VT09 - Die tödliche Woge
zwischen denen gelblicher Speichel hervor floss. Ein letztes verkrampftes Zittern ging durch die Flanken des Hündchens, dann war es vorbei.
Paulette war tot.
***
Gegenwart
Vor Niemands Augen liefen die Bilder so glasklar ab, als hätte er sie gerade erst erlebt. Das tote Schoßhündchen, der begreifende Blick Antoinettes – und das höhnische Lächeln, mit dem der Kommandant ihn musterte.
»De Fouché hat dich reingelegt«, erkannte Wabo.
Niemands Hände ballten sich zu Fäusten. »Reingelegt. Angeklagt wegen Mord. Ich! Allein! Ich, Kanzler Leclerc!«
Nabuu runzelte die Stirn. Er wusste nicht, ob er die Geschichte glauben sollte. Dieses ausgemergelte Männlein sollte einmal der Kanzler von Avignon-à-l’Hauteur gewesen sein?
Niemand knirschte mit den Zähnen und kratzte sich am Hinterkopf. »De Fouché. De Fouché. Verräter. Hat mich verraten, im letzten Moment.«
»Was ist dann passiert?«, fragte Wabo.
Die Worte kamen jetzt so flüssig über seine Lippen, dass Nabuu fast geneigt war, dem Gnom zu glauben. Die Erinnerung schien Niemand zu überwältigen. »Wurde angeklagt und verurteilt am selben Tag. Lourdes alles abgestritten. Ich allein schuldig. Hauptmann de Fouché und Leutnant Cris mich in Luftschiff zur Großen Grube gebracht, um hineinzuwerfen. Mich! Kanzler Leclerc!«
»Ich habe davon gehört«, sagte Wabo. »Das Urteil wurde vollstreckt. Kommandant de Fouché und Cris kamen allein von der Großen Grube zurück.«
»Aber warum ist er dann noch am Leben?«, fragte Nabuu.
Niemand duckte sich unter der Erinnerung. »Haben mich geworfen aus Roziere. Aber nicht hoch genug, um zu töten…!«
Er fasste sich wieder an den Hinterkopf, wo sich die schlecht verheilte Narbe befand.
Nabuu verstand. De Fouché und Cris hatten erwartet, dass der Aufprall Kanzler Leclerc töten würde. In der Tat war er mit dem Hinterkopf aufgeschlagen, hatte aber wie durch ein Wunder überlebt. Seine Gehirnfunktionen allerdings waren seither beeinträchtigt. Aus dem Kanzler von Avignon wurde Niemand, der den Eingang zum Labyrinth fand und seither wie ein Ausgestoßener unter Tage lebte…
»Endlich gerächt!«, krächzte Niemand und trat dem toten Cris in den Unterleib, ohne dass Nabuu oder Wabo es verhinderten. Dann blickte er auf. »Jetzt bereit, euch zu Dokk zu führen.«
***
Pierre de Fouché traf Doktor Aksela im Labor an, wo sie vor einer komplizierten Apparatur stand, deren Elemente über verschiedene Schläuche miteinander verbunden waren. Die Schläuche führten zu Gläsern, in denen zähe Flüssigkeiten schwappten. Einige davon sahen aus wie Blut, andere glitzerten gelb wie Urin oder waren durchsichtig wie Wasser. An der Längsseite des Labors waren mehrere würfelförmige Käfige aufgereiht. Sie besaßen eine Höhe von einem Meter und beherbergten Monkees. Einige von ihnen wälzten sich unruhig hin und her, andere stierten mit glanzlosen Augen ins Nichts.
Im linken Käfig aber sprang ein Monkee wie tobsüchtig auf und ab und rüttelte an den Gitterstäben. Er bleckte die Zähne, und an seinem Kopf klafften Wunden, die er sich durch seine Raserei zugezogen hatte.
»Herr Sonderbeauftragter!«, entfuhr es Doktor Aksela überrascht, als sie ihn erblickte, und sie vertrat ihm sofort den Weg. »Der Zutritt zum Labor ist nur meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern erlaubt!«
»Es hat sich eine neue Situation ergeben«, erklärte de Fouché mit einer herrischen Handbewegung. »Bitte klärt mich unverzüglich über den Stand der Forschungen am Anti-Serum auf, Doktor Aksela.«
Aksela musterte de Fouché misstrauisch, begriff aber, dass sie keine andere Wahl hatte, als dem Befehl Folge zu leisten.
»Wir sind dabei, Maries Blut zu untersuchen«, erwiderte sie vorsichtig.
»Wir? Wo sind die anderen Ärzte?«
»Ich habe ihnen gerade erst eine Stunde Ruhe verordnet. Sie haben die Nacht durchgearbeitet und sind vollkommen erschöpft.«
In de Fouchés Augen blitzte es auf. »Was ist mit dem Anti-Serum? Hattet ihr Erfolg?«
Aksela räusperte sich, wie um Zeit zu gewinnen. Sie überlegte, was sie de Fouché sagen durfte und was nicht. »Es gibt unvorhergesehene Komplikationen. Das Blut Ihrer Excellenz ist von… ganz eigentümlicher Beschaffenheit. Nicht wie normales Gruhblut.«
»Also ist sie doch infiziert!«
»Ja… und nein«, sagte Doktor Aksela.
»Was heißt das?«, blaffte de Fouché.
»Sie hat das Gift in sich, ist also eine Überträgerin. Aber bei ihr selbst bricht die Seuche offenbar nicht aus.«
De
Weitere Kostenlose Bücher