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Vox

Vox

Titel: Vox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baker
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mir wird gleich schlecht, aber da war dieser Mensch in meinem Bad, wusch sich das Gesicht, putzte sich die Zähne, summte fröhlich vor sich hin, und ich stöhnte, lehnte an der Tür, ich klopfte höflich, machte so schwache Tastgeräusche, doch dieser Mensch hatte innen den Haken in der Öse, weil die Verriegelung es nicht tat, und er freute sich wie ein Schneekönig, mich zu hören, oder meinte, ich würde einen Witz machen, mit dem Klopfen hallo sagen, und so übergab ich mich an meiner eigenen Badezimmertür.»
    «Wie schrecklich.»
    «Entschuldige meine Geschmacklosigkeit. Zum Glück war es nur die übliche Fruchtbowle. Er war sehr nett, wischte mich ab, er wischte die Tür ab, zog mich aus und steckte mich in ein Nachthemd. Aber später läßt er mich natürlich abrupt fallen, weil ich ihm sage, er soll seinen Füller in die Gesäßtasche stecken. Und unter der Dusche überfallen mich dann eben solche Sachen, und dann fluche ich, damit sie weggehen.»
    «Verstehe völlig. ‹Raus aus meiner Dusche! Weg da!›»
    «Ja ja. Und ich wasche mich auch unter der Dusche. Und denke an die ganzen Sachen, die ich noch machen muß. Das Kommen ist also nur ein Punkt auf der Liste. Es ist ja nicht so, als drehte sich mein ganzes Leben darum.»
    «O ja, o nein, das weiß ich doch. Aber – wäschst du dir die Haare, bevor du kommst oder danach?»
    «Im allgemeinen bringe ich erst mal die praktischen Sachen hinter mich, dann sondiere ich, ob ich kommen will oder nicht.»
    «Was hast du für eine Haarfarbe?» fragte er.
    «Hellbraun. Gewellt. Aber ziemlich kurz. Und du?»
    «Schwarz», sagte er. «Und jetzt erzähl mir von den Sachen, die du machen mußt und an die du letzte Nacht unter der Dusche gedacht hast.»
    «Ach, Arbeitssachen. Briefe, die ich schreiben müßte – eigentlich müßte ich sie jetzt gerade schreiben.»
    «Bloß nicht.»
    «Und ich muß den Flur in meiner Wohnung neu streichen. Ah, jetzt erinnere ich mich an eins meiner erotischen Bilder von gestern. Die Leute vor mir hatten so eine schreckliche Tapete, eine Art Metallictapete mit einem Muster von einem Baum und einem Lattenzaun, an dem ein Wagenrad lehnt, und es wiederholte sich ständig. Schlimm.»
    «Klingt nicht so toll.»
    «Also hab ich sie beim Einzug überstrichen», sagte sie. «Und zwar in einem Farbton mit Namen Papierlampion – in zwei Schichten. Jemand sagte: ‹Du weißt ja, daß du da eine Metallictapete überstreichst, das kommt du-hurch›, aber ich konnte mich einfach nicht dazu durchringen, die alte Tapete ganz abzudampfen – wenn ich das getan hätte, dann hätte sich das Muster in meine Psyche eingeprägt, es wäre mir noch mit achtzig hochgekommen, auf dem Sterbebett. Also überstrich ich sie einfach, mit zwei dicken Schichten. Und im ersten Jahr war alles prima. Aber dann hatten wir diesen tödlichen Sommer, und irgendwie schwitzte die Luftfeuchtigkeit das Metallicmuster wieder durch, so daß man jetzt den Lattenzaun und das Wagenrad erkennen kann. Aber nur sehr schwach. Und eigentlich finde ich es gar nicht mal so schlecht. Aber ich müßte es eben doch überstreichen. Und unter der Dusche hatte ich also die Vorstellung, wie ich die Flurwand mit einer Rolle strich. Was für eine Zeitverschwendung. Und dann dachte ich, Moment mal, ich habe das Geld, diesmal hole ich mir jemand, der es mir streicht. Und so tauchten drei Maler auf, und plötzlich war da ein großes Loch in der Wand, ungefähr einen Meter über dem Boden, groß genug, daß ich durchpaßte, so daß meine Beine im vorderen Flur standen, während Kopf und Oberkörper im Wohnzimmer waren. Das Loch war gut gemacht und mit Schaffell ausgekleidet. Ich hatte nichts an. Meine Hände ruhten auf zwei vollen Farbeimern. Das Komische war aber, daß die Farbeimer warm waren. Ein Maler machte das Wohnzimmer und die beiden anderen den Flur, wo mein Unterkörper war. Der Maler, den ich sehen konnte, schien mich nicht wahrzunehmen. Er strich eine Wand mit dem Rücken zu mir. Die Maler im Flur arbeiteten mit Rollen, aber mit so Heizkörperrollen, wie man sie für Feinarbeiten benutzt, zirka zehn Zentimeter lang, ganz niedliche kleine Rollen, mit denen man überall hinkommt. Irgendwie wußte ich, daß einer der Flurmaler versehentlich die falsche Farbe hatte, die Farbe, die ich fürs Wohnzimmer genommen hatte, sie hieß Opulent-Opal – offenbar hatte er den falschen Farbeimer von seinem Lieferwagen genommen. Sehr gedankenlos. Der andere war gewissenhafter – er benutzte das glänzende

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