VT05 - Tag der Vernichtung
Weinglas und nickte langsam. »Sie glaubt, dass er bewusst töten wollte, und sie glaubt, dass er mitbekommen hat, was er tat.«
»Wer will das mit letzter Sicherheit sagen?«, wandte Steelwalker ein.
»Stellt euch nur einmal vor, diese Droge gerät in die Hände von Terroristen oder Warlords«, sagte Leila leise. »Sie könnten ihre Killer damit zu effektiven Mordmaschinen machen.«
»Sie könnten sogar unschuldige Menschen gegen ihren Willen zu Mordmaschinen machen«, sagte Steelwalker.
»Wie auch immer – wir müssen etwas dagegen unternehmen.« Tom Percival lehnte sich zurück. »Ich werde in der SUN noch zwei oder drei Artikel über die Sache schreiben. Doch irgendwann gibt’s die nächste Sensation, und die Leute vergessen den Vorfall und die Droge. Bis wieder ein Scheintoter Amok läuft, oder einer im Wachkoma. Und solange Männer wie van der Groot und Knox frei herumlaufen, kann man das nicht ausschließen.«
»Man muss sie wegsperren«, flüsterte Leila. »Sie müssen in einen Hochsicherheitstrakt verschwinden.« Wieder dachte sie an ihren Mann, und die Erinnerung erfüllte sie mit Bitterkeit.
»Ich werde mich mit den Kollegen von der deutschen Bundespolizei in Verbindung setzen«, sagte Steelwalker.
»Vielleicht finden wir gemeinsam etwas, wofür uns ein Richter einen Haftbefehl für Vranitzki und seine Freundin ausstellt. So viel ich weiß, observiert die deutsche Polizei ihn.«
»Und van der Groot?«, fragte Percival.
»Sitzt in irgendeinem Gefängnis in Daressalam.«
»Sollte er freikommen, wird er weitermachen.«
»Er wird so schnell nicht freikommen.« Leila schlug die Auslandsseite der SUN auf. »In Tansania ist jetzt ein Diktator an der Macht. Es gibt Berichte von Folterungen und Massakern. Ausländer sind auch betroffen.«
»Wir müssen es wenigstens versuchen.« Steelwalker schnitt eine grimmige Miene und nickte. »Ich werde mich gleich morgen früh mit der Regierung in Verbindung setzen. Wir brauchen einen Auslieferungsantrag. Der Mann muss vor ein holländisches Gericht.«
***
Köln, 13. September 2011
Er trug ein schwarzes Lederjackett über einem gelben Muskelshirt. Sein kahler Schädel glänzte, sein schwarzer Oberlippenbart war ein schwarzer Strich, sein Kinnbart ein kleines schwarzes Horn. Er war groß und breitschultrig. Selbst unter der Lederjacke sah man die Wölbungen seiner Armmuskulatur tanzen.
Der Mann hieß Rolf Karmann. Die ganze Szene kannte ihn, und die halbe Szene spitzelte für ihn. Karmann war Inspektor der Kölner Polizei. Er arbeitete in der Drogenfahndung. Und er kam tatsächlich allein; das hatte Knox am Telefon verlangt.
»Was kann ich für dich tun, Knox?«, fragte er, als er sich gesetzt hatte. Er grinste kalt. Nicht einmal nach der Uhrzeit würde Knox ihn fragen. Karmann log, wenn er den Mund aufmachte.
»Warum beschattet ihr mich?« Knox hatte eine Szenekneipe im Kölner Norden für das Treffen ausgewählt. Fast alle hier kannten den hünenhaften Tierpräparator mit den Dreadlocks, und fast alle kannten den Bullen mit dem Leninbart.
»Nun, die Sache mit Lupos Amoklauf vor einem Jahr in Amsterdam ist für dich noch nicht ganz ausgestanden, Kollege. Zumal Lupo sich schon wieder ein wenig daneben benommen hat. Jetzt interessiert sich auch Scotland Yard wieder verstärkt für dich. Du hast sicher gelesen, dass es in London vor zwei Jahren einen ähnlichen Fall gegeben hat.«
»Was kann ich dafür, wenn Lupo ausrastet?« Erst vor ein paar Tagen hatten Eusebia und Knox gehört, was geschehen war, als man Lupo obduzieren wollte. Wenn er daran dachte, lief Knox eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken – und zugleich erfüllte ihn grimmige Freude.
»Nichts, hoffe ich für dich.« Die Kellnerin kam an den Tisch, Karmann bestellte eine Cola. »Du hast nur dem durchgeknallten Professor geholfen, diese Zombiedroge herzustellen. Und deswegen bekommst du wohl demnächst eine Einladung zu einem Kaffeekränzchen bei uns im Präsidium.« Karmann grinste höhnisch, die Kellnerin stellte eine Cola vor ihn hin. »Aber das weißt du sicher selbst.«
Knox nippte an seinem Kölsch und musterte den Drogenbullen nachdenklich. Wenn sie ihn vorladen wollten, kannten sie seine neue Adresse also tatsächlich. Und dass er in die Kneipe gekommen war, bewies sein Interesse an Geschäften.
»Ich mach dir ein Angebot, Karmann.« Knox stellte sein Glas ab und beugte sich über den Tisch. Er wusste, wie gefährlich der Bulle war; er musste höllisch aufpassen. »Du
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