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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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geduckt in sein Zimmer zurück. Der Türvorhang schwang hinter ihm zu.
    Stechmücke trabte mit wehendem Schurz über die Plaza zu Spannerraupe. Sein muskulöser Körper war mit einer Gänsehaut überzogen. »Ich habe die Krieger geweckt«, keuchte er. »Sind gleich hier. In der Zwischenzeit ziehe ich mich an.«
    »Ich warte vor dem Einlaß.«
    Stechmücke nickte. »Ich bin gleich bei dir.« Er rannte in sein Zimmer.
    Eisenholz drängte sich durch die murmelnde Menge und trug Maisfaser zur Kiva der Ersten Menschen. Ihm folgte Nachtsonne mit bleichem Gesicht; der schwarze Zopf mit den grauen Strähnen schlug ihr auf den Rücken. Der junge Sängerling kam als letzter. Nordlicht lief in die andere Richtung, zu Dünes Zimmer.
    Spannerraupe bahnte sich seinen Weg zum Tor.

    Wie betäubt folgte Sängerling Nachtsonne und Eisenholz durch die Kiva, vorbei an den steinernen roten Säulen und den Leichen auf ihren Bestattungsleitern, die auf den Fußtrommeln ruhten. Die leeren Augenhöhlen der Thlatsina-Masken über den Wandnischen schienen ihn zu beobachten, im flackernden Feuerschein blinzelnd, als wären sie lebendig.
    Sängerling sah fassungslos zu, wie Eisenholz zur anderen Seite der schwach erleuchten Kiva schritt und Maisfasers schlaffen Körper vorsichtig auf die gelbe Bank neben dem Feuer legte. Der Anblick von Eisenholz - zitternd und mit blutbeflecktem Hirschlederhemd - erschütterte Sängerling noch mehr. »Was ist geschehen?« fragte Sängerling, als Eisenholz wieder aufstand. Das ovale Gesicht des großen Mannes war mit Blut und Erde befleckt. »Kann mir das jetzt jemand erklären?«
    »Wir haben außerhalb der Stadt miteinander geredet, und ich -«
    »Eisenholz, bitte«, sagte Nachtsonne und drängte sich zwischen ihn und Maisfaser, den Medizinbeutel über der Schulter, das blaue Gewand wehend, »mach Platz!«
    Aber als sie Maisfaser sah, schwankte sie und griff sich an die Kehle. Eine ganze Weile stand sie da und starrte sie an, und ihr Gesicht wurde immer bleicher.
    »Was ist los?« fragte Eisenholz scharf. »Worauf wartest du?«
    Nachtsonne blickte ihn an, las die Verzweiflung in seinen Augen und beugte sich zu Maisfaser hinab. So zart, als berührte sie das Blütenblatt einer märchenhaften Blume, legte sie ihre Hand auf das geschwollene Fleisch. »Es ist nur… sie sieht Wolkentanz so ähnlich. Darauf war ich nicht gefaßt.« Eisenholz trat zur Seite, und der Ausdruck kaum unterdrückter Wut auf seinem Gesicht ließ Sängerling wünschen, er könnte sich setzen; doch er blieb mit gespreizten Beinen stehen und sah dem großen Mann ins Auge. »Ihr habt außerhalb der Stadt miteinander geredet, und…«
    Eisenholz starrte ihn düster an. »Es geschah so plötzlich, ich habe nicht einmal den Pfeil gesehen. Maisfaser zuckte zusammen und schrie auf. Ich fühlte, wie sie fiel.« Er hob seine blutige Hand und starrte auf die Innenfläche, ballte sie dann zur Faust und schüttelte sie. »Sie hat meine Hand gehalten! Ich weiß nicht mal, aus welcher Richtung der Pfeil kam.«
    Nachtsonne betrachtete Maisfaser mit großen Augen, ihr Mund bewegte sich lautlos. Das blaue Gewand war um ihre Sandalen gebreitet. Sie richtete sich auf und setzte ihr Medizinbündel auf dem Boden ab. Schweiß hatte ihr dreieckiges Gesicht und die spitze Nase schon überzogen und das Haar bis zu den Schläfen befeuchtet. Die vier schwarzen Spiralen auf ihrem Kinn schienen im Feuerschein bläulich getönt. Behutsam zog sie das blutverschmierte Haar aus Maisfasers Gesicht und schaute prüfend auf den abgebrochenen Pfeilschaft, der aus einem Backenknochen herausragte.
    Sängerling wurde schlecht. Der Pfeil war schräg von oben eingedrungen, als hätte Maisfaser das tödliche Geschoß noch mit einem Blick erhascht und sich im letzten Moment geduckt. Nachtsonne fragte mit ruhiger Stimme: »Wie ist der Schaft abgebrochen?«
    Die Schultermuskeln von Eisenholz zogen sich zusammen. »Wahrscheinlich, als sie gefallen ist. Ich habe nach der andern Schafthälfte gesucht, um vielleicht Markierungen oder bestimmte Merkmale zu erkennen, habe aber nichts gefunden.«
    Sängerling kreuzte die Arme und sog die Luft in seine ausgehungerten Lungen. Maisfaser, du darfst nicht sterben! Bitte stirb nicht!
    Eisenholz ging vor der Fußtrommel, auf der die Leiche von Wolkentanz ruhte, auf und ab. »Sängerling?« Nachtsonne zog verschiedene gefaltete Stoff streifen aus ihrem Medizinbeutel und legte sie auf die gelbe Bank neben Maisfaser. »Kannst du bitte einen Topf

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