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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Tor. »Werden wir angegriffen?«
    »Ich weiß nicht.« Eisenholz legte Maisfaser auf den Boden, kniete sich neben sie und betrachtete ihr blutiges Gesicht.
    »Wer hat das getan ? Hast du gesehen -«
    »Ich hatte keine Zeit nachzusehen, meine Tochter ist zu schwer verletzt. Ich -«
    »Deine Tochter?« Wie Tonscherben, die sich von selbst wieder zusammenfügen, so fügte sich in Spannerraupes Bewußtsein das ganze Bild mit einem Schlag zusammen, und er erfaßte das furchtbare Geheimnis, das Nachtsonne den anderen Ersten Menschen nie offenbart hatte. Erschüttert starrte er Eisenholz an.
    Wut verzerrte Eisenholz' Gesicht. Er sprang auf und schrie: »Was ist los mit dir? Du bist der Kriegshäuptling! Hol deine Krieger zusammen! Stell Wachen rings um die Stadt auf! Schick Suchtrupps los! Morgen früh ist der Angreifer längst über alle Berge!« Sein muskulöser Arm machte eine wischende Bewegung. »Los! Worauf wartest du?«
    Niedergeschmettert rannte Spannerraupe zur Kammer von Stechmücke, die auf die Plaza ging. Hinter ihm rief Eisenholz: »Nordlicht! Nachtsonne!«
    Nordlicht kam geduckt durch den Türvorhang und rannte zum Rand des Dachs. Nachtsonne kam hinter ihm hervor, ihr blaues Kleid glänzte im Feuerschein. Menschen säumten die Dächer, starrten verwirrt hinab und befragten sich gegenseitig.
    »Eisenholz?« Nordlicht erstarrte. »Was -«
    »Nordlicht! Mach schnell! Nachtsonne, bring deinen Medizinbeutel. Maisfaser ist verletzt. Schwer verletzt!«
    Spannerraupe schrie vor der Tür seines Vertreters: »Stechmücke! Steh auf!«
    Eine schläfrige Stimme fragte: »Was ist denn los? Was soll das Gebrüll?«
    Stechmücke stolperte schlaftrunken in die Kälte hinaus, nur mit einem Schurz bekleidet, sein schwarzes Haar zerzaust, die Augen glasig.
    Spannerraupe befahl: »Hol zwanzig Krieger! Stell zehn auf die Dächer! Ich brauche die andern zehn. Sie sollen Fackeln mitbringen. Es wird eine lange Nacht!«
    »Aber warum ? Was ist -«
    »Jemand hat versucht, eine Frau der Ersten Menschen zu ermorden. Eil dich, Stechmücke! Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Stechmücke rannte los.
    Spannerraupe stürmte an Eisenholz und dem verwundeten Mädchen vorbei zur Kammer von Kriecher. Seine Gedanken und Gefühle waren in Aufruhr. Trauertaube konnte es doch nicht gewesen sein, oder? Nein, nein, das konnte er nicht glauben. Aber wenn Trauertaube einen der Ersten Menschen angegriffen hatte und Kriecher schuld daran war, daß sie durch sein Fenster ein und aus gehen konnte, um das zu tun …
    Aber nein. Niemals. Nicht wissentlich.
    Spannerraupe rief vor Kriechers Kammer: »Kriecher? Kriecher, bist du da?«
    Keine Antwort.
    Spannerraupe warf den Vorhang zurück und spähte ins Innere.
    Sternenlicht fiel durchs Fenster über den Haufen leerer Decken in der Mitte des Zimmers. Einen Augenblick lang verharrte er bewegungslos, dann fiel ihm ein, daß Kriecher wahrscheinlich noch bei Federstein war. Sie sprachen oft auch noch spät in der Nacht miteinander.
    »Das heißt, daß Trauertaube Kriechers Fenster ohne sein Wissen und ohne seine Erlaubnis benutzt hat.« Spannerraupe ließ sich erleichtert an der Wand hinabgleiten und wischte sich den Schweiß von den Augen. »Natürlich, Kriecher hat nichts davon gewußt.«
    Auf der Plaza war ein Tumult, Leute schrien und liefen herum. Spannerraupe sah hinab. Eisenholz' Stimme übertönte das Getümmel. »Sängerling, gib mir die Decke. Ich will sie darin einwickeln, hilf mir! Ich bringe sie dann zur Kiva der Ersten Menschen!«
    »Seine Tochter…«, flüsterte Spannerraupe und schaute auf das ohnmächtige Mädchen. Eisenholz hob Maisfaser sanft hoch; ihr langes Haar schleifte über den Boden. »Das hätte ich nie für möglich gehalten.« Er schloß kurz die Augen und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, um die Götter zu bitten, Eisenholz zu helfen: »Laßt ihn entkommen, bevor der Zorn der Ältesten der Ersten Menschen ihn das Leben kostet.«
    Er ging zur Plaza zurück. Am Rand der Menge angekommen, die sich um Eisenholz gesammelt hatte, erblickte er Schlangenhaupt.
    Die Gesegnete Sonne stand auf dem Dach des vierten Stockwerks und spähte hinab, eine brennende Fackel in der erhobenen rechten Hand. Sie warf einen orangefarbenen Schein über sein schönes Gesicht, und Spannerraupe sah voller Verwirrung das Lächeln, das Schlangenhaupts Lippen kräuselte. Wut überkam ihn. Wie konnte er lächeln ? Hatte er kein Herz ?
    Schlangenhaupt blieb einige Augenblicke stehen, drehte sich dann um und ging

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