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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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keine Susan. Na ja, da stand ich also vor dem Haus und fragte mich gerade, was ich jetzt
     machen soll, als einer ihrer Mitbewohner auftaucht. Er heißt Stuart. Toller junger Mann. Ich kannte ihn noch nicht, aber
     er ließ mich rein, machte mir eine Tasse Tee und erzählte mir, dass Susan ins Kino gegangen sei!»
    Sie schaute mit großen Augen an die Decke. «Na ja, ich war ziemlich sauer, das kann ich Ihnen sagen. Zum Glück hatte ich
     mich wieder ein bisschen beruhigt, als sie nach Hause kam. ‹Was machst du denn hier, Mama?›, fragt sie, ehe ich etwas
     sagen kann. Stuart meinte: ‹Ich habe deiner Mutter gesagt, du bist ins Kino gegangen. Um einen Warhol-Film zu sehen.› Ich
     habe keine Ahnung, ob das stimmt oder nicht, aber es dauerte ein paar Augenblicke, ehe sie ‹Oh   … ja, richtig!› sagte. Man kann also seine eigenen Schlüsse ziehen.» Sie lachte in sich hinein und schüttelte den Kopf. «Ich
     glaube, diese jungen Leute denken alle, wir müssen alt geboren worden sein. Wo sie gewesen ist, war mir ja ganz egal,
     ich |297| wollte nur wissen, warum zum Teufel sie mich den ganzen Nachmittag hat warten lassen. ‹Ich dachte, wir wollten dir ein neues
     Kleid oder so kaufen?›, sagte ich.» Sie hob eine Hand. «Das hatte sie natürlich völlig vergessen.»
    Sie lachte wieder. «Am Ende haben wir jedenfalls alles geklärt. Aber dann wollte sie mich heute Abend ausführen. ‹Nein›,
     sagte ich, ‹tut mir leid, aber du hast deine Chance gehabt. Dieses Vergnügen wird nun ein anderer glücklicher Mensch haben.›»
     Ich spürte, wie mein Gesicht zu glühen begann, was ich damit zu verbergen versuchte, dass ich einen Schluck aus meinem
     fast leeren Glas trank. Auch sie nahm ihren Drink. Mit einem törichten Lächeln setzte sie ihn ab.
    «Na ja, so sind Kinder eben.» Sie schaute mich an. Mir wurde schlagartig bewusst, dass ich das Objekt ihrer Aufmerksamkeit
     war. «Haben Sie welche?»
    Es war das erste Mal, dass mir jemand diese Frage stellte. «Ich? O nein. Nein.»
    «Sehr weise. Die meiste Zeit gehen sie einem nur auf die Nerven. Wie ich zu meiner Tochter heute sagte: ‹Wenn ich nochmal
     jung wäre, würde ich lieber ein paar Katzen haben. Die machen mehr Freude und weniger Ärger.›»
    Als mir klarwurde, dass es ein Witz war, lachte ich pflichtbewusst mit ihr. Ein Kellner erschien und sagte uns, dass unser
     Tisch fertig sei. Froh um die Atempause, ganz gleich wie kurz, folgte ich ihm ins eigentliche Restaurant.
    Der Tisch stand in einer Ecke. Ich sah es mit Entsetzen und schaute mich nach einem weniger abgeschiedenen um. Es gab mehrere,
     die sogar frei waren, aber mir kam keine Idee, wie ich den Umzug begründen sollte. Nachdem wir Platz genommen hatten, verschlimmerte
     der Kellner mein |298| Unbehagen noch, indem er die Kerze in der Mitte des Tisches anzündete. Alles schien sich verschworen zu haben, eine romantische
     Stimmung zu schaffen. Ich wunderte mich, wie ich auf den Gedanken kommen konnte, dass das Restaurant keine intime Atmosphäre
     hatte, denn jetzt war es mir viel zu intim. Am liebsten hätte ich allen Anwesenden gesagt, dass wir kein Paar sind.
    Der Kellner reichte uns die Speisekarten. «Bevor wir etwas bestellen, möchte ich klarstellen, dass Sie eingeladen sind»,
     sagte sie. «Keine Widerrede.»
    Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht auf die Idee gekommen wäre. Doch dann wurde mir klar, dass ich wenigstens
     pro forma widersprechen sollte. «Nein, das kommt gar nicht in Frage.» Ich bemühte mich, galant zu sein. «Das ist das Mindeste,
     was ich tun kann, nachdem ich Sie heute Nachmittag versetzt habe.»
    Sie hob eine Hand. «Nein, ich will nichts hören. Ich habe Sie eingeladen, also geht es auf meine Rechnung.»
    «Nein, wirklich   …»
    «Wissen Sie was, Sie können mich das nächste Mal einladen.»
    Mein Lächeln erstarrte. Die Worte trafen mich wie ein Schlag in den Magen und löschten jedes Hungergefühl aus.
Das nächste Mal.
Beklemmung kam in mir auf. Ich fügte mich mit ein paar gemurmelten Floskeln und tat so, als würde ich die Speisekarte studieren,
     wobei ich nur auf die verschnörkelten Zeilen starrte, ohne sie zu lesen.
    Als der Kellner wiederkam, bestellte ich das Erste, was mir ins Auge fiel. Ich hatte keinen Appetit. Bereitwillig stimmte
     ich der Weinauswahl meiner Gastgeberin zu und betete, dass |299| die Flasche nicht zu lange auf sich warten ließ. Ich musste unbedingt etwas trinken. Ich fühlte mich durch und durch

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