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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Vorstellung schnürte es Elchgeweih die Kehle zu. Wenn Blauer Rabe das tatsächlich getan hatte, dann war er ihr wirklich fremd geworden. Ihr Blick machte sich abermals an den Spuren fest. Blauer Rabe hatte in der Sohle seines rechten Mokassin eine dicke Falte, die sich quer über das ganze Fußbett zog.
    »Du musst zugeben«, sagte Eichel leise und nur für ihre Ohren bestimmt, »dass es den Anschein hat, als habe Springender Dachs am Ende doch Recht behalten. Wir haben keine Spuren entdeckt, von denen wir mit Bestimmtheit sagen könnten, dass sie entweder von einem kleinen Jungen oder einem Mädchen stammen.«
    »Was bedeutet, dass Blauer Rabe die beiden noch nicht eingeholt hat.«
    »Dafür aber zwei andere Leute. Blauer Rabe ist in ihr Lager spaziert und hat sich an ihr Feuer gesetzt. So als ob er sie kennen würde.«
    Elchgeweih dachte darüber nach, während sie die Spuren studierte. Die Mokassins, denen sie folgten, hatten den weichen Boden bis hinunter zu der Wiese im Tal aufgewühlt. War das Rauch, der dort am Rand der Wiese aufstieg? Oder Nebel? Sie behielt die Schwaden im Auge, als sie sagte: »Er ist nicht einfach so in ihr Lager spaziert. Du hast die Spuren ja gesehen. Er blieb nämlich eine ganze Weile hinter dem Findling stehen, bevor er sich zeigte.«
    »Das stimmt. Dann hat er sie vielleicht doch nicht gekannt und musste sich erst davon überzeugen, dass diese Leute der Beschreibung entsprachen, die man ihm gegeben hatte. Aber das kommt auf das gleiche hinaus. Er traf mit ihnen zusammen und wandert jetzt gemeinsam mit ihnen immer tiefer in das Gebiet der Schildkröten hinein. Wie es scheint, hat er …«
    Hinter ihnen erhob sich plötzlich lautes Geschrei. Die beiden fuhren gleichzeitig herum und versuchten an den wild durcheinander rennenden Kriegern vorbeizuspähen.
    »Was ist da los?«, flüsterte Eichel erregt. »Ein Kundschafter?«
    »Wo?«
    Elchgeweih trat näher zu ihm hin und stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Köpfe der Krieger hinwegzuschauen.
    »Sieh nur, dort!«, rief Eichel und deutete mit dem Finger. »Ist das nicht Quellwasser?« Elchgeweih lief ein eiskalter Schauder über den Rücken. »Ja, ich glaube, du hast Recht. Aber unsere Anführerinnen haben ihn doch als Kriegsführer des Dorfes bestimmt, solange wir unterwegs sind. Was macht er hier?«
    »Das weiß ich nicht, aber irgendwie gefällt mir die Sache nicht.«
    »Mir auch nicht. Darum lass uns hören, was er zu berichten hat«, erwiderte sie und begann sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Kriegerschar zu bahnen. Und Eichel hielt sich dicht hinter ihr. Und dann sahen sie Quellwasser, der eifrig auf Springender Dachs einredete. Der Hochgewachsene junge Krieger hatte den Oberkörper nach vorn gebeugt und die Hände auf die Knie gestützt, um nach dem anstrengenden Lauf wieder zu Atem zu kommen. Dabei haftete sein Blick auf der grob geschnitzten Maske, die jetzt das verweste Gesicht von Lahmer Hirsch bedeckte. Springender Dachs hielt den Pfahl mit stolz geschwellter Brust an seiner Seite, als handle es sich um ein Signum seiner Autorität. Offenbar spürte Quellwasser das Böse, das von dieser Maske ausging, denn jedes Mal, wenn sein Blick darauf fiel, verzog er das rußverschmierte Gesicht. Die Kleider, die er an seinem drahtigen Körper trug, waren völlig verdreckt und zerrissen. Obgleich er erst zwanzig Winter zählte, sah er an diesem Morgen aus wie ein alter Mann. Tiefe Falten zogen sich über seine Stirn und umrahmten seine müden Augen. Das lange schwarze Haar hing ihm in verfilzten Strähnen um die Schultern. Offenbar hatte er sich seit Tagen nicht mehr gekämmt.
    Immer noch nach Atem ringend berichtete er: »Frost-auf-den-Weiden… ist zur neuen Klanvorsteherin ernannt worden. Allein der Gnade unserer Ahnen hat sie es zu verdanken, dass sie noch am Leben ist. Das Haus ist über ihr…zusammengestürzt…hat sie aber nicht…erschlagen. Keiner von uns traute seinen Augen, als… sie aus dem Trümmerhaufen herausgekrochen kam.«
    Springender Dachs gewahrte Elchgeweih, und sein Blick verfinsterte sich; ein heilloser Zorn funkelte in seinen Augen. »Wiederhole das noch einmal. Damit es alle hören können.«
    Der junge Krieger nickte ergeben und holte tief Luft. Dann richtete er sich zu voller Größe auf und rief mit kräftiger Stimme: »Ich bin drei Tage und drei Nächte gerannt, ohne Pause, ohne zu schlafen, ohne einen Bissen zu essen! Ich - ich musste euch finden!«
    »Was ist denn passiert?« Elchgeweih

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