VT05 - Tag der Vernichtung
hängen. Es zeigte zwei Männer: Archer Floyd und Marc Christopher; einen davon kannte sie. Sie blickte genauer hin – die beiden Männer waren Hobby-Astronomen und hatten den neuen Kometen am 25.
August während eines Jamaika-Urlaubs entdeckt.
Leila lächelte und schüttelte ungläubig den Kopf. Archers Gesicht in der SUN zu entdecken, amüsierte sie. Archer Floyd hatte mit ihrem Bruder zusammen studiert und war eine Zeitlang in ihrem Elternhaus ein und aus gegangen. Er hatte um sie geworben. Sie seufzte und blätterte weiter.
»Sie warten auch auf Tom?«, sprach ein Mann sie an. Leila blickte auf – Marc Steelwalker stand vor ihrem Tisch. »Darf ich?«
»Aber ja doch!« Sie faltete die Zeitung zusammen.
Steelwalker setzte sich und bestellte einen Kaffee.
»Scheußliche Sache, was da in Amsterdam passiert ist.«
»Unser Untoter in der Uniklinik?« Leilas Miene verfinsterte sich. »Ich wäre froh gewesen, wenn ich nie wieder von ihm gehört hätte.« Ein Jahr zuvor hatte der Mann im Wachkoma sie und Tom Percival angegriffen, bevor er drei Polizisten und ihre Dogge Hagen getötet hatte. Mindestens einmal in der Woche träumte Leila davon.
Sie legte die flache Hand auf die SUN. »Haben Sie Toms Artikel gelesen?«
Steelwalker nickte. »Wir haben jeden Tag telefoniert«, sagte der erste Mann von Scotland Yard. »Und natürlich stehe ich mit der Kripo Amsterdam in Verbindung. Ich bin auf dem Laufenden.«
»Und diese Krankenschwester hat Schmitt tatsächlich mit einem Defibrillator erledigt?«
»Sieht so aus.« Steelwalker zuckte mit der Schulter.
»Tapfere Frau. Tom hat lang mit ihr gesprochen.«
»Und Schmitts Leiche?«
»Ist erst einmal eingefroren worden. Die Amsterdamer Staatsanwaltschaft will nach wie vor obduzieren.« Der Kellner stellte Steelwalker den Kaffee hin.
»Wie kann so etwas geschehen, Marc?« Leila hob beide Arme. »Haben Sie eine Erklärung?«
»Im Augenblick spricht alles dafür, dass van der Groot die Bergmannvariante von ITH in einer Weise verändert hat, die es zwar erlaubt, Menschen ins Wachkoma zu versetzen und sie dennoch für Befehle empfänglich macht, die zugleich aber die bekannten Nebenwirkungen verstärkt. Die Leute verlieren jede Hemmung, und wenn ein unterdrückter Mordimpuls in ihnen verschüttet ist, setzt die Droge ihn frei. Mehr können wir im Moment nicht sagen.«
»Wie furchtbar.« Einen Moment dachte Leila an ihren Mann. Beklemmung legte sich auf sie, sie schob die Erinnerung an Hannes zur Seite. »War dieser Schmitt im Koma, oder war er bei Bewusstsein? Ich meine: Wusste er, was er tat?«
»Darauf kann zur Stunde wohl niemand eine Antwort geben – abgesehen von van der Groot vielleicht. Doch der sitzt in irgendeinem Gefängnis in Daressalam.« Steelwalker blickte auf die Uhr. »Toms Maschine landet in ein paar Minuten. Wir sollten langsam aufbrechen.«
Er bezahlte. Gemeinsam gingen sie zur Ankunft. Dort bildete sich schon eine Menschenansammlung. Sie stellten sich zu ihr und warteten. Manchmal merkte Leila, dass Steelwalker sie von der Seite musterte. Sie wusste, dass er in sie verliebt war.
Wegen seines Freundes Percival versuchte er jedoch seine Gefühle zu verbergen. Der Mann hatte Stil.
Nach zehn Minuten zogen die ersten Passagiere aus Amsterdam ihre Koffer aus der Gepäckhalle. Ihre Blicke suchten die Menge der Wartenden ab, und ihre Mienen hellten sich auf, wenn sie ihre winkenden Freunde oder Angehörigen entdeckten.
Bald erschien auch Percivals massige Gestalt zwischen sich öffnenden Türflügeln. Den Gewichtsverlust während des langen Klinikaufenthaltes im Sommer letzten Jahres hatte er schon fast wieder aufgeholt. Er arbeitete sich durch die Menge, umarmte erst Leila und begrüßte danach Steelwalker mit Handschlag.
Sie fuhren in die City. In einem Restaurant in Southwark, nicht weit vom Themseufer, aßen sie gemeinsam zu Abend.
Nach dem Essen berichtete Percival von den Interviews, die er mit Augenzeugen des Amoklaufs geführt hatte.
»Es muss ein Albtraum für diese Leute gewesen sein. Die meisten stehen noch unter Schock.« Er winkte ab. »Aber wem erzähle ich das? Auf dem Hof vor van der Groots Labor haben wir es letztes Jahr ja selber erleben müssen. Die Schwester, die Schmitt mit dem Defibrillator unschädlich machte, hat es noch am besten verkraftet. Dabei wurde sie selber verletzt.«
»Konnte sie etwas über Schmitts Bewusstseinslage sagen?«, fragte Leila. »Glaubt sie, dass der Mann wusste, was er tat?«
Percival stierte in sein
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