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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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richteten sich seine Blicke nach oben, zur Tür von Nachtsonne. Als Vater Sonne höher in den azurnen Himmel stieg, wichen die Schatten zurück, und die weiße Tünche schien zu leuchten … Eisenholz wußte, was Verlassenheit ist.
    Um den plötzlichen Schmerz in seiner Brust zu lindern, kletterte er die Leiter zur Plaza hinunter und ging zu seinem eigenen Zimmer. Um zu packen. Hoffnung kam in mancherlei Verkleidung. Sängerling saß mit dem Rücken an der weißen Wand und aß seinen Eintopf. Er fühlte sich unbehaglich. Die Sklavin, Trauertaube, legte frische Wäsche für sie hin, rollte auf der anderen Seite des Zimmers die Schlafmatten aus und breitete zwei rot-schwarze Decken darüber… als schliefen Sängerling und Seide zusammen.
    Er bekam kaum sein Essen hinunter.
    Er warf einen Blick auf Seide, aber sie hatte es nicht bemerkt. Sie aß ihren Brei, die Stirn zerfurcht, und starrte auf die Zehen in den Sandalen; sie war tief in ihrer Seele versunken. Mit einem rätselhaften Gesichtsausdruck war sie die Treppe hinuntergeklettert. Warum? Er konnte sie erst fragen, wenn die Sklavin gegangen war.
    Er aß noch mehr Brei und schaute sich um. Zwei Körperlängen im Quadrat; die leuchtendweißen Wände faszinierten ihn. Sie mußten sie wohl dauernd tünchen, damit sie immer so sauber und frisch aussahen. Fein gewobene Matten mit roten, gelben und grünen Mustern lagen auf dem Boden. Eine Heizschale mit schöner roter Glut vor ihm sorgte für Wärme. Links von ihm stand die Teekanne, rechts die Schale mit dem Eintopf. Die Sklavin hatte zwei Tassen mit Phloxblüten-Tee gefüllt und sie neben die Heizschale gestellt.
    Trauertaube brauchte anscheinend ungewöhnlich lange, um ihnen das Lager zu machen. Sie war eine kleine, zart gebaute, pausbäckige Frau und trug ein einfaches braunes Kleid. Ihre Augen glänzten hell. Dauernd blickte sie unbehaglich auf Seide.
    Sängerling beendete seine Mahlzeit und griff nach einer der tönernen Teetassen, denen ein süßer blumiger Duft entstieg.
    »Bitte«, sagte Trauertaube endlich, »ich - ich möchte nicht aufdringlich sein, aber …« Sie stellte sich mit aufgerissenen Augen vor Seide hin. »Ich habe dich sagen hören, daß du vom Schildkrötendorf kommst. Ist das wahr?«
    Seide schaute auf. »Ja. Warum?«
    Trauertaube knetete ängstlich die Hände. »Wir haben … eine große Seherin in dieser Stadt. Ihr Name ist Federstein. Sie hat dich in einem Geistertraum gesehen.«
    »Mich? Sie hat mich gesehen?« »Ich glaube, ja.« »Was hat sie gesehen?«
    »Also es war nicht sehr deutlich, aber sie hat gesehen, wie du aus einer brennenden Stadt weggelaufen bist. Dann bist du einem riesigen Bären auf den Rücken geklettert. Du bist auf dem Bären ins Dunkel geritten - und dann nach Krallenstadt gekommen.«
    Seide zog ihre Schultern zusammen; Sängerling setzte seine Tasse geräuschvoll ab. »Heilige Ahnen, Seide! Du hast doch immer Träume über -«
    Sie riß eine Faust hoch, um ihm Schweigen zu gebieten, und er biß die Zähne zusammen, um hochsprudelnde Fragen zurückzuhalten.
    Seide richtete den Blick starr auf Trauertaube. »Hat diese Federstein gesagt, warum mich der Bär hergebracht hat?«
    Trauertaube schluckte. »Ja… sie hat gesagt, du bist gekommen, um ihr weh zu tun.« »Ihr weh zu tun? Wem? Wem soll ich hier weh tun?«
    »Der Gesegneten Federstein. Und jedem in dieser Stadt.«
    »Nein.« Seide atmete aus und schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid. Ich bin nicht die Frau, die Federstein gesehen hat. Das muß eine andere sein, die noch kommt. Ich kenne keinen Menschen hier, doch selbst wenn, habe ich nichts gegen Krallenstadt. Ich habe meine ganze Familie verloren, als Schildkrötendorf überfallen wurde. Das mit dem brennenden Dorf hat gestimmt. Aber ich bin hier in Krallenstadt, weil ich hoffe, Verwandte zu finden.«
    Sängerling fühlte sich plötzlich schwindlig, als ihm klar wurde, wo er den Namen schon gehört hatte. Der junge Schwalbenschwanz hatte von einer Federstein gesprochen - war das nicht die Cousine von Nordlicht gewesen, die er verhext hatte, damit die Mogollon sie gefangennahmen? Die Frau, die Sonnenseherin geworden wäre? Seide hatte offenbar den Namen Federstein nicht mit der Geschichte von Schwalbenschwanz in Verbindung gebracht.
    Trauertaube trat von einem Fuß auf den andern. »Du bist nicht hier, um Federstein weh zu tun?« »Ich sage dir doch, ich kenne sie nicht mal. Sag ihr bitte, ich wünsche ihr alles Gute.« Trauertaube schien erleichtert. »Da

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