VT11 - Flammender Himmel
Müdigkeit vergessen. Er sprang auf, fuhr herum.
Hinter ihm stand jemand.
***
In Brest-à-l’Hauteur wurde fieberhaft an der Vorbereitung zur großen Schlacht gearbeitet.
Erst vor einem halben Tag hatte man die letzte Versorgungsstation vor Kilmalie verlassen, wo die Ballons aufgefüllt worden waren. Das würde wieder für ein paar Reisetage und vielleicht auch die große bevorstehende Schlacht bei der Großen Grube ausreichen.
Henri Talleyrand und Yves Touree steckten mitten in dem Chaos, das solche Vorbereitungen meist mit sich brachten und das sie gar nicht anders kannten. Henri äußerte in stillen Minuten manchmal seinem besten Kumpel Yves gegenüber die Vermutung, dass die chaotischen Zustände weniger an den Vorbereitungen als vielmehr an der Unfähigkeit Prinz Akfats lagen. Und die war für Henri, Yves und ihre Freunde unter den Soldaten von Brest-à-l’Hauteur beim Feierabend-Umtrunk das liebste Thema.
In seiner Arroganz und dem unbeirrbaren Glauben daran, das intelligenteste, schönste und vor allen Dingen am geschmackvollsten gekleidete von Pilatre de Roziers Kindern zu sein, glich der Prinz vielen seiner Geschwister, von Marie de Rozier, der Regentin über Orleans-à-l’Hauteur vielleicht abgesehen. Dabei munkelte man hinter vorgehaltener Hand, Akfat sei nichts weiter als der Spross einer syrischen Sklavin, die der Kaiser vor zweiundzwanzig Jahren geschwängert haben sollte. Und tatsächlich gab es im nicht allzu fernen Syrien einen Ort dieses Namens.
Aber so gern Yves und Henri sich mal wieder mit ihren Kameraden zum Umtrunk getroffen hätten, jetzt waren sie viel zu beschäftigt, um sich dem Tratsch hinzugeben. Die wichtigsten Arbeiten waren erledigt, jetzt mussten die Waffen überprüft werden. Und hier zuerst die großen Dampfdruckkanonen.
Am Rand der ganzen, tausend Meter durchmessenden Trägerplattform gab es nur insgesamt zwölf davon, denn die Kanonen waren aus einem wertvollen, aber im Vergleich zu den restlichen Baustoffen ungeheuer schweren Material. Henri wusste nicht genau, wie es hieß – er vergaß es ständig –, aber Eisen war es nicht. Es war so etwas Ähnliches, hatte der Leutnant gesagt… Egal.
Fest stand, dass er und Yves als Versorger sowohl für die Ballons und das Ankertau ihres Plattformabschnitts, als auch für die Pflege und sorgsame Behandlung der Dampfdruckkanone zuständig waren. Und jetzt musste die Munition nachgezählt werden.
Natürlich durfte nicht jeder an die besonders leichten, aus Weidenzweigen geflochtenen Körbe mit den Patronen. Normalerweise hatte der Leutnant den Schlüssel zu den kleinen Schuppen aus getrocknetem Schilf, in denen die Kisten aufbewahrt wurden, und es durfte auch nicht jeder die Kisten öffnen und die Munition darin zählen. Jedenfalls hatte der Leutnant den beiden das so gesagt, bevor er den nächsten Plattformabschnitt betrat, auf dem er beim Aufschließen der Schuppen wohl die gleiche Rede halten würde.
Henri und Yves seufzten still, als Prinz Akfat vor dem Schuppen auftauchte. Er zeigte sich gern, meist um mit seinen grellbunten Anzügen zu prahlen, die ihm der gleiche Schneider zu machen pflegte, der auch die Kleider für seine Schwestern Lourdes und Antoinette entwarf. Henri und Yves beugten sich über die Holzkisten, in denen die an der Luft getrockneten Lehmpatronen verstaut waren, und bemühten sich, den Eindruck von Männern zu erwecken, die motiviert und kompetent die Munition zählten.
Akfat, heute bekleidet mit einem lilafarbenen Samtanzug mit türkisgefärbten Rüschen am Hemd darunter, blieb stehen und betrachtete die beiden Freunde mit zusammengezogenen Augenbrauen. »Wir können uns an sie erinnern!«, trieb er die höfische Sprache auf die Spitze. »Sie waren es, die gestern lieber geschwatzt haben, als das Ankertau ordentlich einzuholen!«
Yves beugte sich tief über die große Kiste aus geflochtenem Korb, als wollte er darin verschwinden.
Doch Henri war mutiger. Er stand auf, nur um sich sofort vor dem Prinzen zu verbeugen. »Eure Excellenz ist zu gütig, sich an uns zu erinnern«, nuschelte er und fragte sich sofort, ob der Prinz gestern Abend vielleicht doch noch etwas von dem Spottgespräch zwischen ihm und Yves hatte mithören können. Nein, unmöglich. Dennoch – offenbar hatten sie das Pech gehabt, mit ihrer Unterhaltung Ziel seiner Aufmerksamkeit zu werden. Eine Scharte, die schnell wieder ausgewetzt werden musste.
Akfat schnaubte verächtlich. »Wir erinnern uns in der Tat an diese
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