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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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ihm schienen sich die nackten Zweige in immer zartere Gebilde aufzulösen. »Ich verstehe. Daher wussten sie also, dass wir kommen würden, und wann und wo. Und so hatten sie uns in der Falle.«
    »Ja.«
    Neuntöter musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Aber ich habe dich gestern dort draußen nicht gesehen.«
    »Ich konnte doch nicht die Waffe gegen dich erheben - genauso wenig wie gegen meine Verwandten und Freunde. Als Jaguar den Kampf zu seinem Ende brachte, bin ich fortgelaufen und habe mich in den Bäumen hinter den Feldern versteckt. Dort habe ich die ganze Nacht darüber nachgedacht, was ich tun sollte.«
    »Und zu welchem Ergebnis bist zu gelangt?« »Zu dir zu gehen und dir zu erklären, was ich getan habe und warum. Um dir zu sagen, dass ich nicht dein Feind bin.«
    »Aber du bist bestimmt auch nicht mein Freund.« »Da irrst du dich, Neuntöter. Von jetzt an bin ich dein Freund bis zu meinem Tod, bis nur noch meine Knochen übrig sind und ins Beinhaus kommen, wo meine Ahnen liegen. Du hast mir das Leben gerettet.«
    »Aber gestern hättest du zugesehen, wie ich sterbe.« Steinknolle nickte traurig. »Und es wäre das Schrecklichste gewesen, was ich je erlebt hätte.«
    »Ich frage dich noch einmal: Was willst du?« Steinknolle richtete sich auf. »Meine Ehre verlangte nichts Geringeres. Ich wollte mit dem Mord an meinem Clan und meinen Freunden nichts zu tun haben. Als du eintrafst, wollte ich auch an deiner Ermordung und an der meiner Verwandten und Freunde, die dich begleiteten, keinen Anteil haben. Das ist nun erledigt. Aber meine Aufgabe ist noch nicht erfüllt. Ich bin hergekommen, um dir zu dienen, um meine Schuld zu sühnen. Mach mit mir, was du willst. Nimm mich wieder auf, an deine Seite, stoß mich aus oder töte mich. Was immer dir beliebt, Häuptling. Es ist deine Entscheidung.«
    Neuntöter starrte in die aufrichtig wirkenden braunen Augen. Seine erste Regung war, dem Mann mit der Keule das Gehirn aus dem Schädel zu schlagen. Aber er konnte auch nicht vergessen, wie oft sie zusammen gearbeitet, gekämpft und gelacht hatten. Andererseits war es unmöglich, ihn mit offenen Armen aufzunehmen. Trotz der Umstände konnte er einen Verrat nicht einfach durchgehen lassen.
    Neuntöter rieb sich die Hände. »Du hast mich verraten, Steinknolle. Was auch immer deine Tat rechtfertigt, so kann ich nicht…«
    Wie ein Geist trat Sonnenmuschel plötzlich aus dem Nebel; sie sah verdrossen aus.
    Neuntöter fragte: »Was kann ich heute für dich tun?«
    Schwer atmend blieb sie stehen. »Jaguar erbittet deine Anwesenheit im Großhaus des Weroanzi, Häuptling. Er bittet dich zu kommen, um einiges zu besprechen, bevor wir nach Flache Perle zurückkehren.«
    Große Erleichterung erfüllte Neuntöters Seele. Das Problem mit Steinknolle war zwar noch nicht gelöst, aber er brauchte sich wenigstens im Augenblick nicht damit zu befassen. »Gut, Sonnenmuschel, ich bin bereit.« Zu Steinknolle gewandt sagte er: »Wenn ich beim Jaguar fertig bin, kehre ich zurück, und dann werde ich über dein Schicksal entscheiden.«
    Steinknolle nickte und setzte sich neben die kalte Feuergrube.
    Als Neuntöter sich umblickte, sah er, wie Steinknolle die Decke fest um sich zog, um sich vor der Kälte zu schützen. Sei bloß verschwunden, wenn ich zurückkehre, alter Freund, es wäre das Beste für uns beide.
    Was Steinknolle auch getan hatte, er hatte es aus einem überwältigenden Ehrgefühl heraus getan.
    Sollte Neuntöter ihm befehlen, sich zur Strafe in der Bucht zu ertränken, würde er es auch tun. Einen sauberen Ausweg aus dieser schwierigen Lage gab es für sie beide nicht.
    Jaguar kratzte sich und blickte in die Nacht hinaus. Der schwache Schein der Morgendämmerung fiel wie das Strahlen von Augen, die den Ruß durchdrangen, durch die Rauchlöcher. Aus dem Nebenraum hörte er leise Stimmen; die Sklavinnen bereiteten das Frühstück und die Mahlzeiten für den neuen Tag vor. Über ihm bog sich das Gestänge immer weiter nach innen, wie ein grobes Gewebe, das durch getrocknete Wurzeln zusammengehalten wurde. Das Holz hatte im Lauf der Zeit eine dunkelbraune Färbung angenommen - gestutzte Knoten, unter dem Schilf angeschwollen wie alte Knöchel.
    Einem großen Korb ähnlich, dachte er, und es schien ihm seltsam, dass er bisher ein Langhaus noch nie aus dieser Perspektive gesehen hatte. Er änderte seine Haltung und spürte das Hinterteil von Sonnenmuschel, das sich gegen ihn drückte.
    Die Wärme des Mädchens tat ihm

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