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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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auf.«
    Wolkenspiel gehorchte sofort. Sie hoben Sternjägerin in eine Hockstellung; sie weinte und stöhnte durch die zusammengebissenen Zähne. Sie umklammerte den Arm von Nachtsonne so stark, daß sich ihre Fingernägel ins Fleisch bohrten.
    Spottdrossel stand in der Tür und weinte. »Mutter! O Mutter!«
    Nachtsonne reckte den Hals, damit ihr kein Anzeichen der bevorstehenden Geburt entging. Ein heftiges Zischen ließ alle erschreckt herumfahren; der Kessel kochte über, und schaumiges Gebräu schwappte ins Feuer. Milbe ergriff ein gefaltetes Tuch, um den Dreifuß von den Flammen wegzutragen.
    Sternjägerin wand sich ächzend und starrte Nachtsonne an. »Laß mein Kind nicht sterben. Das würde ihm das Herz brechen. Weißwedelhirsch wünscht sich das Kind so sehr. Mehr als ich.« »Du machst das sehr gut«, sagte Nachtsonne. »Es ist alles in Ordnung.«
    Sternjägerin fiel geschwächt zurück und atmete schwer, als die Wehe nachließ.
    Süßwasser beugte sich vor, das runzlige Gesicht verzerrt. Sie zischte: »Hast du schon mal eine Frühgeburt gesehen, die was taugte? Für wen ist das gut? Warum willst du unserem Clan die Last eines nutzlosen Kümmerlings aufladen?«
    Nachtsonne beachtete sie nicht und wandte sich an Milbe. »Tauch bitte vier Stoffstreifen ein, rühre mit einem Stock gut um, und nimm sie dann heraus. Laß sie abkühlen, und bring mir inzwischen die Tasse neben dem Feuer.«
    »Ja, Gesegnete Nachtsonne.« Milbe fand ein abgetragenes Kleid auf einem Haufen neben Süßwassers Decke; sie riß die Ärmel in zwei Streifen ab und nahm sich einen langen Stock vom Wacholderstapel. Sie warf die Streifen in den Kessel, rührte um und hob sie dampfend heraus. Sie lehnte den Stock zum Abkühlen an die Wand und ergriff die Tasse.
    Nachtsonne nahm sie ihr ab und roch daran. Die Beifußblätter rochen scharf genug. Sie tauchte einen Finger in die Brühe, um die Temperatur zu prüfen. Sehr warm, aber nicht zu heiß.
    »Sternjägerin«, sagte sie, »trink das mal. Das beschleunigt die Geburt.« Sie legte ihr einen Arm um die Schulter, gab der Sklavin die Tasse in die Hand, und hielt sie fest, während Sternjägerin die Brühe schluckte. »Gut, sehr gut.« Sie stellte die Tasse auf den Boden hinter sich. »Jetzt ruh dich aus, so lange du kannst.«
    Sternjägerin nickte und ließ ihren Kopf zwischen die Knie sinken. Sie atmete in schnellen, flachen Zügen. Auf dem Feuer brach ein Zweig entzwei, und der Raum wurde kurz in einen karneolfarbenen Schleier gehüllt.
    Süßwasser erhob sich und starrte haßerfüllt auf Nachtsonne hinab.
    Warum kümmerst du dich nicht darum, deine eigene Familie zu heilen? Du sollst doch die große Heilerin von Krallenstadt sein. Geh heim! Verschwende keine Zeit auf ein wertloses Sklavenbaby.« Nachtsonne verbrachte einen Teil jeden Tages damit, die Menschen in Krallenstadt zu heilen, aber sie hatte diese freie Zeit wirklich nötig. »Andere brauchen mich auch, Süßwasser.«
    Süßwasser kniff die Augen zweifelnd zusammen. »Du läßt also deine eigene Familie im Stich, um Sklaven zu heilen?«
    »Wie?« fragte Nachtsonne verwirrt. »Meine eigene Familie?« Süßwasser blinzelte. »Weißt du's nicht? Ein Händler aus Krallenstadt kam gestern morgen hier vorbei. Er hat gesagt, Häuptling Krähenbart wäre sehr krank. Er hat gesagt, daß Nordlicht meint, die Gesegnete Sonne könne sterben.« Nachtsonne war sprachlos, sie konnte Süßwasser nur anstarren. Krähenbart war in den vergangenen Sonnenkreisen oft krank gewesen, aber Wolkenspiel stand auf. Ihr blaues Kleid glänzte purpurfarben im Feuerschein. »Wann ist mein Vater krank geworden? Wir sind nur drei Tage fort von zu Hause. Er war noch gesund, als wir gegangen sind!«
    »Schrei mich nicht an, Mädchen!« gab Süßwasser zurück. »Das ist alles, was der Händler gesagt hat. Mehr weiß ich nicht.«
    »Mutter? Ist das möglich?« fragte Wolkenspiel flüsternd und voller Schrecken. »Glaubst du, Vater braucht uns?«
    Das Herz von Nachtsonne schlug schneller. Trotz allem, was Krähenbart ihr in all den Jahren angetan hatte, hing sie immer noch an ihm, aber seit vielen Sommern hatte er nicht mehr zugelassen, daß sie ihn berührte. Er wollte keine Behandlung von ihr, verweigerte ihr sein Bett und quälte sie bei jeder Gelegenheit. Dennoch … dreißig Sommer lang war sie seine Frau gewesen. Wie kann ich am Leben bleiben ohne ihn?
    »Ja«, sagte Nachtsonne sanft. »Er braucht uns. Aber ich kann nicht gehen, bis Sternjägerin und ihr Kind

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