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VT05 - Tag der Vernichtung

VT05 - Tag der Vernichtung

Titel: VT05 - Tag der Vernichtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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guckst weg, wenn ich demnächst umziehe, und die Engländer und die Holländer erfahren niemals, wo ich stecke. Im Gegenzug liefere ich dir Infos aus der Szene.«
    Karmanns Augen wurden schmal, seine Lippen dünn. »Ich beschäftige zwei Sekretärinnen, um all die Informationen auszuwerten, die ich aus der Szene kriege. Kann mir nicht vorstellen, dass du was zu bieten hast, das mich interessiert.«
    »Na gut, dann lassen wir’s halt.« Knox lehnte sich zurück und winkte der Kellnerin. »Zahlen!« Er leerte sein Glas.
    »Könntest zum Abschied ja testhalber noch ein Stichwort rauslassen.«
    Knox zog seine Geldbörse. »Pilze.«
    Karmanns linke Braue hob sich um einen Nanometer. Die Kellnerin steuerte den Tisch an. »Bis jetzt habe ich auf die Anfragen aus Amsterdam und London noch nicht reagiert«, sagte Karmann. »Lass hören, Kollege.«
    Knox reichte der Kellnerin das leere Glas. »Noch ein Kölsch.« Er beugte sich wieder über den Tisch. Dass Karmann ganz heiß auf Dealer war, die mit Halluzinogenen Geschäfte machten, wusste er aus der Szene. »Man trifft so allerhand Exoten in den alten Fabriken. Eine Menge Leute auch, die scharf auf Psilocybin sind, aber das weißt du selbst. Aber auch ein paar Leute, die es verkaufen, trifft man in unserer Gegend, und zwar nicht zu knapp.«
    »Willst du mich verarschen, Knox?« Karmanns Miene nahm einen feindseligen Ausdruck an. »Solche Sachen erzählt mir der Pater bei der Domführung! Und wenn ich Lust hab, kann ich sie im EXPRESS nachlesen.«
    Die Kellnerin stellte das Kölsch vor Knox ab. Knox wartete bis sie wieder in Richtung Theke kehrtgemacht hatte. Dann sagte er mit gesenkter Stimme: »Aber wo in Köln ein Gewächshaus steht, in dem ein paar Leute den spitzkegligen Kahlkopf züchten, liest du in keiner Zeitung und hörst du von keinem Beichtvater. Oder täusche ich mich da, Karmann?«
    Der Inspektor taxierte Knox mit ausdrucksloser Miene.
    »Das glaube ich nicht, Kollege Vranitzki.«
    Knox zuckte mit den Schultern. »Dann lass es bleiben.« Er nahm sein Glas und trank.
    »Hast du Beweise?«
    »Beweise…« Knox lachte trocken. »Eine Videoaufnahme des Gärtners bei der Arbeit? Eine vom Züchter unterschriebene Wegbeschreibung, oder was willst du?«
    »Einen Namen, ein Foto, vielleicht auch einen Pilz; möglichst frisch.«
    Knox antwortete nicht gleich. In kleinen Schlucken trank er sein Kölsch und beobachtete dabei die Leute an der Theke, oder tat zumindest so, als würde er sie beobachten. »Habe ich sogar«, sagte er schließlich.
    »Was?« Karmann belauerte ihn von seiner Stuhlkante aus.
    »Ein paar Pilze, zwei Tage alt.«
    »Zeig sie mir.«
    »Hier?« Mitleidig lächelnd betrachtete Knox den Drogenfahnder.
    »Dann lass uns irgendwo hingehen, wo uns keiner beobachten kann.«
    »Damit heute Abend die ganze Szene weiß, dass ich auf deiner Gehaltsliste stehe?«
    »Also gut. Mach einen Vorschlag, Kollege«, forderte Karmann ihn auf.
    »Du kennst doch den Parkplatz an der Schokofabrik.«
    Karmann nickte. »Komme in zwei Stunden dort hin. Steig in meinen Fiat. Bedingung: Du kommst allein und bringst mir einen Schrieb mit, in dem du mir bestätigst, dass weder die Holländer noch die Engländer meinen künftigen Adressen erfahren werden. Der Briefkopf eurer Firma muss darüber stehen.«
    Karmann überlegte ein paar Sekunden lang.
    »Einverstanden«, sagte er endlich. Natürlich log er, aber darauf kam es nicht an. »Wir sehen uns später.« Er stand auf, zahlte an der Theke und ging.
    Durch das Fenster beobachtete Knox, wie er die Straße überquerte und auf der anderen Seite in einen dunklen Passat stieg. »Arschloch«, murmelte er.
    ***
    Daressalam, 19. September 2011
    Am Morgen brachten sie Hahn in die Zelle. Er hatte dichte schwarze Locken, war groß und kräftig, höchstens dreißig Jahre alt und der erste Weiße, den van der Groot seit neun Monaten zu sehen bekam.
    Anfangs betete Hahn fast ununterbrochen; mit geschlossenen Augen und stumm sich bewegenden Lippen.
    Irgendwann brachten sie ihm eine Bibel, danach unterbrach er seine Gebete hin und wieder, um darin zu lesen.
    Van der Groot erschrak ein wenig, als er Hahn auf Englisch ansprach. Der antwortete zwar auf Englisch, aber es war ein Englisch mit unüberhörbarem Schweizer Akzent, und van der Groot, nun ja – es fiel ihm schwer, Schweizern so ganz ohne Vorbehalt zu begegnen. Nur allzu gut erinnerte er sich an den Vorfall auf dem Züricher Flughafen, der ihm die verhängnisvolle Bekanntschaft mit Maren

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