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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Händlern davon gehört. Es befand sich neben einem von Kiefern bestandenen Berg und einem Fluß. Schreie der Empörung würden erschallen, wenn sie und Zikade verwegen in das Mogollon-Dorf schlenderten. Es wäre fast ein Wunder, wenn sie wenigstens so lange am Leben blieben, bis sie jemanden gefunden hätten, der ihre Sprache sprach. Doch dann würde Eichelhäher sie sehen wollen, und sei es nur aus Neugier.
    Dann, Heber Gatte und lieber Sohn, wird der brutale Mord an euch nicht ungesühnt bleiben. Die Bilder vom kopflosen Körper Vogelkinds quälten sie. Plötzlich schmerzte sie ihr Hals. Sie ließ ihr Pemmikan sinken und schloß die Augen.
    Sie wollte nicht, daß Zikade sie weinen hörte.

32. K APITEL
    Nachtsonne streifte ein sauberes blaues Kleid über, und dabei klingelten die Kupferglöcken an Säumen und Ärmeln fröhlich. Sie hatte ihr graumeliertes Haar gewaschen und zu einem Knoten am Hinterkopf zusammengebunden und legte Ohrgehänge an. Sie war eingefallen und bleich, aber sie fühlte sich bereit. Vor zwei Zeithänden hatte ihr eine Sklavin Waschwasser, Kleidung, Schmuck und die Zedernrindenfackel gebracht, die an der Wand flackerte. Sie hatte gesagt, Nachtsonne möge sich für die Versammlung der Ältesten der Ersten Menschen bereitmachen.
    Nun war es soweit: die Verhandlung. Angst und Erleichterung kämpften in ihr um die Oberhand. Jedenfalls würde das Warten endlich vorüber sein, und sie würde Wolkenspiel wiedersehen. Von all den Grausamkeiten, die sie zu erdulden hatte, war Schlangenhaupts Befehl, daß sie den Körper ihrer Tochter bis zu diesem Abend nicht sehen dürfe, die schlimmste, und sie haßte ihn dafür. Aber sie haßte sich selbst noch mehr dafür, daß sie an der Versammlung an diesem schrecklichen Ort schuld war. Hätte sie sich vor siebzehn Sommern in Zaum gehalten, hätte sie nicht stattgefunden. Sie hatte der Wonne nachgegeben, die Eisenholz ihr gegeben hatte, und nun standen sie beide am Rand des Abgrunds.
    Jetzt würde jedermann im Canyon des Volks des Rechten Wegs wissen, daß sie des Ehebruchs beschuldigt wurde, und die Hälfte dieser Leute würde ihren Niedergang hochbefriedigt zur Kenntnis nehmen. In den umliegenden Ortschaften würden Ehrwürdige Clan-Mütter untereinander tuscheln und sich mit heimlicher Schadenfreude am Ärger der Ersten Menschen in Krallenstadt ergötzen. Was auch immer ihr heute abend widerfahren mochte - die Geschichte würde immer weiterwuchern; nichts würde das aufhalten. Alle möglichen Spekulationen über den Kindesvater würden wild ins Kraut schießen. Das war ein schrecklicher Gedanke.
    Sollte Schlangenhaupt beschließen, sie zu verbannen, würde sie die Kränkungen, Verwünschungen, den Verlust von Freunden irgendwie ertragen können; wenn aber die Identität vom Vater des Kindes ans Licht käme, würde man ihn zweifellos töten. Die Ersten Menschen konnten solch einen Skandal nicht ungesühnt lassen. Ein Mitglied des Bären-Clans paart sich mit der Ehrwürdigen Mutter von Krallenstadt! Unverzeihlich! Eher hätte Nachtsonne mit einem feindlichen Häuptling wie Eichelhäher das Lager teilen können als mit einem der Gemachten Menschen. Und es war nicht einmal ein mächtiger Clan-Ältester gewesen, sondern ein einfacher junger Krieger.
    Nachtsonne ballte die Fäuste. Die Fackel knisterte und warf einen flackernden orangefarbenen Schein über die weißen Wände, der den schwarz-weißen Wasserkrug und ihre zusammengefaltete graue Decke hervorhob. Ein grimmiges Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Sie brauchte sich wohl über all das keine Gedanken mehr zu machen, weil ihr Sohn vorhatte, sie hinrichten zu lassen, wie sie annahm.
    Nachtsonne legte sich das Muschelarmband, das die Sklavin ihr gebracht hatte, um das Handgelenk, als die Dachabdeckung etwas zurückgeschoben wurde.
    Eisenholz rief: »Nachtsonne? Darf ich eintreten?« »Du darfst, Kriegshäuptling.«
    Die Leiter kam herab, und Eisenholz kletterte hinunter. Er trug ein wunderbar gefärbtes hellbraunes Hemd mit aufgenähten Zickzackleisten blauer und roter Stachelschweinstacheln auf der Brust. Ein Fransenbesatz schmückte die Arme und bedeckte die Knie. Sein ergrauendes Haar war zu einem langen Zopf geflochten. Der Ausdruck seines ovalen Gesichts mit den schrägen Brauen und der flachen Nase verriet eine seltsame Gelassenheit. »Ich bin nicht mehr Kriegshäuptling, Nachtsonne.« »Für mich wirst du das immer sein. Als Ehrwürdige Mutter von Krallenstadt kann ich dich nennen, wie ich

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