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Voyeur

Titel: Voyeur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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gelähmt,
     meine Zunge lag mir wie ein Klotz im Mund. Glücklicherweise wurde mir sowieso kaum Gelegenheit gegeben, sie zu bewegen.
    Während des Essens schwafelte sie in einem fort und benötigte nur gelegentlich eine Bemerkung von mir, um ihren Monolog aufrechtzuerhalten.
     Ich vernahm einen unstrukturierten Mischmasch aus halbgaren Ansichten, Familientratsch und was ihr sonst beim Reden zufällig
     in den Sinn kam.
    Außerdem erfuhr ich, dass sie keinen Mann hatte.
    «George – das war mein Ehemann – hat immer gesagt, dass jeder Mann, der nicht Golf spielt, einen ernsthaften Charakterfehler
     haben muss. Das war jedenfalls seine Ausrede, wenn ich mich mal wieder beschwert hatte, dass er seine ganze Freizeit im
     Club verbringt. ‹Margaret, du solltest dankbar sein›, hat er dann gesagt. ‹Manche Männer haben Geliebte, manche Männer
     sind Alkoholiker, manche Männer sind Spieler. Du musst nur mit einem weißen Ball und ein paar Hektar Rasen konkurrieren.›»
    Sie lachte. «Da hatte er natürlich recht. Als ich Witwe wurde, merkte ich schnell, dass es nicht halb so schlimm war, eine
     Golfwitwe zu sein.»
    Das war wohl eine der Stellen, an der eine Bemerkung von mir erwartet wurde. «Wann war das?», fragte ich lustlos.
    «Wann ich Witwe wurde? Ach, vor über zwei Jahren. Keine Sorge, ich bin darüber hinweg. Es besteht keine Gefahr, dass ich
     heule oder trübsinnig werde oder so. Damals war es natürlich ein ganz schöner Schlag. Autounfall. Völlig unerwartet. |300| Aber das Leben geht weiter, nicht wahr? Ich musste mich um mein Geschäft kümmern, das hat mir geholfen. Denn die Kinder
     waren ja schon aus dem Haus und mussten nicht mehr umsorgt werden. Andererseits», sagte sie lachend, «wenn ich an heute
     Nachmittag denke, bin ich mir da nicht so sicher.»
    Während sie sprach, hatte sie sich über den Tisch gebeugt und kurz meinen Arm berührt. Es kostete mich eine ungeheure Willensanstrengung,
     nicht von ihr wegzurücken. «Aber sagen Sie mal, ich rede ja die ganze Zeit», fuhr sie fort. «Ich muss Sie doch zu Tode langweilen.
     Sagen Sie mir einfach, wenn ich den Mund halten soll.»
    «Nein, das ist ganz in Ordnung.»
    «Aber was ist mit Ihnen? Ich habe so viel gequasselt, dass Sie gar nicht zu Wort gekommen sind. Im Grunde sind Sie immer
     noch ein Geheimnis für mich. Ich weiß, was für ein Auto Sie fahren, aber das war’s auch schon. Sind Sie verheiratet?»
    Die Frage kam so plötzlich, dass mein Gesicht zu glühen begann. Sie hatte ihren Kopf neugierig geneigt. «Nein. Nein, leider
     nicht.» Ich fühlte mich in die Ecke gedrängt.
    Sie nickte leicht. «Ja, das dachte ich mir. Kein Ring», erklärte sie und deutete auf meine Hand. «Außerdem scheinen Sie
     nicht der Typ dafür zu sein.»
    Sie lächelte und schaute mich sehr genau an. Ich hatte keine Ahnung, wie der verheiratete Typ aussieht, und es war mir auch
     egal. Ich nahm noch einen Schluck.
    «Ein recht guter Wein», sagte ich.
    «Ja, er ist nicht schlecht, oder? Obwohl ich zugeben muss, dass ich mich mit Weinen überhaupt nicht auskenne. Ich |301| trinke jeden Fusel, solange er nicht wie Essig schmeckt. Ich habe keinen besonders feinen Gaumen. Aber ich weiß genau, was
     ich mag.»
    Der letzte Satz schien mit allerlei unangenehmen Bedeutungen erfüllt zu sein. Ich merkte, wie verklemmt ich dasaß, und versuchte,
     mich zu entspannen. Vielleicht übertrug sich meinen Verlegenheit ein wenig auf sie, denn es entstand eine Gesprächspause,
     die erste des Abends. Unsere Teller waren leer, wir konnten uns mit nichts ablenken. Die Stille zog sich in die Länge. Ich
     überlegte, was ich sagen könnte, mir fiel aber nichts ein. Ich war schon kurz davor, eine weitere Bemerkung über den Wein
     zu machen, als sie wieder das Wort ergriff.
    «Und, wie sind Sie ins Kunstgeschäft gekommen?»
    Froh, dass die unangenehme Stille vorbei war, gab ich ihr eine Zusammenfassung meines früheren Lebens. Sie hörte aufmerksam
     zu, und ich konzentrierte mich allein auf meine Erzählung. Wenigstens war es ein sicheres Thema.
    «Ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie einmal selbst ein armer Künstler waren», sagte sie. «Aber zu Ihrem Privatvergnügen
     malen Sie doch bestimmt noch, oder?»
    «Nein, leider nicht.»
    «Nicht einmal ab und zu? Vermissen Sie es nicht?»
    Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. «Nein, eigentlich nicht.»
    Sie wirkte überrascht. «War es eine bewusste Entscheidung? Ich meine, als Sie als Künstler desillusioniert waren,

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