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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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mir ganz fest versprochen, mich auf eine Visions-Suche mitzunehmen. Aber bisher hat er noch nie Zeit gehabt.«
    »Ich - ich könnte dich mitnehmen, Zaunkönig! Ich bin schon viele Male auf so einer Suche gewesen.« Polterer rückte näher an sie heran und legte seine behandschuhte Hand auf die ihre. »Es ist ein sehr beschwerlicher Weg, aber ich werde dir dabei helfen.«
    »Danke, Polterer«, sagte sie lächelnd. »Erzähl mir, wie ist es denn, einen Geisterhelfer zu haben? Du hast deinen schon seit deinem vierten oder fünften Winter, stimmt's?«
    Polterer legte den Kopf in den Nacken und schaute hinauf zu den Wolkenriesen, die sich über ihnen am Himmel bauschten und tanzend und umherwirbelnd nach Westen zogen. Er verfolgte sie so lange mit seinem Blick, dass Zaunkönig sich schon fragte, ob er sich gerade mit seinem Geisterhelfer unterhielt. Blinzelnd betrachtete sie die große, golden schimmernde Wolke, die genau über ihnen stand. Je länger Polterer sie anstarrte, desto heller schien sie zu leuchten.
    »Manchmal tut es weh, einen Geisterhelfer zu haben«, sagte Polterer unvermittelt in die Stille hinein. »Es ist ein Gefühl, als stäche dir jemand ein Messer ins Herz. Aber es gibt auch Zeiten, da fühlst du dich großartig.«
    Ihr Schmunzeln verblasste. »Vielleicht brauche ich doch keinen.«
    Polterer biss sich verlegen auf die Unterlippe. »Manche Menschen haben freundliche Geisterhelfer, Zaunkönig. Die zeigen ihnen, wo man die besten Wurzeln oder Nüsse findet oder einen guten Platz zum Fischen. Vielleicht erwischst du ja so einen.«
    »Ist deiner so böse weil er so mächtig ist? Weil du der Sohn eines Waldgeistes bist?« Polterer schwang jetzt im Takt mit Zaunkönig seine Beine über dem Abgrund. »Das kann gut sein.« Zaunkönig wischte sich die sandigen Hände an ihrer zerfetzten Lederhose ab. »Hast du ihn schon einmal gesehen? Deinen Vater, meine ich?«
    »Oh, ja«, sagte Polterer und nickte. »Als ich noch klein war, kam er abends immer an mein Lager und hat mich in den Schlaf gesungen. Seine Stimme klang wie der Tod.«
    Zaunkönig überlief ein Kribbeln, das bis in ihre Haarwurzeln reichte. »Der Tod?«
    »Nun ja, ich meine damit, dass seine Stimme so klang wie die Laute, die Großmutter Erde von sich gäbe, wenn alle Bäume, alle Vögel und alle Tiere sterben würden. Wenn Windmutter verstummen und alle Flüsse austrocknen und die Menschen verschwinden würden.«
    »Für mich klingt das wie Stille, Polterer.«
    Er nickte beifällig. »Ja, wie laute Stille. Wenn mein Vater mir vorsang, habe ich mir immer die Ohren zugehalten, damit es nicht so weh tat.«
    Zaunkönig warf einen Blick hinauf zu Großvater Tagbringer. Sein leuchtendes Gesicht hatte sich an den Wolkenriesen vorbeigeschoben, und grelles Sonnenlicht durchflutete jetzt die Wälder. Die Dunstdecke über dem kleinen Teich löste sich in durchscheinende gelbe Schleier auf, die von den warmen Strahlen nach und nach aufgeleckt wurden.
    »Weißt du was, Polterer?«
    »Was?« Polterer blinzelte sie fragend an.
    »Manchmal verstehe ich kein Wort von dem, was du mir erzählst.«
    Zärtlich tätschelte er ihr mit seinem dicken Handschuh den Arm. »Du musst mich nur besser kennen lernen. Inzwischen hast Du doch auch nicht mehr so viel Angst vor mir wie zu Anfang, stimmt's?«
    »Ja, das stimmt. Hast du versucht, weniger Furcht einflößend zu sein, Polterer?«
    »Oh, ja - Ich habe mir alle Mühe gegeben.«
    Jetzt lächelte Zaunkönig wieder. »Inzwischen habe ich gar keine Angst mehr vor dir. Obwohl, es gibt Augenblicke, da erschreckst du mich schon noch ein wenig, aber…«
    Im rasch wechselnden Licht des beginnenden Tages glaubte Zaunkönig unten an dem Geröllabhang etwas wahrgenommen zu haben - eine Reihe dunkler Schatten, die sich über das poröse Gestein zogen. Sie kniete sich hin und schirmte die Augen gegen die grelle Sonne ab. Kleine Steinhäufchen warfen diese Schatten.
    »Polterer!«, rief sie aufgeregt und deutete mit dem Finger nach unten. »Sieh nur, die Pumaspuren! Kannst du sie erkennen? Das Gewicht seiner Pfoten hat die kleinen Steinchen zu Hügeln aufgeworfen. Gleich dort unten, die Fährte führt den ganzen Abhang entlang!«
    Polterer stand auf. »Wo denn? Ich sehe nichts.«
    »Vielleicht bist du nicht groß genug. Aber ich sehe sie. Dort unten. Ehrenwort!«
    Der weiße Fuchsumhang bauschte sich um seine kurzen Beine, als er den tückischen Hang hinabstolperte, um die Spuren selbst in Augenschein zu nehmen. Als er die Fährte

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