Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels
Problem zu. Die dritte Möglichkeit war Muschelkamms Heirat mit Kupferdonner. Jaguar hatte Recht, und sie war dumm gewesen, es nicht zu sehen. Ganz abgesehen von ihrer verzweifelten Intrige - Kupferdonner brauchte dieses Bündnis mehr als sie. Sie hatte angenommen, dass er bei ihr herumlungerte, um Schwachstellen ausfindig zu machen, doch Jaguar hatte Recht behalten: Der Große Tayac war ein Opportunist, der nach einem Ausweg aus dem eigenen Dilemma suchte.
Jaguar sei Dank dafür; in ihrer Beziehung zum Großen Tayac war ihre Position stärker geworden. Wenn sie Muschelkamm mit diesem Mann verheiratete, dann konnte sie für die Dörfer am Oberlauf des Flusses und die unentbehrliche Handelsstraße ins Innere viel mehr herausholen. Die Zugeständnisse würden territorialen Zugang, Anteil an Bodenschätzen und - warum nicht - vielleicht sogar einen symbolischen Tribut einschließen.
Weißer Otter und Springendes Kitz lachten immer noch und hatten angefangen, sich gegenseitig zu schubsen. Aber es sah merkwürdig steif und gekünstelt aus, als wollten sie sich wichtig machen. Aber vor wem? Für sie? Nein, das würden sie schön bleiben lassen.
Weißer Otter hatte eine Ecke des Mattenvorhangs in die Hand genommen und sprang damit herum, als tanzte die Matte in wirbelnden Kreisen. Aber dann stolperte sie über einen Krug voller Kastanien, die unter die Schlafbank kullerten, wo Kupferdonners Habe auf einem Haufen lag.
»Schluss jetzt!«, fauchte Jagender Falke schließlich. »Ihr stellt sofort diesen Blödsinn ein. Beseitigt das Durcheinander dort und dann räumt hier drinnen auf. Los, an die Arbeit!«
»Es ist das Wetter«, sagte Muschelkamm. »Die Kälte zwingt die Menschen, im Haus zu bleiben, und das bekommt ihnen nicht.« Mit flinken Fingern bohrte sie weitere Löcher in das Leder, und man konnte bereits ein schönes Zickzackmuster erkennen.
Zufrieden stellte Jagender Falke fest, dass die Mädchen sich reumütig zeigten und pflichtschuldig an die Arbeit gingen. Weißer Otter rollte die Matte zusammen und legte sie zur Seite, um die verstreuten Kastanien aufzusammeln. Springendes Kitz räumte die Schalen ab, die Kupferdonners Krieger überall verstreut hatten liegen lassen.
Jagender Falke seufzte. »Ja, die Kälte ist in diesem Jahr schrecklich. Ich glaube, so einen rauen Winter habe ich noch nie erlebt. Die Sonnenwendfeier ist schon bald. Das Grün des Frühlings kommt für mich keinen Tag zu früh.«
Kupferdonner ballte eine Faust und beobachtete die sich spannenden Muskeln unter der glatten Haut seines Unterarms. »Die Zeit ist gekommen, eine Entscheidung zu treffen, Weroansqua. Ich hätte gern gewartet, bis du alle Möglichkeiten abgewogen hast, aber ich glaube, der alte Mann zwingt uns dazu, das Schilfrohr zu werfen.« Er schaute auf und blickte sie mit harten schwarzen Augen an. »Was wirst du tun?«
Die Muskeln in ihrem gebrechlichen Rücken spannten sich, als sie seine Herausforderung annahm.
»Ich werde gar nichts tun, Großer Tayac, solange ich nicht weiß, wer meine Enkeltochter getötet hat und warum.«
Kupferdonners Augen wurden schmal. »Soll ich etwa glauben, dass du mich für den Mörder hältst?«
»Nein, Großer Tayac!« Vorsicht, Jagender Falke, du musst behutsamer sein. »Wäre ich überzeugt, dass du sie getötet hast, dann wärest du bereits tot.« Sie lächelte listig. »Dass du noch am Leben bist, spricht also für sich selbst.«
Kupferdonner lachte, aber es klang bitter. »Vielen Dank für dein Vertrauen.« Er warf einen schnellen Blick auf Muschelkamm. »Ich werde warten … aber nicht mehr lange, Weroansqua. Inzwischen aber wird uns der alte Mann weiterhin Gift in Leib und Seele träufeln.«
»Wir sind fertig!«, rief Weißer Otter, die aussah, als hätte man sie dabei erwischt, wie sie dem Ältesten den Maisbrei gestohlen hatte.
War ich tatsächlich so hart zu ihr? Jagender Falke holte tief Luft. Die allgemeine Spannung machte alle reizbar. »Gut. Geht jetzt und nehmt meinen Dank.« Mit ihrer gebrechlichen Hand winkte sie den Mädchen zu verschwinden. Springendes Kitz und Weißer Otter trugen die zusammengerollte Matte zwischen sich durch den Einlass hinaus.
Kupferdonner rieb sich die Hände. »Ich warne dich! Ich werde mich nicht damit begnügen, dass der Alte beschuldigt wird. Bitte, Weroansqua, bedenke doch, was er tut. Er ist hier, um Unheil zu stiften.
Warum kam er überhaupt hierher? Um die Person zu finden, die Rote Schlinge tötete? Ich bitte dich, warum? Welches
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