Voyeur
«Vielleicht nicht. Aber was hindert sie dann daran, trotzdem mit ihm nach Amerika zu
gehen?»
«Du. Sobald er sich, äh, kompromittiert hat, ist er angreifbar und wird mit sich reden lassen. Du wirst ihn in jede beliebige
Richtung manipulieren können. Er wird auf keinen Fall wollen, dass Anna herausfindet, dass er eine Affäre mit einem Mann
hatte. Es wäre wesentlich einfacher für ihn, sich plötzlich aus dem Staub zu machen und allein zurückzugehen. Vorausgesetzt
natürlich, dass er sie nach einer Nacht mit dir überhaupt noch mitnehmen will.»
Zeppo ignorierte meinen galanten Versuch, einen Scherz zu machen. «Es wäre wesentlich leichter, ihn einfach zu erpressen.
Das Ganze wird zu kompliziert.»
«Überhaupt nicht. Außerdem ist das einzige Erpressungsmittel, das wir gegenwärtig haben, ein letztlich unbestätigter Besuch
in einer Schwulenbar. So aber hätten wir ihn total in der Hand.»
Er war nicht überzeugt. «Ich halte es trotzdem für zu riskant.»
Im Nachhinein ist mir klar, dass er recht hatte, und ich frage mich jetzt, ob ich damals nicht ein wenig blind gewesen
bin, weil ich nur mein eigentliches Ziel vor Augen hatte. Doch wenn, dann war es mir nicht bewusst.
«Das ist es nicht», sagte ich. «Du suchst nur nach Ausreden.»
Zeppo seufzte und hob die Hände. «Okay. Wir machen es auf deine Art. Nur gibt mir dann nicht die Schuld, wenn es schiefgeht.»
«Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du |116| dein Selbstvertrauen verloren hast. Hast du durch Anna den Glauben an deine Fähigkeiten verloren?»
«Pass auf, ich habe gesagt, dass ich es mache. Übertreib es nicht.» Er stand auf und schenkte sich, ohne zu fragen, einen
neuen Drink ein. «Wir müssen uns etwas ausdenken, damit Anna eine Weile aus dem Weg ist.»
«Keine Sorge», sagte ich. «Darum werde ich mich kümmern.»
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|117| Kapitel 8
«Amsterdam?»
Anna starrte mich an. Ich nickte. «Ich weiß, dass es schrecklich viel verlangt ist, und wenn ich eine andere Lösung wüsste,
würde ich Sie nicht fragen. Aber mir fällt keine ein.» Ich schaute sie entschuldigend an. «Mir ist klar, dass ich Sie damit
überrumpele und Sie eine Menge um die Ohren haben, aber wenn Sie es irgendwie schaffen könnten, würde es mir unheimlich
helfen. Wenn Sie aber nicht können, müssen Sie es ehrlich sagen. Ich möchte Ihnen nichts aufzwingen.»
Sie schien völlig sprachlos zu sein. «Nein, nein, natürlich. Es ist nur, äh, es ist ziemlich kurzfristig. Und ich habe
noch nie bei einer Auktion geboten.»
Ich nickte. «Das ist mir klar, und wenn Sie nicht fahren können, dann ist das völlig in Ordnung. Völlig. Dann werde ich
mir etwas anderes überlegen.»
«Ich sage nicht, dass ich nicht kann», beeilte sie sich zu sagen. «Es kommt nur etwas plötzlich, das ist alles.» Sie biss
sich auf die Lippe. «Sie müssen es doch nicht sofort wissen, oder? Kann ich Ihnen heute Nachmittag Bescheid geben? In der
Mittagspause treffe ich mich mit Marty, dann kann ich es |118| mir noch so lange überlegen und dann mit ihm besprechen. Ist das in Ordnung?»
«Selbstverständlich! Ich möchte Sie nicht drängen. Es tut mir leid, dass ich Sie überhaupt fragen muss, aber ich kann unmöglich
selbst fahren, deshalb …» Ich winkte ab. «Sie sprechen mit Marty und sagen mir heute Nachmittag Bescheid. Egal, wie Sie sich entscheiden, es ist
in Ordnung.»
Mein Treffen mit Zeppo war zwei Tage her. So lange hatte ich gebraucht, um mir zu überlegen, wie Anna von der Bildfläche
verschwinden kann. Eine Liste mit bevorstehenden Auktionen hatte mich auf die Idee gebracht. Zwei fanden in der folgenden
Woche in Amsterdam statt, dazwischen lag ein freier Tag. Eigentlich wurde auf beiden nichts versteigert, was mich interessierte,
aber das musste Anna nicht wissen. Als Grund, warum ich nicht selbst fahren konnte, hatte ich den Besuch eines wichtigen
Käufers erfunden, und wenn ich sie davon überzeugen konnte, an meiner Stelle zu fahren, würde ihr Freund für drei volle
Tage allein sein.
Sie kam aus der Mittagspause mit einem Lächeln zurück. «Ich habe mit Marty gesprochen. Er meint, es spricht nichts dagegen,
dass ich fahre. Es sind ja nur ein paar Tage, außerdem wird es eine gute Erfahrung sein, oder?»
«Eine ausgezeichnete Erfahrung», schwärmte ich. «Und ich bin mir sicher, dass es Ihnen gefallen wird. Ich kann Ihnen gar
nicht sagen, welche Last Sie mir damit von den Schultern
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