Sohn. Aber wir haben unsere Pflicht getan, Spannerraupe, was willst du -«
    Spannerraupe fuhr herum. »Aber warum habe ich Nordlicht geglaubt?« fragte er erregt. »In meinem ganzen Leben habe ich meinem Vetter nie getraut. Er ist ein stinkender Zauberer - und ein Mörder dazu! Warum habe ich nur geglaubt, was er über Palmlilie erzählt hat?«
    Stechmücke runzelte die Stirn. Spannerraupe schien von Panik ergriffen, bereit, um sein Leben zu fliehen. »Das ist jetzt unwichtig«, erwiderte Stechmücke. »Schlangenhaupt hat dir einen Befehl erteilt, und du hast ihn ausgeführt. Was ist mit dir los? Du hattest gar keine Wahl. Keiner von uns hatte eine Wahl.«
    Spannerraupe schüttelte eine Faust vor Stechmückes Gesicht. »Hast du nicht das Gesicht von Palmlilie gesehen?« zischte er. »Ich habe ihn gut gekannt. Er hat die Wahrheit gesagt: Vogelkind war sein eigener Sohn. Stechmücke… verstehst du nicht? Ich habe ein Dutzend Unschuldige umgebracht! Viele Kinder darunter!« Er riß die Augen weit auf. »Selige Ahnen, ich bete darum, daß mir die Götter vergeben.«
    Stechmücke packte ihn am unverletzten Arm, zog ihn zu sich und murmelte, damit niemand ihn hörte: »Viele Götter waren Krieger. Sie wissen, was Pflicht bedeutet!«
    »Tun sie das?« Spannerraupe schüttelte die Hand ab, er rang nach Fassung. Zugleich beobachtete er wieder die Rauchsignale. Dann sagte er: »Irgend etwas stimmt nicht; sie warnen vor dem Besuch der Stadt.«
    »Dann sollten wir schleunigst zurückgehen. Vielleicht ist es nichts Wichtiges, aber -« »Aber vielleicht doch.« Spannerraupe deutete auf den Einschnitt im Uferhang vor ihnen, den Tausende von Füßen getrampelt hatten; die braune Erde dort glänzte dunkler als andere Wassergräben. »Wir wollen den Sklavenpfad nehmen, das geht schneller.« Spannerraupe wandte sich an die Krieger, die hinter ihm marschierten. Sofort gingen die Köpfe nach oben. »Kommt näher!«
    Die Männer drängten sich um Spannerraupe und Stechmücke. Ein furchtsames Gemurmel war zu hören; sie hatten alle die Signale gesehen. Viele griffen nach den Machtbeuteln um ihren Hals, kleinen Ledertäschchen mit geweihten Dingen, und schickten stumme Gebete zu ihren Schutzgeistern.
    Spannerraupe sagte: »Seid bereit! Vielleicht geht es nur um einige Kranke, die Fieber haben. Aber wir müssen auf alles vorbereitet sein. Vielleicht wird Krallenstadt überfallen.«
    Die Krieger nahmen Pfeile aus den Köchern und legten sie in ihre Bogen ein. Vor dem Hintergrund der ruhigen Wasserrinne und der langsam ziehenden Wolken wirkten ihre hastigen Bewegungen verworren, und die besorgten Stimmen glichen einem unterdrückten Aufruhr.
    Stechmücke legte gleichfalls einen Pfeil ein und ging zum Sklavenpfad hinauf, Spannerraupe direkt hinter ihm. Die Rauchsignale wiederholten die stumme Warnung.
    Am Pfad angekommen, hielt er Spannerraupe an und deutete auf den Boden. Fußabdrücke waren im Sand. »Sieh mal! Zwei Leute. Ein großer Mann. Er war schwer, seine Mokassins machten tiefe Spuren. Der andere ist «
    »Eine Frau«, ergänzte Spannerraupe. Er ging auf der Südseite der Spuren und betrachtete sie genau. Stechmücke ging auf der nördlichen Seite und prüfte die Abdrücke mit zugekniffenen Augen. »Sie rannte, als sie den Pfad hier hinauflief. Die Fersen kamen kaum auf dem Boden auf, sie muß -« »Heiliger Vater Sonne!« flüsterte Spannerraupe, der den Spuren des Mannes den Hang

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