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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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tun«, fuhr Schwarzer Stein herum, als habe man ihn geohrfeigt.
    »Was!«
    »Schwarzer Stein, ich möchte, dass du Grünschnabel nimmst, Sauerklee, Weide und…« - er spähte durch die Höhle - »und Langhorn. Ihr fünf macht den Anfang. Lauft nach Westen. So schnell euch eure Beine tragen. Lenkt sie ab, wenn ihr könnt. Ich gebe euch zehn Herzschläge Vorsprung, dann renne ich mit Laufente und Feuerrabe Richtung Osten los, über den Wildpfad zwischen den Felsen hindurch. Ich werde die beiden Jungen decken, solange ich kann. Vielleicht, wenn Fallende Frau uns wohl gesonnen ist, schafft es einer von uns bis hinauf auf die Felsenklippe.«
    »Und welchem Zweck soll das dienen?«, meinte Schwarzer Stein zweifelnd.
    »Es gibt nur einen einzigen Zweck, Schwarzer Stein.«
    Gefangene würde man tagelang quälen und foltern. Dafür würde Springender Dachs mit Freude Sorge tragen. Er würde seine Gefangenen sogar mit Gewalt füttern, damit sie länger bei Kräften blieben und länger leiden konnten. Ihnen blieb nur noch eine Möglichkeit: Sie mussten den feigen Wanderer-Kriegern zeigen, was Mut bedeutete.
    Lahmer Hirsch teilte seine Pfeile auf, behielt zwei für sich und reichte Schwarzer Stein die übrigen drei.
    Schwarzer Stein starrte sie eine Weile schweigend an. Eine seltsame Ruhe war über ihn gekommen. »Ja«, sagte er schließlich. »Du hast Recht. Zumindest können wir auf diese Weise…« Seine Stimme erstarb. Er steckte die Pfeile in seinen Köcher und rief dann plötzlich mit kraftvoller Stimme: »Lasst uns diesen Feiglingen zeigen, wie die tapferen Buntfelsen-Krieger sterben! Kommt her, Freunde!« Die junge Langhorn trat als erste zu ihm. Sie zitterte wie Espenlaub. Sauerklee und Grünschnabel folgten. Schafgarbe humpelte heran und stellte sich hinter sie. Aus der verbundenen Wunde an seinem Bein sickerte Blut. Die Männer, die Langhorn um Haupteslänge überragten, ließen sie so klein und schmächtig erscheinen wie einen jungen Schößling.
    Schwarzer Stein trat näher an Lahmer Hirsch heran und flüsterte ihm zu: »Was ist mit den Verwundeten? Möchtest du, dass ich …«
    »Nein«, antwortete Lahmer Hirsch. »Das obliegt meiner Verantwortung.«
    Schwarzer Stein blickte seinem Freund lange und eindringlich in die Augen, dann wandte er sich ab, nickte und stieß einen gellenden Kriegsschrei aus, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Dicht gefolgt von seinen Kriegern stürmte er aus der Höhle. Staubwolken wirbelten auf, als sie den Pfad hinabstürmten …
    In der Gruppe der Wanderer wurden Rufe des Erstaunens laut. Sie fluchten und hoben hastig ihre Bögen. Einige von ihnen nahmen die Verfolgung der Buntfelsen-Krieger auf.
    Lahmer Hirsch riss sein Messer aus dem Gürtel und eilte in den hinteren Teil der Höhle, wo Schafgarbe lag. Der Verwundete starrte ihn aus großen Augen an.
    »Beeil dich«, keuchte er. »Bitte… mach schnell.«
    Lahmer Hirsch betrachtete einen Moment lang das junge Gesicht des tapferen Kriegers, dann schlitzte er ihm mit einem schnellen, präzisen Schnitt die Kehle auf.
    Laufentes heiserer Schrei hallte von den felsigen Wänden der Höhle wider. »Was hast du getan?« Der Junge warf sich über seinen Bruder und schluchzte, als Schafgarbes Kopf schlaff zur Seite fiel. Lahmer Hirsch lief zu Eisvogel hin. Der starrte ohne zu blinzeln hinauf zur Decke. Staub und welke Blätter bedeckten seine weit aufgerissenen, toten Augen. Lahmer Hirsch strich seinem Freund liebevoll über die Wange und richtete sich wieder auf.
    »Feuerrabe? Laufente?« Er hob die rechte Hand und ballte sie zur Faust. Das Zeichen für die Jungen. »Folgt mir!«
    Lahmer Hirsch rannte aus der Höhle hinaus ins gleißende Morgenlicht. Im Westen sah er nur noch Schwarzer Stein laufen. Mindestens zwanzig Krieger hatten sich an seine Fersen geheftet. Lahmer Hirsch schlug die Richtung nach Osten ein.
    »Feuerrabe«, rief er über die Schulter, »lauf links von mir! Laufente, du bleibst dicht hinter mir!« Lahmer Hirsch folgte dem Wildpfad, der sich zwischen den zerklüfteten, mit Gestrüpp und Flechten bewachsenen Felsbrocken hindurchschlängelte. Hitziges Kriegsgeheul ließ die Luft erzittern. Lahmer Hirsch rannte immer schneller. In einer Biegung warf er einen Blick zurück über die Schulter. »Laufente«, keuchte er. »Wo bist …«
    »Er wollte seinen toten Bruder nicht zurücklassen!«, rief Feuerrabe. »Er ist neben Schafgarbe sitzen geblieben.«
    Übelkeit stieg in Lahmer Hirschs Kehle auf. Er hetzte weiter.

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